Bis aufs Messer
Sie brauchen einen Psychiater«, sagte sie kalt. »Auf Wiedersehen, Mr. Holman .«
»Glauben
Sie vielleicht, ich mache Spaß?« Ich lächelte ihr schwach zu. »Schauen Sie sich
einmal mein Gesicht genauer an.«
»Sind
Sie gegen eine Backsteinmauer gerannt?« fragte sie.
»Das
waren Kleopatra und Pete gestern nacht «, sagte ich.
»Ich habe außerdem als Beweis noch ein paar Beulen am Hinterkopf.«
»Das
erklärt wahrscheinlich alles«, sagte sie freundlich. »Ich meine, die
Halluzinationen.« Sie holte tief Luft, und ihre Rüschen bebten, von der
prachtvollen Rundung ihrer Brüste an bis hinunter zu dem Saum über den Knien
mit den Grübchen. »Wenn das Ganze eine Art Gesellschaftsspiel sein soll, Mr. Holman , muß man dazu wohl zu zweit sein, und ich spiele
nicht mit.« Sie ging energisch in Richtung der Eingangsdiele davon, hatte aber
erst etwa vier Schritte gemacht, als es an der Tür klingelte. Sie blieb abrupt
stehen und sah mich mit fragendem Blick an.
»Machen
Sie nur auf«, sagte ich. »Wenn meine Halluzinationen draußen stehen, können Sie
sie einlassen. Sie kommen sowieso herein.«
»Es
kann doch nicht Ihr Ernst sein, daß — daß...« Es klingelte erneut ungeduldig.
»Na,
warum sehen Sie nicht selber nach?« Ich grinste sie an.
»Gut.«
Ihr Kinn hob sich um ein paar Zentimeter. »Ich kann ruhig sagen, daß dies der
letzte Auftrag ist, den die Agentur Trushman von
Ihnen entgegennimmt, Mr. Holman .« Sie schüttelte den
Kopf. »Sie müssen irgendwie irre sein.«
Dann,
als die Klingel zum drittenmal schrillte, ging sie
zögernd auf die Eingangsdiele hinaus. Ich verschwand in Windeseile im
Schlafzimmer, öffnete die zweite Kommodenschublade und nahm die Achtunddreißiger zusammen mit der Gürtelhalfter heraus. Die
Pistole fein säuberlich unter der Jacke verborgen, fühlte ich mich Pete Reiner
gewachsen. Als ich ins Wohnzimmer zurückkehrte, sah ich dort Kleopatra stehen,
Sandy Gibbs dicht neben sich, einen Ausdruck erstarrter Ungläubigkeit in den
Augen.
Antonia
Kendall sah mich mit dünnem Lächeln an. »Tut mir leid, Ihre Unterhaltungsspiele
mit Ihrer netten überreifen Blondine hier zu stören. Aber es ist schließlich
Ihre eigene Schuld, nicht wahr? Sie wollten gestern abend keinen freundschaftlichen Rat annehmen.«
Ich
blickte mich vorsichtig im Zimmer um, aber nirgendwo gab es ein Versteck, in
dem ein Mann Platz gehabt hätte. »Und wo ist der Große, Dunkle, Bösartige?«
fragte ich.
»Er
treibt sich herum — in Jackie Lorraines Wohnung«, sagte sie beiläufig. »Haben
Sie die richtige Uhrzeit?«
Ich
blickte auf meine Armbanduhr. »Fünf Minuten nach sieben.«
»Gut.«
Ihr Lächeln hätte vergleichsweise eine Natter als liebenswürdiges Tier
erscheinen lassen. »In genau fünf Minuten wird Pete sie bearbeiten — wenn ich
ihn nicht vorher anrufe und ihm sage, daß Sie mit meinem Vater gesprochen und
Ihren Auftrag schriftlich aufgekündigt haben.«
SECHSTES KAPITEL
D ie beiden Mädchen ergaben, wie sie da
beisammenstanden, einen hübschen Kontrast: Die Blonde in ihrem weißen
Rüschenkleid und die Dunkelhaarige in einem enganliegenden schwarzen Kleid,
dessen ausgestellter Rock unten um ihre Knie schwankte. Auch der Ausdruck ihrer
Gesichter war interessant. Sandys Gesicht verriet deutlich, daß sie das alles
nicht für wahr halten könnte, während Antonia mit äußerster Selbstsicherheit
lächelte. Ich suchte eine Zigarette heraus, zündete sie an und starrte dann wieder
auf Antonia.
»Wissen
Sie, wir halten Sie im Grund für einen sentimentalen Weichling, Holman «, sagte sie forsch. »Glauben Sie mir, wenn Pete sie
sehr lange bearbeitet, wird sie im Fernsehen erledigt sein. Das Gesicht, mit
dem sie danach erscheinen wird, hat höchstens noch Aussicht, in einem
Gruselfilm verwendet zu werden.«
»Was
hält mich davon ab, den Auftrag später doch wieder zu übernehmen?« fragte ich.
»Sie
meinen, Sie sind kein Mann, der zu seinem Wort steht?« Sie verzog verächtlich
die Mundwinkel nach unten. »Pete ist darauf vorbereitet, für die nächsten paar
Tage in Jackies Wohnung zu ziehen. Danach wird Daddy ohnehin keinen
Privatschnüffler mehr brauchen.«
»Sie
und Pete müssen diese Million Dollar wirklich dringend brauchen«, sagte ich.
»Mit
Geld hat das gar nichts zu tun.« Ihre Stimme klang plötzlich spröde. »Mein
Vater muß immer vor Leuten wie Ihnen geschützt werden und am meisten vor sich
selber.« Sie gähnte bedächtig. »Ich glaube, Sie haben noch zwei
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