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Bis das Blut gefriert

Bis das Blut gefriert

Titel: Bis das Blut gefriert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Kanalsystemen für ihre Bäder und ihre Bewässerungsanlagen.
    Ich ging davon aus, dass mich der Stollen in irgendeine Kammer führen würde, die noch nicht freigelegt worden war, wenn ich Pech hatte. Das musste ich erst einmal abwarten.
    Der Gang war wirklich stockfinster. Ohne Lichtquelle hätte ich nicht die berühmte Hand vor Augen sehen können. Mehr denn je war ich auf meine kleine Lampe angewiesen.
    Von der miesen Luft wollte ich erst gar nicht sprechen. Sie war da, und sie klebte auch in jeder Faser meiner Kleidung. Ich hatte das Gefühl, von ihr wie von einer unsichtbaren Wolke umschwebt zu werden, und konnte nur hoffen, dass ich noch länger durchhielt und mich der Gestank nicht irgendwann umwarf.
    Wo Schatten ist, gibt es auch Licht. Das traf bei mir sogar im übertragenen Sinne zu.
    Ich entdeckte ein Ziel. Das Ende des Lampenstrahls stach nicht mehr ins Leere, es tanzte plötzlich über ein Hindernis hinweg, das ölig glänzte.
    Nach wenigen Schritten schon traten die Wände des Stollens zurück, und mein Blick wurde frei.
    Es war phantastisch. Hier unten gab es eine kreisrunde Höhle mit einer gebogenen Decke. Sie war uralt, und sie war auch von den Archäologen noch nicht entdeckt worden, denn sie befand sich in ihrem Urzustand.
    Höhle und Opferstätte zugleich. Hier musste das Zentrum sein. Hier hatte man Charun die Menschen geopfert, und hier war auch das viele Blut geflossen. In der Mitte gab es einen See. Er war mit dem Blut der Verstorbenen gefüllt. Wie ein Lineal stach der Strahl der Lampe über die Oberfläche hinweg, als wollte er sie aufschneiden. Ich war von dem Anblick so fasziniert gewesen, dass mir erst jetzt die Kälte auffiel, die vom Blutsee in die Höhe stieg. Sie war tatsächlich wie ein Eishauch, streifte mein Gesicht und verteilte sich in der gesamten Umgebung des Blutsees.
    Er lag völlig ruhig vor mir. Es gab auch keinen Windhauch, der über die Oberfläche gestrichen wäre und sie bewegt hätte. Wie ein flacher Spiegel bot sich der See meinen Blicken dar.
    Man konnte um ihn herumgehen. Dort befand sich ein breiter Felssims. Wie tief der Blutsee war, konnte ich nicht einmal ahnen. Seine Oberfläche sah matt aus und glänzte trotzdem.
    War es wirklich noch die alte magische Stätte der Etrusker oder hatte sie jemand ausgebessert, um sie so zu bekommen wie sie jetzt war? Möglicherweise schwebte noch der Geist des Götzen Charun hier herum. Mein Kreuz jedenfalls meldete mir nichts. Als ich danach fasste, fühlte ich eine normale Kühle.
    An einigen Stellen warf die Oberfläche einen Reflex ab. Oder auch einen gewissen Glanz, den ich kannte. Er entstand, wenn ein normaler See zufror. Dünnes Eis lag dann wie kleine Scheiben auf dem Wasser.
    Bisher hatte mich tiefe Stille umgeben. Die wurde abgelöst von einem seltsam klingenden Geräusch. Es war kein Schreien, es war auch kein Knurren, es war etwas anderes. Jedenfalls klang es sehr dumpf, als würde einem Menschen oder einem Tier etwas tief in das Maul hineingestopft.
    Für mich war noch nichts zu sehen, aber das änderte sich, denn der See geriet in Bewegung. Das schwere Blut schwappte hin und her. Wellen entstanden, die gegen das Ufer und auch noch darüber hinweg schlugen.
    Meine Füße wurden ebenfalls davon erfasst. Ich spürte die Nässe durch meine Schuhe dringen, ging aber nicht sehr weit zurück, um das Blut nicht aus den Augen zu lassen.
    Es schwappte weiter. Aus der Tiefe wurde es zudem noch von einem grollenden Geräusch begleitet, und plötzlich schoss es als Säule in die Höhe.
    Es war wie eine Fontäne, die gegen die Decke klatschte und dort einen Pilz bildete. Dann fiel das Blut wieder nach unten, verteilte sich mit dem anderen Blut im See, um erneut Anlauf zu nehmen. Hier war alles in Bewegung geraten, und nicht nur der See. Ich hatte mich zu sehr ablenken lassen, so war mir entgangen, dass das alte Blut auch aus dem Boden gebrochen war.
    Es klebte plötzlich an meinen Beinen, stieg sehr schnell höher und ich merkte die Nässe an den Hosenbeinen.
    Es stand fest, dass dieses Blut die Welt hier unten überschwemmen würde. Mit dieser Masse hatte ich beim besten Willen nicht gerechnet. Bei den Etruskern mussten unzählige Menschen geopfert worden sein, deren Blut man gesammelt hatte. In ihm steckte der Keim des Dämons Charun. Er war Menschenfresser und Herr der toten Seelen.
    Ich musste den Rückzug antreten, wenn ich nicht in Blut baden wollte. Das im wahrsten Sinne des Wortes. Mit langen Schritten brachte ich

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