Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl
Luftangriff von Akkarat.« Er bedeutet ihnen zuzuhören. Sein Freund hält noch einmal die Antenne in die Höhe, und aus dem Lautsprecher dringt weißes Rauschen.
»… bleiben Sie in Ihren Häusern. Gehen Sie nicht nach draußen. General Pracha und seine Weißhemden haben versucht, Ihre Majestät die Königin zu stürzen. Es ist unsere Pflicht, das Königreich zu verteidigen …« Dann ist nur noch ein Knacken in der Leitung zu hören. Der Mann am Radio beginnt, an den Knöpfen herumzudrehen.
Ein anderer schüttelt den Kopf. »Das sind doch alles Lügen. «
Derjenige, der nach dem Sender sucht, hält dagegen. »Aber der Somdet Chaopraya …«
»Wenn es seinen Interessen dienlich wäre, würde Akkarat selbst Rama töten.«
Sein Freund lässt die Antenne sinken. Das Radio gibt noch zischende Geräusche von sich, als er zu reden beginnt, dann ist der Empfang ganz weg. »Erst neulich kam einer von den Weißhemden in meinen Laden und hat verlangt, dass meine Tochter zu ihm nach Hause mitkommt. Ein kleines Geschenk, ›um der Freundschaft willen‹, hat er gesagt. Das sind alles Warane. Ein bisschen Korruption wäre ja noch in Ordnung, aber diese Heeyas …«
Eine Detonation lässt den Boden erbeben. Thai und Yellow Cards fahren gleichzeitig herum, um die Explosionsstelle auszumachen.
Wir sind wie kleine Äffchen, die versuchen, die Geheimnisse des Dschungels zu verstehen.
Der Gedanke erfüllt Hock Seng mit Furcht. Sie sammeln Puzzleteile, aber sie wissen nicht, wie sie zusammengehören. Soviel sie auch erfahren mögen – es wird nicht ausreichen. Sie können nur auf das reagieren, was gerade passiert, und auf das Beste hoffen.
Hock Seng zerrt Lachender Chan am Ärmel weg. »Lass uns von hier verschwinden.« Die Thai haben bereits in aller Eile ihr Radio eingepackt und laufen geduckt in ihren Laden zurück. Als Hock Seng wieder aufblickt, ist die Straßenecke verlassen, ganz so, als hätte diese kurze politische Diskussion niemals stattgefunden.
Die Kampfhandlungen scheinen an Intensität zuzunehmen, je näher sie dem Industriegebiet kommen. Das Umweltministerium und auch die Armee scheinen sich überall gleichzeitig zu bekämpfen. Und auf jede professionelle Einheit kommt mindestens eine Gruppe von Freiwilligen oder
Studentenverbindungen und dazu noch die ganzen Zivilisten und Loyalisten, die von den politischen Splittergruppen mobilisiert werden. Hock Seng zieht sich zum Verschnaufen in einen Hauseingang zurück. Während er um Atem ringt, dringt der Nachhall von Explosionen und Gewehrsalven an sein Ohr.
»Ich kann die allesamt nicht auseinanderhalten«, sagt Lachender Chan, als eine Gruppe von mit Macheten bewaffneten Studenten, die gelbe Armbänder tragen, an ihnen vorbeihastet. Sie stürzen auf einen Panzer zu, der gerade ein Expansionshochhaus unter Beschuss genommen hat. »Sie tragen alle Gelb.«
»Damit möchten sie zeigen, dass sie der Königin treu ergeben sind.«
»Existiert die überhaupt?«
Hock Seng zuckt mit den Achseln. Eine von den Studenten abgefeuerte Scheibe prallt an dem Panzer ab. Das Ding ist riesig! Hock Seng ist beeindruckt, wie viele der schweren Fahrzeuge die Armee in die Hauptstadt hat transportieren lassen. Er vermutet, dass die Marine und ihre Admiräle eine nicht unwesentliche Rolle dabei gespielt haben. Das würde bedeuten, dass General Pracha und seine Weißhemden überhaupt keine Verbündeten mehr haben. »Die sind alle verrückt, einer wie der andere«, grummelt Hock Seng. »Es ist also gar nicht nötig, sie auseinanderzuhalten.« Er wirft einen Blick auf die Straße. Ihm tut das Knie weh, die alte Verletzung hält ihn auf. »Ich wünschte, wir könnten Fahrräder auftreiben. Mein Bein …« Er zieht eine Grimasse.
»Auf einem Fahrrad würden sie uns abknallen wie Hühner auf der Stange.«
Hock Seng reibt sich das Knie. »Trotzdem. Ich bin zu alt für so etwas.«
Eine weitere Explosion lässt Trümmer auf sie herabregnen.
Lachender Chan wischt sich den Dreck aus den Haaren. »Ich hoffe, es ist diese Anstrengung wert.«
»Du könntest jetzt auch im Slum sein und bei lebendigem Leib verbrennen.«
»Das stimmt.« Lachender Chan nickt zustimmend. »Aber wir sollten uns beeilen. Ich möchte unser Glück nicht überstrapazieren. «
Mehr dunkle Kreuzungen. Mehr Gewalt. Gerüchte an jeder Straßenecke. Hinrichtungen im Parlament. Das Handelsministerium in Flammen. Die Studenten der Thammasat-Universität demonstrieren im Namen der Königin. Dann eine weitere
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