Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl
Ein unzähmbarer Geist. Ein Mann, der in seinem Feld bereits alles erreicht hat. Ein missgünstiger Mensch, der sich geradezu zwanghaft mit anderen messen muss. Nur war die Konkurrenz irgendwann keine Herausforderung mehr für ihn gewesen, also wechselte er die Seiten und kam ins Königreich, um einen neuen Anreiz zu schaffen. Ein Winkelzug. So als hätte sich Jaidee entschlossen, einen Muay-Thai -Kampf mit auf dem Rücken zusammengebundenen Händen durchzuführen, nur um zu sehen, ob er es auch mit den Beinen allein schaffen könnte.
Unser Schicksal hängt von einem unberechenbaren Gott ab. Er hilft uns nur, solange es seiner Unterhaltung dient, und wenn wir sein Interesse nicht länger wecken können, wird er die Augen schließen und schlafen.
Eine grauenhafte Vorstellung. Dieser Mann lebt nur noch für seine Gegner, eine global ausgetragene Partie Schach auf dem Feld der Evolution. Einzig getrieben von seinem Ego; ein Riese, der die Angriffe von Dutzenden anderen seiner Art abwehren kann, der sie lachend vom Himmel aus zerquetscht wie kleine Ameisen. Aber alle Titanen stürzen irgendwann, und was steht dem Königreich dann bevor? Kanya bricht der kalte Schweiß aus, wenn sie darüber nachdenkt.
Gibbons beobachtet sie. »Haben Sie noch weitere Fragen an mich?«
Kanya fühlt Panik in sich aufsteigen. »Sind Sie sich bei dieser Sache ganz sicher? Sie wissen bereits, was zu tun ist? Nach nur einem einzigen Blick darauf?«
Der Doktor zuckt mit den Schultern. »Wenn Sie mir nicht glauben, dann versuchen Sie es doch mit Ihren standardisierten Methoden. Tod nach Lehrbuch. Sie könnten auch einfach das gesamte Industriegebiet niederbrennen, damit hätte sich das Problem erledigt.« Er grinst. »Das ist doch ein schlichtes Mittel ganz nach dem Geschmack der Weißhemden. Das Umweltministerium hat immer gerne auf solche Maßnahmen zurückgegriffen.« Er fährt mit der Hand durch die Luft. »In diesem Stadium ist dieser Müll nicht besonders lebensfähig. Gewiss, er mutiert schnell, aber noch ist er äußerst zerbrechlich, und der menschliche Körper ist keinesfalls ein idealer Wirt. Der Erreger ist auf Kontakt mit den Schleimhäuten angewiesen – mit Nasenlöchern, Augen, Anus, auf die Nähe von Blut und Leben. Nur dort kann er sich vermehren.«
»Dann sind wir also außer Gefahr? Es ist nicht schlimmer als Hepatitis oder Fa’gan.«
»Nur mit wesentlich stärkerer Neigung zur Mutation.« Wieder blickt er Kanya direkt in die Augen. »Da ist noch etwas, das Sie wissen sollten. Der Fabrikant, den Sie suchen, verwendet chemische Bäder. An irgendeinem Ort, der für die Fertigung biologischer Erzeugnisse vorgesehen ist. Eine HiGro-Fabrik. Ein Werksgelände von AgriGen. Eine Aufziehmanufaktur. Etwas in der Art.«
Kanya betrachtet die Doggen. »Könnten Aufziehwesen Überträger sein?«
Nur um sie zu ärgern, beugt er sich zu einem der Hunde hinab und streichelt ihn. »Schon möglich, wenn es sich dabei um Säugetiere oder Vögel handelt. Als Erstes würde ich
nach einem Bad suchen. Wenn wir in Japan wären, dann hätte ich auf eine Krippe getippt, doch als Verbreitungsherd kommt praktisch jeder infrage, der mit biologischem Material hantiert.«
»Welche Arten von Aufziehwesen?«
»Das ist keine Frage der Gattung«, schnaubt Gibbons verärgert. »Entscheidend ist vielmehr die Frage, wer dem Erreger inwieweit ausgesetzt ist. Sollten die Aufziehwesen in verseuchten Bädern gezogen werden, könnten sie zum Träger werden. Andererseits kann dieser Unrat, sobald er mutiert, genauso gut im Menschen stecken. Dann müsste die Frage nach der Quelle erneut gestellt werden.«
» Wie viel Zeit bleibt uns noch?«
Gibbons zuckt mit den Achseln. »Wir haben es hier nicht mit dem Zerfall von Uran oder der Geschwindigkeit eines Klippers zu tun. Unmöglich, es vorauszusagen. Wenn das Ungeheuer genügend Futter bekommt, wird es gieriger werden. In einer feuchten Stadt, vollgepackt mit menschlichen Leibern, wird es sich gut ernähren können. Sie können selbst entscheiden, wie besorgt Sie sein sollten.«
Angewidert wendet Kanya sich ab und geht zur Tür.
»Viel Glück!«, ruft Gibbons ihr noch hinterher. »Es wird interessant sein zu beobachten, welcher Ihrer zahlreichen Feinde Sie am Ende umbringen wird.«
Kanya lässt sich nicht provozieren, sondern stürzt hinaus an die frische Luft.
Kip kommt angelaufen. Sie trocknet sich das Haar mit einem Handtuch. »Konnte der Doktor Ihnen weiterhelfen?«
»Ich denke, ich weiß jetzt
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