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Bios

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Titel: Bios Kostenlos Bücher Online Lesen
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verschiedene Sorten von Thymostaten. Sie regeln in erster Linie die Stimmung, aber der meine tat mehr, Tam. Er unterdrückte unerfreuliche Erinnerungen. Er verdrängte auch sexuelle Impulse und lenkte diese Energie in meine Arbeit.«
    »Aber du kommst doch gut zurecht.«
    Sie musste sich vergegenwärtigen, dass keiner sie hören konnte. Niemand außer Tam. »Ich stehe immer auf der Kippe, Tam. Ich schlafe nicht mehr richtig. Ich bin launisch. Manchmal kommt mir der ganze Ausflug hier so sinnlos vor. Sinnlos und gefährlich. Manchmal… ist mir angst und bange.«
    Wieder das feine weiße Rauschen. Der Wind rüttelte am Zelt.
    »Zoe, wir haben medizinischen Ersatz. Wir können dich wieder auf Vordermann bringen.«
    »Nein. Das will ich nicht.«
    »Bist du sicher?«
    »Nichts ist sicher. Aber ich will nicht mehr so sein… wie ich mal war.«
    Wie Theo mich haben wollte. Und das Kartell.
    Hayes sagte: »Ich tue alles, was in meiner Macht steht, um es zu vertuschen. Gefährlich wird es, wenn Avrion Theophilus einen Blick in deine medizinische Telemetrie wirft und von alleine draufkommt.«
    Besser so, als ihm unter die Augen treten, dachte Zoe. Ein Blick, und er würde Bescheid wissen. Ihre Augen würden sie verraten.
    »Jedenfalls bist du nicht in der Verfassung, um noch einen Tag draußen zu bleiben. Ich will dich hier haben, wo ich auf dich aufpassen kann.«
    »Nein«, sagte Zoe. »Das hier möchte ich zu Ende bringen.«
    »Es ist nicht bloß der Thymo. Es könnte sein, dass wir gezwungen sind, die Station zu räumen.«
    »Wie, Yambuku aufgeben? Tam, ist es wirklich so schlimm?«
    »Die Dinge ändern sich rasch.«
    Er beschrieb ihr die Serie von Dichtungspannen und Filterproblemen. Alles zerbröselt, dachte Zoe. Alles fällt auseinander. »Gib mir einen Tag zum Nachdenken.«
    »Jeder Tag ist riskant.«
    »Alles, was wir hier tun, ist riskant. Gib mir einen Tag, Tam.«
    »Du musst nichts beweisen.«
    »Den einen Tag.«
    Ein frischer sintflutartiger Regen beutelte das Zelt. Sie stellte sich vor, wie sich die Roboter draußen an den glitschigen Boden kauerten. Konnten Roboter leiden? Unter der Nässe, der Kälte? Taten ihnen die verkapselten Gelenke weh?
    »Zoe, ich bekomme eben einen dringenden Ruf. Wir reden später.«
    Hoffentlich bald. Ohne seine Stimme fühlte sie sich doppelt einsam.
     
    *
     
    Im Laufe des Tages flauten die Sturmböen ab, und es kam eine kühle Westbrise auf. Im geschützten Kern von Yambuku hatte sie sich alle möglichen Wetterkonstellationen angesehen – aber nur wenn man sich dem Wetter auch aussetzte, gab es all seine Launen und Feinheiten preis.
    Oder war sie durch den Ausfall des Thymostaten sensibler geworden?
    Verletzlicher?
    Erlebte so der unregulierte Pöbel die Welt? Wo sie auch hinsah, schien sie einen Schatten oder ein Echo ihrer selbst zu entdecken. In den schäumenden Bäumen, den Wasserkaskaden von Blatt zu Blatt; den trüben Reflexen auf dem triefnassen Stechginster, im Funkeln des Glimmer. Lauter Spiegel.
    Wir werden nicht mit einer Seele geboren, dachte Zoe; sie dringt von außen in uns ein, geboren aus Schatten und Licht, aus Mittag und Mitternacht.
    Sie fragte sich, ob Theo schon gelandet war; vielleicht durchlief er bereits die Dekontamination.
    Hatte Theo eine Seele? Hatte sich in dem vollkommenen Körper eines Avrion Theophilus je eine Seele eingenistet?
    Im Laufe des Nachmittags erkundete sie ihre nähere Umgebung; obwohl der Lagerplatz weniger als einen Kilometer von der Gräberkolonie entfernt war, bekam sie keines der Wesen zu Gesicht. Sie mied ihr Nahrungsrevier, auch ihren Friedhof. Sie wollte sie nicht verschrecken; nur vielleicht einen Hauch ihres Geruchs hinterlassen, ein Zeichen ihrer Anwesenheit.
    Bevor die Sonne auch nur Anstalten machte unterzugehen, traf sie mit ihrem Gefolge aus spinnenähnlichen Robotern wieder im Lager ein. Die Maschinen waren voller Schlammspritzer und trugen Schleifspuren aus gelben Pollen. Eine hinkte erbärmlich hinterher. Eine mechanische Störung, die unterwegs eingetreten war.
    Zoe hatte sich in ihr Zelt zurückgezogen, schaltete ihr Hornhautdisplay um und ließ ihre medizinische Telemetrie Revue passieren, dann ließ sie sich vom Sanitätsroboter ein Analgetikum gegen verschiedene Wehwehchen und den Juckreiz geben.
    Ein hoher Anteil an Korpuskeln in der Luft – von Waldbränden tief im Westen – führte zu einem ausgedehnten und farbenprächtigen Sonnenuntergang. Zoe tippte ein paar Notizen in ihr Logbuch, absolvierte ihr

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