Bis bald, Sharma!
Kälte und mein Misstrauen waren für ihn niederschmetternd. Wie konnte ich so etwas vermuten - eine Frau im Asylheim, so ein Unsinn. Ich sei seine Liebe für immer und ewig.
Manchmal dachte ich, er würde mich nicht richtig lieben, weil er nicht eifersüchtig war. Er stellte meine Liebe nie in Frage, er wusste, dass ich ihn liebte. Warum war er sich so sicher? Ließ er mich absichtlich zappeln, wie die Fliege im Netz einer Spinne? Wenn ich die Strategie seines Schach spiels auf sein Leben übertrug, dann war er ein gerissener Spieler. Sharma konnte mich einen halben Tag ohne eine einzige SMS zu schreiben, zappeln lassen. Wie würde sich die sterbende Fliege im Netz winden? Sogar wenn ich ihm schrieb, dass ich seine SMS vermisste, antwortete er nicht. Es kam mir so vor, je mehr SMS ich schrieb, desto weniger antwortete er mir. Wollte er mir dadurch zeigen, dass ich zu viel schrieb? Oder war er wirklich verhindert und hatte keine Zeit? Keine Zeit für seine Liebe? Ich verstand das nicht! Wenn er dann gnädigerweise zurückschrieb, reagierte er gar nicht auf meinen Schmerz, sondern schrieb ganz lieb, dass er nur beim Essen gewesen sei oder kein Netz gehabt hätte oder eben geschlafen habe.
Ich habe es noch nie fertiggebracht, jemand nicht zu antworten, vor allem nicht meiner Liebe. Was dachte er sich dabei, als ich ihm zehn liebe SMS schrieb und wichtige Fragen stellte, aber absolut keine Antwort bekam? Fünf Gründe fallen mir dazu ein:
1. Derjenige ist zu geizig zum Schreiben
2. Netzprobleme von Österreich nach Deutschland
3. Keine Zeit (gibt es einfach nicht!)
4. Handy ist abgestellt (das wäre gemein)
5. Er liebt mich doch nicht so
Ich wollte immer wissen, wo er war, was er machte, wie es ihm ging, ob er mir treu war, was er gegessen hatte. Typisch weibliche Fragen. Empfand er das als Kontrolle?
Mitte August fuhr ich in aller Frühe zu ihm nach Salzburg. Ich war so aufgeregt wie nie zuvor. Als der Zug in Salzburg eintraf, verrenkte ich meinen Hals, um zu sehen, ob er schon am Bahnsteig stand. Mit pochendem Herzen stieg ich aus und lief den Bahnsteig entlang. Ich sah keinen Sharma. Wo war er? Wir hatten verabredet, dass er von Seewalchen nach Salzburg kommen sollte, um mich zu empfangen. Ich drehte mich um, suchte ihn - hatte er sich versteckt, um mich zu beobachten? Da entdeckte ich ihn! Mit einer roten Rose in der Hand stürmte er auf mich zu und umarmte mich, nahm mir meine Reisetasche ab, dann schlenderten wir dem Ausgang entgegen. Ununterbrochen küsste er mich. Meine Sorgen und Zweifel waren im Nu verflogen. Eine schwere Aufgabe stand uns bevor: ein gutes und billiges Hotel zu finden. Wir fragten Passanten, Verkäufer und Taxifahrer und endlich hatten wir eines, nicht weit vom Bahnhof entfernt. Ich musste schmunzeln, als ich den Namen hörte. „Zum Guten Hirten“ hieß das Hotel und das Doppelzimmer kostete 66 Euro. Da es aber kein Doppelzimmer mehr gab, ging ich allein hinein und bestellte eiskalt ein Einzelzimmer, das dreißig Euro kostete. Dann schlichen wir uns wie Schwerverbrecher an der Theke vorbei und oben angekommen, fielen wir aufs blütenweiße Bett und küssten uns irrsinnig lange. Endlich, endlich war ich wieder bei Sharma. Es regnete in Strömen und das Beste, was wir machen konnten, wir verschwanden ins Bett. Zuerst duschten wir in der vorsintflutlichen Dusche, die mehr kaltes als warmes Wasser spendete. Wir hatten keinen Hunger, wir hatten keinen Durst, wir hatten nur Hunger nach Liebe und Zärtlichkeit.
„Ich habe dich vermisst, mein Liebling, ich kann ohne dich nicht leben, nicht eine einzige Minute“, flüsterte mein Traumprinz. Mit seinem graumelierten Bart sah er zehn Jahre älter aus, aber er war immer noch mein süßer Prinz, die gleichen mitfühlenden Augen, die gleichen wunderschö nen, langen Hände, die gleiche Art mich zu umarmen und mit mir Liebe zu machen. Wir hielten uns in den Armen und ließen uns nicht mehr los, bis es Nacht geworden war.
Es regnete immer noch in Strömen, aber wir rafften uns auf, duschten, zogen uns an und gingen in ein gemütliches Restaurant, wo wir einen riesigen Salat mit gebratenen Putenstreifen aßen. Wir sahen uns schweigend an und wussten um die Stärke unserer Liebe. Jedes überflüssige Wort wäre störend gewesen. Oh mein indischer Traumprinz. Der Regen hatte aufgehört und wir spazierten Hand in Hand an der Salzach entlang. Alle drei Minuten blieben wir stehen und küssten uns hingebungsvoll. Wenn ich nur bei ihm hätte
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