Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl
nichts sagst, fällst du nicht auf.
Der Offizier schenkt den Schaulustigen ein humorloses Lächeln. »Erzählt euren Freunden, was ihr hier gesehen habt. Wir sind keine Hunde, die man mit Resten abspeist. Wir sind Tiger. Ihr tut gut daran, uns zu fürchten!« Damit hebt er den
Schlagstock, und die Menge zerstreut sich. Auch Hock Seng und Mai gehen davon.
Einen Block später lehnt sich Hock Seng, schon ganz erschöpft von ihrer Flucht, an die Wand. Die Stadt hat sich in ein Ungeheuer verwandelt. In jeder Straße drohen Gefahren.
In einer Gasse knistert ein Transistorradio: Nachrichten. Die Docks und die Fabriken sind geschlossen worden. Wer das Hafenviertel betreten möchte, benötigt eine Sondergenehmigung.
Hock Seng unterdrückt ein Schaudern. Es geht wieder los. Überall Mauern, und er sitzt in der Stadt fest, wie eine Ratte in der Falle. Er ringt seine Panik nieder. Er hat Vorkehrungen getroffen. Für alle Eventualitäten. Aber erst muss er es nach Hause schaffen.
Bangkok ist nicht Malacca. Dieses Mal bin ich vorbereitet.
Schließlich sind sie von den ihm wohlvertrauten Hütten und Gerüchen des Yaowarat-Slums umgeben. Sie schlüpfen durch schmale Durchgänge. Vorbei an den Leuten, die ihn nicht kennen. Wieder muss er sich seiner Angst erwehren. Falls die Weißhemden den Paten des Slums unter Druck gesetzt haben, droht ihm vielleicht Gefahr. Er schiebt den Gedanken beiseite, zerrt die Tür auf und bedeutet Mai, ihm zu folgen.
»Du hast dich wacker geschlagen.« Er greift in seinen Beutel und reicht ihr eine Handvoll von dem gestohlenen Geld. »Wenn du noch mehr haben möchtest, dann komm morgen wieder.«
Sie starrt die gewaltige Summe an, die er ihr so beiläufig gegeben hat.
Wenn er klug wäre, dann würde er sie erwürgen und damit die Wahrscheinlichkeit verringern, dass sie ihn verrät, um an den Rest seiner Ersparnisse heranzukommen. Aber daran will er nicht glauben. Bisher hat sie sich loyal verhalten. Irgendjemandem muss er schließlich vertrauen! Und sie ist eine Thailänderin,
was nützlich ist, besonders jetzt, wo Yellow Cards plötzlich so entbehrlich sind wie Cheshire.
Sie steckt das Geld in eine ihrer Taschen.
»Findest du von hier aus nach Hause?«, fragt er.
Sie grinst. »Ich bin keine Yellow Card. Ich habe nichts zu befürchten.
Hock Seng zwingt sich, ihr Lächeln zu erwidern – woher soll sie auch wissen, dass niemand sich die Mühe machen wird, die Spreu vom Weizen zu trennen, wenn ein ganzes Feld in Brand gesteckt wird.
23
»Dieser verfluchte General Pracha und seine Weißhemden!«
Carlyle schlägt mit der Faust auf das Balkongeländer. Er ist unrasiert und ungewaschen. Im Victory war er schon seit Wochen nicht mehr – das Farang -Viertel ist noch immer abgeriegelt. Seinen Kleidern ist allmählich anzusehen, wie schnell Stoff in den Tropen verschleißt.
»Die Ankerplätze sind geschlossen, und die Schleusen haben den Betrieb eingestellt. Niemand hat Zugang zum Hafen. « Er dreht sich um und kommt wieder herein. Schenkt sich einen Drink ein. »Verfluchte Weißhemden!«
Anderson muss über Carlyles Verärgerung unwillkürlich lächeln. »Ich habe Sie gewarnt, dass man Kobras besser nicht reizt.«
Carlyle wirft ihm einen wütenden Blick zu. »Das ist nicht meine Schuld. Irgendjemand im Handelsministerium hatte eine tolle Idee und ist zu weit gegangen. Dieser verdammte Jaidee«, schäumt er. »Sie hätten es besser wissen sollen.«
»Hat Akkarat Mist gebaut?«
»So dumm ist er nicht.«
»Wahrscheinlich spielt es auch keine Rolle.« Anderson prostet ihm mit warmem Scotch zu. »Seit einer Woche geht nichts mehr, und dabei sieht es so aus, als würden die Weißhemden erst in die Gänge kommen.«
Carlyle beißt sich auf die Unterlippe. »Schauen Sie nicht so zufrieden! Ich weiß, dass Sie das genauso trifft.«
Anderson trinkt einen Schluck. »Ehrlich gesagt, ist mir das ziemlich gleichgültig. Die Fabrik war nützlich. Jetzt ist sie das eben nicht mehr.« Er beugt sich vor. »Jetzt will ich wissen, ob Akkarat wirklich so gute Basisarbeit geleistet hat, wie Sie behauptet haben.« Er deutet mit einer Kopfbewegung auf die Stadt. »Denn es sieht fast so aus, als hätte er sich übernommen. «
»Und das finden Sie lustig?«
»Ich glaube, dass er Freunde braucht, wenn er sich in eine Sackgasse manövriert hat. Ich möchte ihm noch einmal die Hand reichen. Ihn in dieser Krise unserer Unterstützung versichern. «
»Haben Sie ein besseres Angebot als das, wegen dem er Sie fast den
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