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Bis an das Ende der Nacht (German Edition)

Bis an das Ende der Nacht (German Edition)

Titel: Bis an das Ende der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Coake
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abgekriegt.
    Jimmy sah auf die Narbe, die schräg über ihren Unterarm bis zur Daumenwurzel verlief.
    Boah, sagte er und lehnte sich zurück. Das ist verdammt mutig.
    Es ging ganz schnell, sagte Dana.
    Wie seltsam, dass Sie das sagen.
    Sie zuckte die Achseln. Er hatte Recht. Sie wusste selbst nicht, warum sie es gesagt hatte … oder warum sie ihm die Narbe gezeigt hatte, die sie für gewöhnlich verborgen hielt. Die Narbe war nichts – verglichen mit Bryans Narben. Das Blut schoss ihr ins Gesicht, und sie hoffte, dass Jimmy nichts merkte. Sie stand hier schon viel zu lange mit ihm – was erwartete sie denn, was passieren würde? Was konnte denn schon passieren? Sie musste das hier beenden, schauen, dass sie wieder nach drinnen kam.
    Als sie die Ärmel zurechtgerückt hatte und aufsah, hatte Jimmy sich wieder vorgebeugt, zu nah.
    Ich wette, Sie haben noch mehr Geheimnisse. Sie haben mir gleich den Eindruck gemacht.
    Dana bog sich instinktiv ein Stückchen zurück.
    Tut mir leid, sagte sie. Ich muss wieder rein. Gute Nacht, Jimmy.
    Sie machte einen Schritt, ein flatteriges Gefühl im Magen, aber Jimmy sagte, Warten Sie, und obwohl sie sich befahl weiterzugehen, drehte sie sich um.
    Jimmy ergriff ihre Hand. Er war noch größer als Bryan, und sie musste sich recken, um ihn zu küssen. Seine Lippen waren kalt, sein Atem schmeckte nach Zigarettenrauch und etwas Scharfem, Pfefferminz. Er drückte ihr den Mund weit auf; sie erwiderte den Druck. Seine Hand glitt an der Rückseite ihres langen Mantels abwärts und knetete ihren Hintern, und ein paar Sekunden stand sie von den Knien bis zu den Schultern an ihn gepresst.
    Dann schob Dana eine Hand unter Jimmys offenen Mantel – sein Bauch unter der glatten Seide seines Hemds war steinhart – und stieß ihn weg. Jimmy taumelte leicht nach hinten. Er lächelte und fuhr sich mit dem Daumen versonnen über die Lippen.
    Was sollte das?, fragte Dana, und obwohl sie wütend klingen wollte, bebte ihre Stimme.
    Sie wollten es doch, sagte er.
    Er hatte Recht. Sie wollte, dass er sie nochmals küsste. Nein, sie wollte ihn in ein leeres Auto zerren und noch ganz andere Sachen mit ihm machen. Seit sie Bryan kannte, hatte sie keinen anderen Mann mehr geküsst – ihr Körper fühlte sich zu leicht an, ihre Knöchel kippelig.
    Aber sie sagte: Ich gehe jetzt rein. Versuchen Sie das nicht noch mal.
    Hier, falls Sie es sich anders überlegen, sagte Jimmy. Er langte in seine Tasche und gab ihr eine Visitenkarte. Sie nahm sie so, wie sie ihn auch geküsst hatte – ihr Körper reagierte, ehe der Wille sich einschalten konnte. Rufen Sie mich nicht daheim an, sagte er. Meine Handynummer steht auf der Karte.
    Ich rufe Sie überhaupt nicht an, sagte sie und ließ die Karte in den Schnee fallen.
    Er lächelte, als wüsste er etwas, das sie nicht wusste, und zuckte dann mit den Achseln. Schade, sagte er, versenkte die Hände in den Manteltaschen und schlenderte an ihr vorbei. Sie sind eine verflucht attraktive Frau, Dana.
    Bryan könnte Sie deswegen rauswerfen.
    Warum musste ihre Stimme so schrill klingen!
    Jimmy machte ein paar Schritte rückwärts. Tja. Wenn ich Montagmorgen noch einen Job habe, haben Sie ihm wohl nichts gesagt.
    Die Automatiktür summte, und Jimmy ging hinein; Ausläufer der Feier – Stimmen und Gelächter und Wärme – schwappten nach draußen. Dann schloss sich die Tür über dem Lärm, hinter Jimmy, und sie war wieder allein.
    Minutenlang stand sie gegen die Ziegelmauer gelehnt, noch im Schock.
    Am liebsten wäre sie gar nicht zur Feier zurückgekehrt, aber das ging nicht. Bryan würde sich Sorgen machen, wenn sie noch länger verschwunden blieb; wahrscheinlich suchte er jetzt schon nach ihr. Aber ihre Zigaretten kamen ihr aus, als sie sie aus der Manteltasche in die Handtasche zurückstecken wollte, und fielen in die dunkle Ecke. Fast hätte sie sie einfach liegen lassen – sie waren schließlich schuld an dem ganzen Schlamassel. Aber dann kniete sie sich doch hin. Die Zigaretten lagen auf einem verkrusteten Schneerest, gleich neben Jimmys Visitenkarte. Sie knüllte die Karte zusammen und stopfte sie in ihre Handtasche; sie würde sie drinnen wegwerfen, auf der Toilette.
    Das Foyer war leer bis auf ein Pärchen, das Dana nicht kannte, junge Leute, die laut und verliebt miteinander redeten. Dana ging an ihnen vorbei, in den Seitenkorridor mit der Damentoilette. Natürlich stand niemand dort an.
    Sie spritzte sich Wasser in den Mund und kaute ein paar Mentholpastillen; sie

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