Bis aufs Messer
etwas Erreichbarem zu rächen. Es
war Miss Gibbs’ ausgesprochenes Pech, daß sie zu diesem Zeitpunkt das nächste
Erreichbare war. Einer Furie gleich landete Antonia mit wildem Geknurr vor ihr und begann mit dem Versuch, Miss Gibbs’
Haare an den Wurzeln herauszureißen. Einen Augenblick lang war die Blonde durch
die plötzliche Attacke zu betäubt, um Vergeltung zu üben; aber dann erzielte
Antonias bösartiger Griff eine blitzartige Reaktion. Schmerz kennt keine
Grenzen, wie vermutlich noch niemand gesagt hat. Sandy Gibbs stieß einen irren
Schrei aus, und in ihren Augen flammte die Kampfeslust auf. Im nächsten
Augenblick hatte sie ihrer Gegnerin einen Schlag in die Magengegend verpaßt,
der keineswegs ladylike war. Antonia sank etwas zusammen, und dann legte die Blonde beide Hände um ihre
Taille und trug sie in schnellem Trott zur Couch hinüber. Beide stürzten darauf
nieder, Antonia zuunterst; und ich hatte das Gefühl, daß in diesem Augenblick
alle Luft aus ihr herausgepreßt wurde, die sie
vielleicht noch in ihren Lungen hatte. Ihre Arme fielen schlaff seitlich herab;
und es sah so aus, als ob der Kampf vorüber wäre. Sandy Gibbs kletterte von der
Couch herab und richtete sich langsam, den Rücken Antonia zugewandt, auf. Ich
wollte ihr eben mitteilen, daß dies ein Fehler sei, aber es war bereits zu
spät. Antonia zog schnell ihr zunächst liegendes Bein an, und gleich darauf
trat ihre Schuhspitze die Blonde schmerzlich an derselben Stelle, in die ich
sie eine kleine Weile zuvor gekniffen hatte.
Miss
Gibbs machte einen krampfhaften Satz nach vorn und blieb dann abrupt stehen,
erneut den bewußten kampflüsternen Schimmer in den Augen. Sie holte tief Luft,
blies eine Strähne strohblonden Haares aus den Augen und lächelte grimmig.
»Ich
glaube«, sagte sie mit weicher Stimme, »das sollten Sie jetzt besser nicht mit
ansehen, Mr. Holman . Drehen Sie sich also bitte um!«
»Ich
habe mich, seit ich mit angesehen habe, wie ein Taxifahrer von einer alten
kleinen Lady mit einem Regenschirm nach Strich und Faden verdroschen wurde,
nicht mehr so amüsiert!« protestierte ich.
»Drehen
Sie sich um!« zischte sie.
Nach
dem Ausdruck ihrer Augen zu schließen, schien mir Vorsicht besser als Neugierde
zu sein, und so drehte ich ihr gehorsam den Rücken zu. Etwa eine halbe Minute
lang lauschte ich auf eine ganze Tonleiter von Geräuschen, angefangen bei ein
paar dumpfen Schlägen und mehrfachem Stöhnen, dann segelte etwas in der Luft
herum, danach ertönte zweimal schrilles Quieken, gefolgt von einem letzten
unterdrückten Quieken. Die Stille schien lauter und lauter zu werden, während
ich ungeduldig wartete.
»Sie
können sich jetzt umdrehen, Mr. Holman «, sagte Sandy
Gibbs munter. »Ich glaube, ich habe für alles gesorgt.«
Ich
drehte mich um und sah Antonia mit gefesselten Händen und Füßen und geknebelt
auf der Couch liegen. Der Saum ihres schwarzen Kleids war sittsam so weit wie möglich
bis zu ihren Knien hin herabgezogen, aber meine Augen sprangen beim Anblick der
tiefen Mulde, die durch den langen, bis beinahe zur Taille reichenden
V-Ausschnitt entblößt wurde, beinahe aus ihren Höhlen. Als ich diesen
Ausschnitt das letztemal gesehen hatte, war er aufs
sittsamste viereckig gewesen. Dann dämmerte mir langsam die Wahrheit auf — Antonia
trug ihr Kleid nun verkehrt herum. Ein eingehender Blick enthüllte zudem, daß
ihre Füße mit einem schwarzen Strumpfhalter und ihre Hände mit einem pulverblauen
Büstenhalter zusammengebunden waren und daß es sich bei dem Knebel in ihrem
Mund, der hinter dem Kopf verknotet war, um ein pulverblaues Höschen handelte.
»Ich
glaube, Sie haben wirklich an alles gedacht«, sagte ich bewundernd.
»Nun,
nachdem alles vorüber ist«, sagte sie atemlos, »erzählen Sie mir vielleicht,
was das Ganze bedeuten soll?«
»Wie
wäre es, wenn wir uns erst etwas zum Trinken zurechtmachten?« sagte ich. »Wir
können es beide wohl brauchen.«
»Ich
trinke niemals...« Sie hielt inne und blies sich eine weitere Haarsträhne aus
den Augen. »Scotch, bitte.«
Ich
ging zur Bar und goß die Gläser ein, während sie einen Kamm aus ihrer
Handtasche nahm und begann, ihre Frisur in Ordnung zu bringen. Als die Gläser
eingeschenkt waren, saß die Kaskade strohblonden Haars weitgehend wieder da, wo
sie sitzen sollte, und Sandy Gibbs kam zur Bar herüber, setzte sich auf einen
Hocker und blickte mich an.
»Wir
wollen auf die Gesundheit eines Mädchens trinken, das den
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