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Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl

Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl

Titel: Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Bacigalupi
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rein wie die Inseln, von denen sie vertrieben wurde. Sie kräuselt die Nase. Selbst Japans Abwässer wären noch zu gut für diesen lärmenden,
übelriechenden Ort. Die Leute erkennen einfach nicht, dass sie eigentlich eine Zierde für sie darstellt. Emiko lacht in sich hinein, und erst durch die Blicke der anderen Passanten wird ihr bewusst, dass sie laut gelacht hat.
    Weißhemden, direkt vor ihr. Ihre Uniformen blitzen zwischen behäbigen Megodonten und Handkarren auf. Emiko bleibt am Geländer einer Khlong- Brücke stehen, hält den Blick auf das dahinfließende Wasser gerichtet und wartet, bis die Gefahr vorbei ist. Der Kanal wird vom grünen Schein der Lampen erhellt; schimmernd blickt ihr das eigene Antlitz entgegen. Sie hat das Gefühl, eins mit dem Wasser werden zu können, wenn sie nur lange genug in das Leuchten hineinstarrt. Eine Wasserfrau werden! Ist sie nicht jetzt bereits ein Teil dieser wandelbaren Welt? Hätte sie es nicht verdient, sich treiben zu lassen und langsam unterzugehen? Sie erstickt diesen Gedanken im Keim. Das ist die alte Emiko, die da spricht. Diejenige, die ihr niemals das Fliegen beibringen konnte.
    Ein Mann nähert sich ihr und stützt sich ebenfalls auf das Geländer. Sie sieht nicht zu ihm auf, behält aber sein Spiegelbild im Wasser im Auge.
    »Ich sehe gern den Kindern dabei zu, wie sie ihre Boote die Kanäle entlangtreiben lassen«, sagt er.
    Sie deutet ein Nicken an, wagt aber nicht zu sprechen.
    »Sehen Sie etwas im Wasser? Weil Sie so lange hineinblicken? «
    Sie schüttelt den Kopf. Seine weiße Uniform ist in grünes Licht getaucht. Er ist ihr so nahe, dass er nur die Hand ausstrecken müsste, um sie zu berühren. Sie fragt sich, welchen Ausdruck seine freundlichen Augen wohl annehmen würden, wenn er die sengende Hitze auf ihrer Haut spüren könnte.
    »Sie müssen keine Angst vor mir haben«, fährt er fort. »Es ist nur eine Uniform. Und Sie haben doch nichts Unrechtes getan.«

    »Nein«, haucht sie. »Ich habe keine Angst.«
    »Das ist gut. Ein hübsches Mädchen sollte sich nicht fürchten müssen.« Er hält inne. »Sie haben einen merkwürdigen Akzent. Rein vom Aussehen her dachte ich zuerst, Sie seien vielleicht aus Chaozhou …«
    Sie wiegt vorsichtig den Kopf hin und her. Eine ruckartige Bewegung. »Bedaure. Ich stamme aus Japan.«
    »Sie gehören zu den Fabriken?«
    Sie zuckt mit den Achseln. Sein Blick scheint sie zu durchbohren. Sie lässt den Kopf zur Seite gleiten – langsam, langsam, ruhig, ruhig, kein einziges Stottern, kein einziges Rucken – und schaut ihm direkt in die Augen. Er ist älter, als sie gedacht hat. Um die vierzig, wenn sie sich nicht täuscht. Oder vielleicht auch nicht. Vielleicht ist er noch jung und nur vorzeitig gealtert, weil er bei seiner Arbeit so viel Böses erlebt? Sie unterdrückt das unwillkürlich aufsteigende Mitleid, bekämpft den genetisch angelegten Wunsch zu dienen, selbst wenn er sie jeden Augenblick aus einer Laune heraus in Stücke reißen könnte. Ganz langsam dreht sie den Kopf wieder zum Wasser.
    »Wie heißen Sie?«
    Sie zögert. »Emiko.«
    »Ein schöner Name. Hat er eine Bedeutung?«
    Sie schüttelt wieder den Kopf. »Nichts Besonderes.«
    » So viel Bescheidenheit, und das bei einer so gut aussehenden Frau.«
    Sie schüttelt den Kopf. »Nein. Das stimmt nicht. Ich bin hässlich …« Sie unterbricht sich und sieht seinen fragenden Blick, begreift, dass sie sich einen Moment lang vergessen hat. Ihre Bewegungen haben sie verraten. Sein Blick aus den weit aufgerissenen Augen ist fassungslos. Ohne auch nur den Anschein aufrechterhalten zu wollen, ein Mensch zu sein, weicht sie vor ihm zurück.

    Seine Augen nehmen einen kalten Ausdruck an. »Heechy-Keechy«, haucht er.
    Sie lächelt mit zusammengepressten Lippen. »Hier muss ein Irrtum vorliegen.«
    »Zeigen Sie mir Ihre Papiere.«
    Sie lächelt. »Selbstverständlich. Ich bin sicher, ich habe sie irgendwo hier. Ganz bestimmt.« Während sie weiter vor ihm zurückweicht, entblößen ihre ruckartigen Bewegungen jeden Fehler ihrer genetischen Struktur. Er packt sie am Arm, doch sie kann sich ihm entwinden – eine schnelle Drehung, und schon ist sie wieder frei, stürzt los und verschwindet im Verkehrsgetümmel, während er hinter ihr her schreit.
    »Bleiben Sie stehen! Halt! Im Namen des Ministeriums! Haltet das Aufziehmädchen!«
    Tief in ihrem Innern strebt alles danach, stehenzubleiben, aufzugeben und seinen Anweisungen Folge zu leisten. Sie schafft es, trotzdem

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