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Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Titel: Biohacking - Gentechnik aus der Garage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanno Charisius Richard Friebe Sascha Karberg
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für unser geplantes Sushi-Experiment. Als wir ihr also die Sache mit dem Fisch wahrheitsgemäß erklärten, gab sie die Bestellung frei. Das war es aber dann auch mit der Kontrolle. Wie der Geschäftsführer des Unternehmens uns später erklärte, sei man in seinem Unternehmen bei Personen ohne Institutsanschrift „sehr vorsichtig“. Wer allerdings einmal als vertrauenswürdig eingestuft wurde, kann bestellen, was er will. Wir bestellen zuerst harmlose Fisch-Primer, bekommen einen Anruf, geben ehrlich, freundlich und kompetent klingend Auskunft, und unser ,Hack‘ ist perfekt, wir sind drin. Danach können wir problemlos auch die Rizin-Sequenzen bestellen – ohne dass wir gelogen oder das Gesetz gebrochen hätten.
    Bei DNA-Herstellern ist der Umgang mit neuen Kunden also ähnlich wie bei den Chemikalienhändlern. In unserem Falle aber war kein Gewerbeschein nötig, und auch eine Policy, generell nicht anPrivatpersonen zu liefern, gab es nicht, nur den Kontrollanruf bei Erstbestellung.
    Die Kontrollmöglichkeiten der Gensynthese-Firmen hält der Geschäftsführer allerdings ohnehin für begrenzt. Schließlich könne man potenziell gefährliche Gensequenzen auch so umschreiben, dass sie zwar noch immer funktionieren, aber nicht von den Suchalgorithmen erkannt würden, die in den Bestellungen nach gefährlichen Sequenzen fahnden. Schlagen die Suchprogramme an und kommt die Bestellung dann auch noch von einer ausländischen Institution, die dem Versand nicht bekannt ist, würde die Auslieferung verweigert und an die entsprechenden Stellen berichtet.
    Unser Lieferant ist am Telefon zwar hörbar genervt von unserem Einkaufs-Hack. Er erlaubt uns aber, nachdem er von unserem Versuch erfahren hat, weiter bei ihm zu bestellen. Allerdings wird der Chef jetzt immer benachrichtigt, wenn wir etwas wollen.
    Das Dual-Use-Dilemma betrifft längst nicht mehr nur Materialien, Ausrüstung und potenziell gefährliche Gene. Auch Wissen hat einen doppelten Nutzen. Nahezu jede Methode der Molekularbiologie kann zum Guten wie zum Schlechten genutzt werden. Das notwendige Wissen steht im Internet. Pflugscharen, Schwerter – Pflugscharen-Bauanleitungen, Schwerter-Gebrauchsanweisungen. Dieses Wissen ist frei zugänglich für jeden, für Wissenschaftler, Politiker, Terroristen, Militärs und Laienforscher. Der einzige Schutz vor den Gefahren des Dual-Use-Dilemmas scheint zu sein, Wissen unter Verschluss zu halten – oder gar nicht erst zu erschaffen. Im Frühjahr 2012 diskutierten Biosicherheitsexperten und Journalisten, ob ein bestimmter schon geschriebener Fachartikel auch veröffentlicht werden darf. In ihm wird beschrieben, wie man ein hochgefährliches Grippevirus züchten könnte.
    Die Vogelgrippe ist gefährlich für den Menschen, sie tötet fast jeden zweiten Infizierten. Aber sie ist nicht sehr ansteckend. Die Schweinegrippe hingegen verläuft beim Menschen vergleichsweise mild, greift aber durch Tröpfcheninfektion irrsinnig schnell um sich, wie die Pandemie im Jahr 2009 gezeigt hat. Besagter Fachartikel beschreibt, wie man die lebensgefährliche Vogelgrippe so ansteckend macht wie die Schweinegrippe.
    Veröffentlichen oder nicht? Eine schwierige Frage, vor die sich 2002 auch der deutschstämmige Virologe Eckard Wimmer von der State University of New York in Stony Brook gestellt sah. Seinen Mitarbeitern und ihm war es gelungen, den Erreger der Kinderlähmung im Labor nachzubauen. Sie hatten dafür nichts weiter als Genfragmente gebraucht, die sie im Internet bei einer Gensynthese-Firma bestellt hatten. Im Web findet man auch den Bauplan des Polio-Virus. Wimmer entschied sich für die erste Antwort, er veröffentlichte, was er getan hatte – und wurde angefeindet, Terroristen eine Gebrauchsanleitung geliefert zu haben. Das bestreitet er bis heute; gleichwohl sagt er auch, dass es sehr einfach gewesen sei, den Killer zusammenzusetzen. Nicht DIY-Bio-einfach, nicht in der Garage realisierbar, betont er. Aber für jemanden, der es sehr ernsthaft darauf anlege, sei es machbar.
    Wimmer ist wichtig, dass nicht nur Geheimnisträgerbehörden oder eine Professoren-Elite, sondern auch die Bevölkerung erfährt, was möglich ist. Es sei immer nur darüber spekuliert worden, dass so etwas denkbar sei. Nach seiner Virus-Konstruktion war mit einem Mal klar, dass es tatsächlich machbar ist. „Jeder Fortschritt in der Wissenschaft birgt auch Gefahren“, sagte Wimmer nach der Veröffentlichung seines Fachartikels. „Das ist die neue

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