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Bis an das Ende der Nacht (German Edition)

Bis an das Ende der Nacht (German Edition)

Titel: Bis an das Ende der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Coake
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ausziehen …
    Dana lehnte den Kopf nach hinten, während Bryan den Gang einlegte.
    Nein. Nicht ausziehen ging nicht. Bryan hatte ein Faible für ihren Bauch. Wenn es dazu kam – falls es dazu kam -, würde er früher oder später vor ihr auf dem Bett knien. Er würde ihren Nabel küssen, dann den Hals lang machen und über ihre Brustwarzen lecken und seufzen: Ich liebe dich, Dana. Dreimal würde er das sagen, während sie sich liebten. Erst, wenn er ihren Bauch und die Brüste liebkoste, dann wieder, wenn er in sie eindrang, und ein letztes Mal, wenn er kam. Als würde ihm Dana entsetzt aus dem Bett springen, wenn er es einmal vergaß. Und sooft er es sagte, suchte er Danas Blick, um sich zu vergewissern.
    Ich liebe dich auch, sagte sie dann brav. Oder sie antwortete ihm mit einem heftigen Kuss, die Finger in sein Haar vergraben.
    Bryan würde sie lieben.
    Jimmy hätte sie gefickt. Ihm ging das Wort sicher leicht über die Lippen.
    Erst jetzt fiel es ihr ein: Sie hatte Jimmys Karte nicht weggeworfen.
    Ohne auf ihre Hände hinabzuschauen, tastete sie nach ihrer Handtasche, um ganz sicherzugehen, dass die Schnalle auch wirklich zu war. Sie wischte die schwitzenden Handflächen an der Wolle ihres Mantels ab. Der Asphalt glänzte nass von den Spiegelungen der Straßenlaternen. Bryan fuhr langsam, zum Lenkrand vorgebeugt, Hände auf zehn vor zwei. Das Gebläse brummte, und er verfluchte murmelnd die Idioten, die ihr Tempo nicht drosselten, die nicht kapieren wollten, dass es verdammt noch mal schneite.
    Zum Zeitpunkt des Unfalls ging Dana schon zwei Monate mit Bryan. Sie studierten beide an der University of Colorado. Sie hatten sich in einer Statistikvorlesung kennengelernt. Der Professor war Japaner und tat sich schwer mit den Namen, weshalb er sie in alphabetischer Reihenfolge sitzen ließ; Bryan hieß Macarthur mit Nachnamen und Dana McKinnon. Erst unterhielten sie sich nur vor der Vorlesung, dann auch beim Hinausgehen. Dann fingen sie an, Aufzeichnungen auszutauschen. Dana brachte viel Zeit damit zu, Bryan auf die Hände zu schauen, wenn er schrieb – seine Schrift war schön und geschwungen, fast mehr eine Frauenschrift. Er hatte lange, zarte Finger. Als sie seine Hand schließlich zum erstenmal hielt, im Kino, fand sie sie wunderbar weich. Ein paar Abende darauf ging sie mit ihm ins Bett.
    Der Skiausflug war eine Überraschung; Bryan rief sie am Freitagmorgen an und fragte, ob sie Lust hätte, übers Wochenende wegzufahren. Sie fuhren nach Breckenridge, zusammen mit zwei Freunden von Bryan, angehende Betriebswirte auch sie, braungebrannte Verbindungsstudenten mit blendend wei ßen Zähnen, die offen und aufgeregt von den Schneehasen redeten, die sie im Lauf des Wochenendes flachzulegen hofften. Dana schien es, dass sie und Bryan hauptsächlich deshalb dabei waren, weil Bryan einen Cherokee fuhr, der noch neu roch.
    Aber in ihrem Chalet im Schwarzwaldstil eröffnete ihr Bryan, nachdem sie vor dem Kamin miteinander geschlafen hatten, dass er sie liebte, und mit einemmal sah Dana das Wochenende mit anderen Augen, so, wie es Bryan vorgeschwebt haben musste: als einen kleinen Romantikurlaub. Die rechte Zeit für Geständnisse am Kaminfeuer.
    Dana war sich nicht ganz sicher, was sie für ihn empfand. Sie mochte ihn sehr – aber Liebe? Seiner Nettigkeit konnte sie sich nicht entziehen – niemand, der ihn kannte, konnte das. Aber wenn sie an ihn dachte, dann fügten sich die Einzelteile nur zum Umriss eines Mannes zusammen, nicht mehr. Er sah nicht im eigentlichen Sinne gut aus, auch wenn er keineswegs hässlich war. Er war sportlich, er hatte Freude am Wandern und Laufen. Er liebte es, mit ihr in eine Decke gekuschelt vorm Fernseher zu sitzen. Er war ein begeisterter Science-Fiction-Leser. Er konnte stundenlang über das Bankwesen und Wirtschaftstheorien reden, über die Reformen, die er durchführen würde. Manchmal schrieb er Leserbriefe an die College-Zeitung, des Inhalts etwa, dass die Demokraten nie begreifen würden, was fiskalische Verantwortung hieß. Wenn sie von ihren Seminararbeiten erzählte oder von den Tutorien, die sie hielt, hörte er aufmerksam zu – aber er stellte seine Fragen auf eine Art, dass sie einstudiert klangen. Eine Rubrik in seinem Filofax: Fragen an Dana.
    Bryan kam aus einer wohlhabenden Familie, aber er war großzügig. Das Wochenende in Breckenridge hatte er ihr spendiert, und das auf eine Weise, dass sie sich nicht beschämt und bedürftig vorkommen musste. Er war lieb, aufmerksam,

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