Biokrieg - Bacigalupi, P: Biokrieg - The Windup Girl
weit entfernt auf das Gelände des Umweltministeriums niedergeht. Es ist kaum zu glauben, wie viele Truppen Akkarat für seine Machtübernahme mobilisieren konnte. Der Mann besitzt weit mehr Einfluss, als er hat durchblicken lassen. Anderson versucht, seine nächste Frage beiläufig klingen zu lassen.
»Ich nehme an, dieser beschleunigte Zeitplan hat keinerlei Auswirkungen auf die Einzelheiten unserer Vereinbarung?«
» AgriGen wird auch in der neuen Ära unser bevorzugter Partner bleiben.« Anderson entspannt sich angesichts dieser beruhigenden Worte, doch bereits Akkarats nächster Satz lässt ihn wieder aufschrecken. »Natürlich hat sich die Situation ein wenig verändert. Immerhin waren Sie nicht in der Lage, einige der versprochenen Ressourcen zur Verfügung zu stellen.«
Anderson schaut ihn scharf von der Seite an. »Wir hatten einen Zeitplan ausgemacht. Die versprochenen Truppen sind auf dem Weg, zusammen mit weiteren Waffen und Geldern.«
Akkarat lächelt kaum merklich. »Machen Sie doch nicht so ein besorgtes Gesicht. Ich bin mir sicher, dass wir uns einigen können.«
»Wir möchten nach wie vor Zugang zur Samenbank erhalten. «
Akkarat zuckt mit den Schultern. »Ich verstehe Ihren Standpunkt.«
»Lassen Sie nicht außer Acht, dass Carlyle die Pumpen besitzt, die Sie für die Regenzeit benötigen.«
Akkarat wirft Carlyle einen Blick zu. »Ich bin ganz sicher, dass sich hierfür eine gesonderte Lösung finden lässt.«
»Nein!«
Carlyle grinst und schaut von einem zum anderen, dann hält er abwehrend die Hände hoch, während er ein paar Schritte zurückweicht. »Machen Sie das untereinander aus. Diese Meinungsverschiedenheit betrifft mich nicht.«
»Ganz recht!« Akkarat wendet sich wieder den Kampfhandlungen zu.
Anderson beobachtet ihn argwöhnisch. Sie können immer noch Druck auf diesen Mann ausüben. Die Garantie für fruchtbares Saatgut der neuesten Generation. Reis, der mindestens zwölf Aussaaten lang gegen Rostwelke immun ist. Er denkt darüber nach, wo Akkarats schwacher Punkt liegen könnte und wie er das alles wieder ins Lot bringen kann, doch das Morphin und die Erschöpfung der letzten vierundzwanzig Stunden setzen ihm stark zu.
Rauch von einem der Großfeuer weht herein und lässt alle in Hustenanfälle ausbrechen, bis der Wind sich dreht und ihn in eine andere Richtung bläst. Leuchtgeschosse und Raketen
beschreiben über der Stadt hohe Bögen, gefolgt von grollenden Explosionen in weiter Ferne.
Carlyle zieht die Stirn kraus. »Was war das?«
»Wahrscheinlich die Krut-Kompanie der Armee. Ihr Kommandant hat unser Freundschaftsangebot ausgeschlagen. Er beschießt bestimmt auf Prachas Geheiß hin die Ankerplätze«, sagt Akkarat. »Die Weißhemden wollen Nachschublieferungen verhindern. Wenn wir sie nicht aufhalten, werden sie auch vor dem Damm nicht haltmachen.«
»Aber dann würde die Stadt untergehen.«
»Und es wäre allein unsere Schuld.« Akkarat verzieht das Gesicht. »Beim Staatsstreich vom zwölften Dezember wurden die Deiche nur mit knapper Not verteidigt. Sobald Pracha das Gefühl hat, dass er diesen Kampf verliert – und inzwischen müsste er wissen, dass es so ist –, nehmen die Weißhemden vielleicht die Stadt als Geisel, um eine für sie günstigere Kapitulation zu erzwingen.« Er zuckt mit den Achseln. »Wirklich zu schade, dass Sie Ihre Kohlepumpen noch nicht geliefert haben.«
»Sowie die Kampfhandlungen eingestellt worden sind«, sagt Carlyle, »werde ich Kalkutta kontaktieren und sie verladen lassen.«
»Ich hätte auch nichts anderes erwartet.« Akkarats Zähne blitzen.
Anderson bringt seine Gesichtszüge unter Kontrolle, die seinen Missmut bereits verraten wollen. Ihm behagt dieses freundliche Geplänkel überhaupt nicht. Es scheint fast, als sei ihre Festnahme von vorhin schon wieder vergeben und vergessen und Akkarat und Carlyle wären wieder beste Freunde. Es gefällt ihm ganz und gar nicht, wie Akkarat Andersons eigene Interessen von Carlyles abzukoppeln scheint.
Anderson lässt den Blick über die Szenerie schweifen und wägt seine Möglichkeiten ab. Wenn er nur wüsste, wo die
Samenbank ist, könnte er einen Stoßtrupp dorthin beordern und die Wirren des Bürgerkriegs nutzen, um sie einzunehmen.
Schreie dringen zu ihnen hinauf. Unten auf der Straße irren Menschen umher und starren das Trümmerfeld an. Sie alle wissen nicht, was dieser Krieg für sie bereithalten wird. Anderson folgt den Blicken der kopflosen Menge. Schwarz ragen die
Weitere Kostenlose Bücher