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Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Biohacking - Gentechnik aus der Garage

Titel: Biohacking - Gentechnik aus der Garage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanno Charisius Richard Friebe Sascha Karberg
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2011 lag der Umsatz des Unternehmens bei knapp einer halben Milliarde Euro.
    Um Nachfragen vorzubeugen: Wir werden von der Hamburger Firma nicht gesponsert und wollen uns dort auch nicht einschmeicheln. Wir finden schlicht ihre Geschichte – und die ihrer Produkte – interessant. Und relevant. Denn es ist, zumindest anfangs, eine Hacker-Geschichte:
    Schnitger erfand neben seinem eigentlichen Job eines der wichtigsten Geräte der modernen Forschung. Seine Motivation war, Kompliziertes einfacher zu machen, sein Talent war das eines Bastlers, dernicht nur die Chromatographie, sondern auch Federmechanismen verstand. Die beiden Doktoren Netheler und Hinz begannen 1945 in einem Schuppen, mit aus Ruinen geretteten Materialien und Sinn für Improvisation das nahe Uni-Krankenhaus zu beliefern. Und später ergänzten sie Schnitgers Erfindung um jenes geniale, billige, schnelle und saubere Laborarbeit ermöglichende Detail namens Einmalspitze. Eine Geschichte von Labor-Bastelei und DIY-Forschung – und was daraus werden kann.
    Für die Markenware aus Hamburg reicht unser Budget nicht. Wir müssen No-Name-Plastik kaufen, genauso ist es bei den Pipetten. Die kalifornische Biopunkerin Meredith Patterson kam auf die Idee, Insulinspritzen für die feine Dosierarbeit zu nutzen. Die sind billiger. Uns überzeugt jedoch, dass die Mikroliter-Pipetten mit nur einer Hand zu bedienen sind, und wir entscheiden uns daher für die Anschaffung der günstigen Version der professionellen Abmess-Geräte.
    Auch die Zentrifuge, die wir unbedingt brauchen, kriegen wir von einem süddeutschen Spezialversandhändler sehr günstig für 56,60 Euro. Wieder was gespart, denn die etwas schneller laufenden Alternativen sind deutlich teurer. Allerdings werden wir später im Labor merken, dass wir eine schneller laufende unbedingt brauchen. Da zu dem Zeitpunkt unser Budget aber bereits gänzlich aufgebraucht ist, leihen wir uns, vernetzt wie wir bereits sind, eine von einer anderen Berliner Biohackerin. Kostenpunkt: null Euro. Allerdings gibt die irgendwann rauchend und stinkend und irreparabel den Geist auf. Kostenpunkt: sehr schlechtes Gewissen.
    Es gibt auch ein paar Dinge, bei denen wir gar nicht sparen können. Der Farbstoff, mit dem wir später Erbgut markieren wollen, ist nur bei einem einzigen Hersteller zu haben, der sich sein Monopol gut bezahlen lässt. Dafür bekommen wir immerhin eine ungefährliche Substanz – im Gegensatz zu dem krebserregenden Ethidiumbromid, das in vielen anderen Labors verwendet wird. Oder besser: bekämen.
    Wir könnten auf Ebay tonnenweise konzentrierte Salzsäure bestellen oder alle Zutaten, um eine Bombe zu bauen, aber einen halben Milliliter von einer Chemikalie, die laut Datenblatt weder umweltgefährdend noch ätzend oder entzündlich ist, bekommen wir nichtso einfach. Erst weigert sich das Unternehmen, an eine Privatadresse zu versenden, dann bekommen wir einen Brief mit dem Vordruck einer „generellen Endverbleibserklärung“, in der wir mit unserer Unterschrift bestätigen sollen, dass wir den Farbstoff nicht an einen Schurkenstaat weiterreichen werden. Nicht, dass wir das vorgehabt hätten. Aber Sascha hat in der Zwischenzeit doch noch eine andere Quelle für den Farbstoff im Internet aufgespürt. Ein vollkommen seriöser Versandhandel, der sich auf Laborbedarf spezialisiert hat, schickt uns die orangefarbenen Farbstoffmoleküle ohne jede Umstände einfach gegen Rechnung.
    Der Brief mit dem Formular der „generellen Endverbleibserklärung“ war unser erster Kontakt mit dem „Ausfuhrkontrollgesetz“ das unter anderem den Export von Gütern regelt, die einen „doppelten Verwendungszweck“ haben. Auf Englisch heißt das „dual use“.
    Es ist wie mit dem Hammer, den man benutzen kann, um ein paar Latten auf ein Holzdach zu nageln, oder aber, um jemandem den Schädel einzuschlagen. Mit dem orangefarbenen Farbstoff lässt sich zwar keine Bombe bauen oder ein Mensch vergiften, aber er ermöglicht Forschung, die theoretisch auch zur Entwicklung von Biowaffen führen kann. Wie gesagt, theoretisch.
    Es passiert uns immer wieder, dass wir nicht beliefert werden. In Deutschland ist es gar nicht einfach, an Chemikalien zu gelangen, selbst wenn Geld ausnahmsweise nicht das Problem sein sollte. Zwar sind die gängigsten Zutaten in Drogerien oder Apotheken zu haben. Agarose zum Beispiel, aus der wir später Gele machen werden, wie es uns Mackenzie Cowell in Cambridge gezeigt hat, oder Ethanol, das wir

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