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Bis ans Ende der Welt

Bis ans Ende der Welt

Titel: Bis ans Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Ulrich
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Glück zu kaufen gab. Es war ja nicht überall selbstverständlich. Nach dem Abendessen sang im Garten die Frauengruppe mehrstimmig schöne Kirchenlieder zur Gitarre. Das gefiel mir sehr.
Lectoure, km 1769
    In der Nacht schnarchte es in den Schlafräumen gewaltig, auch aus dem Zimmer der Frauengruppe, aber ich schlief bald fest ein. Obligatorisch saß ich dann in der Nacht unter den Sternenrädern und pries den Herrn für seine Schöpfung. Überall über dem französischen Camino gab es diesen gewaltigen Himmel – tags mit Goldrand, nachts mit Sternenrädern. Diese Weite tat es mir an, und ich mußte auch in der Nacht hinaus, um atmen zu können. Ich wurde süchtig nach dem Himmel.
    Am Morgen kam ich sehr gut weg, was sonst nicht meine Art war, flitzte bewundernd an einem Chateau aus dem 15. Jahrhundert vorbei, und schon zu Mittag holte ich die drei Mädchen ein. Sie machten gerade Pause, was mir mehr als nur recht war. Ich hatte einen scharfen Marsch hinter mir. Laure sah mich unentwegt mit großen, abrundtiefen, blauen Augen an, und leckte sich lustvoll hinter den Ohren wie eine Katz, wenn sie den Vogel erspäht. Das hätte noch was geben können. Aber die Mädchen fuhren heim, und legten nun Wert auf Tempo, um bestimmt den Bus nicht zu versäumen. Sie waren beide aus Nord-Paris, aus meiner Sicht einer absoluten Ödnis und auch noch weitab von den üblichen Touristenattraktionen. Aber sie schwuren Stock und Bein, das sei der beste Platz auf der Welt zu leben. Der Herr lächelte und nickte dem wohlwollend zu. Er mochte die Mädels auch.
    So kamen wir schon um halb drei Uhr an. In dem Frauenkloster, wo ich und Angelika übernachten wollten, waren wir die ersten Pilger an diesem Tage. Die Schwestern waren sehr lieb und ließen Laure und Celine die Duschen benützen. Der Schlafsaal bestand aus offenen Boxen, die für etwas Privatleben sorgten. Die Räumlichkeiten waren etwas veraltert, aber blitzblank sauber. Nachdem wir geduscht hatten, gingen wir in die Stadt. Lectoure sei eine der ältesten Städte im Departement Gers, berichtete der Führer, sie sei im 14. und 17. Jahrhundert an Stelle eines römischen Tempels aufgebaut worden. Aber man sah ihr das Alter nicht an. Der Hauptplatz, schön mit Platanen bepflanzt, thront hier über einer gewaltigen Ebene, die sich am Horizont gegen die Pyrenäen stemmt. In einem Weingarten am Rande des Platzes mit grandioser Sicht auf Land und Himmel warteten wir dann auf den Bus. Dank unseren forcierten Marsches hatten wir jede Menge freie Zeit. Wir unterhielten uns gut, auch wenn ich mich recht lächerlich machte, als ich die hochgepriesene lokale Spezialität aus Weißwein und Armagnac partout nicht haben wollte. Laure lud uns großzügig dazu ein. Doch was gibt es denn eigentlich gegen Weißwein mit Armagnac zu sagen? Ich fürchte, die Mädchen waren über meine Arroganz ein wenig enttäuscht. „Wahrscheinlich wirst du nie mehr hierher kommen, um dieses Getränk probieren zu können!“ entsetzten sie sich. Der Barbesitzer, der am Tisch auf unsere Bestellung wartete und diese Delikatesse vorschlug, mischte fleißig mit, und das Ganze nahm dank meiner mangelnden Voraussicht echt emotionale Züge an, denn ich blieb stur, wie es sich für einen Mann gehört. Vielleicht hatte es etwas mit der Gascogne zu tun. Auch Monsieur d’Artagnan, wenn ich mich noch richtig entsinne, kam sofort in Wallung, wollte sich wegen jedem Schmarren gleich duellieren und war deshalb gar nicht pflegeleicht. Dabei war der Gedanke grundsätzlich nicht ganz verkehrt gedacht. Wo kriege ich denn nun Weißwein mit Armagnac artgerecht gemischt? Nun muß ich wohl noch einmal in die Gascogne kommen, um in Lectoure auf dem Stadtplatz das Versäumte nachzuholen.
    Wir brachten die Mädchen zum Bus und winkten, bis das Gefährt um die Kurve verschwand. Dann kehrten wir etwas melancholisch ins Kloster zurück, saßen unter den Bäumen des Klostergartens und beobachteten das Treiben der ankommenden Pilger. Wie üblich, kein Platz ist leer geblieben. Das Pilgergeschäft blühte. Am Abend gab es eine schöne Vesper und danach ein gemeinsames Abendessen, das wie in Klöstern halt üblich, nicht ganz so üppig ausfiel. Doch bin ich nicht zu kurz gekommen und klagte nicht. Jeden Tag der Pilgerschaft war gut gefüllt und wert, voll gelebt zu werden. Und ich war inzwischen fast bereit, dem Herrn für den Unfall dankbar zu sein, denn ohne diese Reise wäre mein Leben unvollkommen, unvollendet geblieben. Allerdings schien mir es

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