Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl

Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl

Titel: Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Bacigalupi
Vom Netzwerk:
genug.«
    Kips Lachen gleicht einem leisen Zwitschern. »Das habe ich früher auch gedacht. Aber mit der Zeit habe ich gelernt, dass er beim ersten Zusammentreffen niemals alles preisgibt. Er lässt wichtige Fakten aus. Entscheidende Informationen.
Er hat es gern, wenn jemand zu Besuch kommt.« Als sie Kanyas Arm berührt, muss diese sich zwingen, nicht zurückzuweichen. Doch Kip hat die unwillkürliche Reaktion bemerkt. Sie lächelt leise. »Er mag Sie. Er hätte gerne, dass Sie wiederkommen. «
    Kanya erschauert. »Dann wird er wohl enttäuscht werden. «
    Kips klarer Blick bleibt fest auf Kanya gerichtet. »Ich hoffe, dass Sie nicht allzu bald sterben. Ich mag Sie nämlich auch.«
    Als Kanya das Grundstück verlässt, fällt ihr Blick auf Jaidee, der am Meeresrand steht und in die Brandung schaut. Als hätte er ihre Augen im Rücken gespürt, dreht er sich um und lächelt sie an, bevor er sich schillernd in Luft auflöst. Ein weiterer ruheloser Geist. Sie fragt sich, ob es Jaidee jemals möglich sein wird, wiedergeboren zu werden, oder ob er sie stattdessen weiterhin verfolgen wird. Sollte der Doktor Recht haben, dann wartete er vielleicht auf einen Körper, der keinerlei Seuchen fürchtet – ein Geschöpf, das erst noch gezeugt werden muss. Vielleicht besteht seine einzige Hoffnung auf Reinkarnation in der seelenlosen Hülle eines Aufziehkörpers.
    Kanya erstickt diesen Gedanken im Keim. Was für eine lästerliche Vorstellung. Sie ersetzt sie durch ein Bild von Jaidee, der als Himmelswesen an einem Ort lebt, an dem Rostwelke und Aufziehwesen keinen Platz haben. So wäre er wenigstens von dem Seelenschmerz befreit, die Welt, die er so tapfer verteidigt hat, von Aufziehwesen, dieser geifernden Masse eines neuartigen Schöpfungserfolgs, überrannt zu sehen, auch wenn er dann niemals die höchste aller Stufen, die eines Buddha oder des Nibbana, der Erleuchtung, erlangen sollte.
    Jaidee ist tot. Vielleicht ist das allem vorzuziehen, was diese Welt noch zu bieten hat. Wenn sie sich eine Federpistole in den Mund stecken und abdrücken würde, dann wäre sie
glücklicher als jetzt. Jedenfalls, wenn sie nicht so ein großes Haus besitzen würde und kein von Verrat verunreinigtes Kamma . . .
    Kanya schüttelt den Kopf. Wenn überhaupt noch irgendetwas sicher war, dann dies: dass sie hier auf der Erde ihre Pflicht zu erfüllen hatte. Ihre Seele würde ohne Zweifel wieder in diese Welt wandern, im besten Fall in einen Menschen hinein, oder, wenn es schlecht für sie ausging, vielleicht in einen Hund oder eine Küchenschabe. Jede ungeklärte Angelegenheit, die sie hier zurückließ, würde sie immer wieder einholen. Das war schon allein aufgrund ihrer verräterischen Handlungen vorprogrammiert. Sie muss diesen Kampf weiterführen, bis ihr schlechtes Kamma endlich getilgt ist. Sich in Selbstmord zu flüchten, wäre nur ein Aufschub des immer gleichen Problems, dem sie sich dann vielleicht in noch schlimmerer Form zu stellen hätte. Für jemanden wie sie gab es kein Entkommen.

29
    Trotz all der Weißhemden und trotz der Ausgangssperre überschüttet Anderson-sama sie geradezu mit Aufmerksamkeiten. Fast scheint es, als hätte er etwas gutzumachen. Doch immer, wenn Emiko Bedenken wegen Raleigh äußert, schenkt ihr Anderson-sama nur ein rätselhaftes Lächeln und sagt ihr, sie solle sich keine Sorgen machen. Alles wäre im Fluss. »Meine Leute sind bereits unterwegs«, sagt er. »Schon bald wird sich alles ändern. Keine Weißhemden mehr.«
    »Das hört sich traumhaft an.«
    »Das wird es auch sein«, sagt er. »Ich muss für einige Tage
fortgehen, um Vorkehrungen zu treffen. Wenn ich zurückkomme, wird alles anders sein.«
    Bevor er geht, ermahnt er sie noch, nicht von ihrem üblichen Verhalten abzuweichen und Raleigh nichts von alldem zu verraten. Er gibt ihr seinen Wohnungsschlüssel.
    So kommt es, dass Emiko abends in einem angenehm kühlen Zimmer auf sauberen Laken erwacht. Über sich hört sie das gleichmäßige Surren des Kurbelventilators. Sie weiß nicht mehr, wann sie das letzte Mal so angst- und schmerzfrei geschlafen hat – es lässt sie ganz benommen zurück. Die Räume liegen im Halbdunkel, das nur von den Gaslampen auf der Straße erhellt wird, einem Flackern wie von lebendigen Glühwürmchen.
    Sie hat Hunger. Heißhunger. Nachdem sie Anderson-samas Küche entdeckt hat, stöbert sie in den verschlossenen Behältern nach etwas zu knabbern: Kekse, einen kleinen Leckerbissen, Kuchen vielleicht, egal was. Frisches

Weitere Kostenlose Bücher