Bis das Blut gefriert
wieder besser sahen, da fiel uns an der linken Seite auf, dass das Gelände jetzt anstieg. Davon war auch gesprochen worden. Wir befanden uns nicht weit von der alten Etrusker-Siedlung entfernt. Über den steinigen Hang hätten wir jetzt nicht fahren können, doch am Ziel war er planiert worden, und so kamen wir auch mit dem Croma hoch.
Auf der Straße rauschte der Bus vorbei, dann hatte uns die heiße und steinige Einöde verschluckt. Wenn wir Schatten haben wollten, dann hätten wir ihn uns malen müssen. Er war so gut wie nicht vorhanden, und den warfen auch die freigelegten Ruinen nicht. Sie standen da wie blasse Blöcke, um die der leichte Wind Staubwolken drehte.
Ich hielt an. Weiter ging es nicht. Der Untergrund war einfach nicht befahrbar. Es lagen zu viele Steine und Blöcke herum, die uns behinderten.
Von der Kühle in den Backofen. So kamen wir uns vor, als wir den Wagen verlassen hatten. Die Sonne war ein gnadenloser Folterknecht. Sie hatte die Luft stark aufgeheizt, so dass sie vor unseren Augen flirrte und tanzte. Einen Vorteil gab es trotzdem. Es war nicht so schwül, hier herrschte eine trockene Hitze.
Die alten Mauern standen zum Teil. Sie schimmerten hell, sahen brüchig aus, ragten aus der Erde hervor oder standen in kleinen Gruben, die die Archäologen bei ihren Grabungen hinterlassen hatten. Zeugen einer Vergangenheit, die mehr als zweitausend Jahre zurücklag.
Über das Volk der Etrusker war nie so viel geschrieben worden wie über die Ägypter, Griechen oder Römer. Für sie interessierten sich mehr die Fachleute, zu denen ich mich nicht zählte. Aber sie hatten auch ihre Götter gehabt und sicherlich auch den Schwarzen Künsten gehuldigt.
Der Brunnen war uns beschrieben worden, und so konnten wir ihn nicht verfehlen. Er bildete so etwas wie einen Mittelpunkt des Ausgrabungsfeldes.
Von der Straße aus wurden wir nicht gesehen. Da war der Blickwinkel zu ungünstig.
Bill ging neben mir her. Er schaute sich immer wieder um. Es wäre nicht nötig gewesen, denn wir waren hier allein. Bei der Hitze würde sich kaum jemand an diesen Ort verlaufen.
Ich hatte den Brunnen als Ziel anvisiert und blieb vor ihm stehen. Normalerweise haben die alten Brunnen noch einen Aufbau, einen Hebel und eine Kurbel sowie ein Seil, an dem Gefäße in das Innere hinabgelassen werden konnten. Hier war davon nichts zu sehen. Es gab nur den aus der Erde ragenden Schacht, der wie das letzte Stück eines kantigen Schornsteins aussah.
Dicht dabei blieb ich stehen, legte die Hände auf das warme und staubige Gestein des Rands und schaute ebenso in die Tiefe wie mein Freund Bill.
Wir schauten beide in eine Dunkelheit hinein, die dicht unterhalb des Rands immer schwärzer wurde, denn das Licht reichte nicht sehr weit hinab. Ein Ende oder ein Grund war für uns nicht zu sehen.
»Bist du jetzt enttäuscht?«, fragte Bill.
»Warum sollte ich?«
»Es ist nichts zu sehen.«
»Doch.«
»Dann bist du schlauer als ich.«
Ich fuhr mit der Hand am inneren Rand des Brunnens entlang. Als dort durch den Druck die Kruste abblätterte und wie Staub in die Tiefe sank, der zudem noch eine rötliche Farbe besaß, da wusste Bill, was ich meinte.
»Ja, der Rest des Blutes.«
»Eben. Das Zeug hat sich wieder zurückgezogen. Es ist möglich, dass es auf dem Grund einen See bildet.«
Er grinste mich an. »Jetzt wünschst du dir ein Seil, wie ich dich kenne.«
»Nein, nicht einmal das. Darauf kann ich gern verzichten.« Ich streckte die linke Hand aus. »Sieh dir das an.«
»Was?«
»Da – an der Seite gegenüber. Das sind Tritte aus Metall. Und sie sehen mir alles andere als alt aus. Sie glänzen noch und scheinen mir erst vor kurzem innen angebracht worden zu sein. Ist das eine Chance oder nicht?«
»Keine Ahnung«, flüsterte mein Freund. »Wer sagt dir denn, dass sie bis zum Grund durchgehen?«
»Ich werde es darauf ankommen lassen.«
Bill trat einen Schritt vom Rand weg und richtete sich auf. »Du... du willst da tatsächlich runter?«
»Klar, warum nicht?«
»Mensch, mach dich nicht unglücklich.«
»Keine Sorge, Bill. Was andere können, das kann ich auch. Schau dir doch die Stufen an. Es liegt noch nicht lange zurück, dass dort jemand hergegangen ist.«
»Ja«, sagte er stöhnend. »Da hast du Recht. Okay, ich versuche, dir hier den Rücken freizuhalten, aber rechne mit dem Schlimmsten.«
»Das tue ich doch immer.« Ich klopfte Bill auf die Schulter und ging auf die gegenüber liegende Seite des Brunnens zu. Dort
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