Bis das Blut gefriert
erinnerten. Es waren Treppen und auch Wasserleitungen freigelegt worden. Ein genau geplantes Netzwerk verschiedener Rinnen, durch das die Flüssigkeit laufen konnte. Da hatten die Etrusker sehr von den alten Römern gelernt.
Die planierte Stelle endete in der Nähe des Brunnens, wo die beiden anhielten. Der Motor verstummte mit einem letzten Stottern, dann fiel die schon atemlose Stille über die beiden jungen Menschen hinweg. Diese Ruhe empfand Rosanna stets als etwas Besonderes. Sie liebte es, in sie hineinhorchen zu können, und manchmal hatte sie das Gefühl, als könnte die Stille sprechen und ihr eine Botschaft bringen.
Das war Einbildung, doch Rosanna gab sich eben gern diesen Gedanken hin.
Flavio hatte den Roller auf den Ständer gestellt. Er trat zu seiner Freundin und umarmte sie von hinten, während er über ihre Brüste streichelte.
»Ist das nicht herrlich?«, fragte er leise.
»Wen oder was meinst du? Die Stille oder mich?«
»Beides.«
Rosanna umfasste die Gelenke und drückte die Arme nach unten. »Wollten wir nicht ein Picknick machen?«
»Das hatte ich vor.«
»Dann mal los.«
»Hast du denn schon Hunger?«
Rosanna lachte ihn an. »Schon wieder habe ich Hunger.« Dabei tänzelte sie auf den Roller zu. Dort war an der Rückseite die Box mit den Lebensmitteln befestigt.
Flavio half ihr dabei, die Box zu lösen. Sie stellten sie auf den Boden und öffneten den Deckel. »Ah«, sagte Rosanna und saugte den Geruch des Käses ein. »Das riecht ja super.«
»Dazu gibt es Wein und Brot.«
»Richtig.«
»Und Tomaten!«, rief sie.
»Reif und frisch.«
Beide priesen ihr Essen an wie die Marktfrauen und freuten sich dabei diebisch.
Sogar an eine Decke hatte Flavio gedacht, worüber sich seine Freundin wunderte. »Du kannst ja richtig fürsorglich sein«, sagte sie und fragte keck: »Gehört das bereits zu deiner Abnabelung vom Singledasein?«
»Wieso?«
»Wirst du Hausmann?«
Er verdrehte die Augen. »Nein, nein, so schlimm wird es mich nicht treffen – ehrlich.«
»Wäre nicht unübel.«
»Ha, erwischt. Du denkst schon an eine Hochzeit, wie?«
Rosanna gab keine Antwort und war auch froh, dass ihr Freund nicht sah, wie rot sie wurde. In der Tat hatte er einen schwachen Punkt bei ihr getroffen.
Sehr beschäftigt breitete sie die helle Decke neben dem Brunnen aus und holte den Käse, das Brot und die Tomaten aus der Box. Um den Wein und die Gläser hatte sich bereits ihr Freund gekümmert. Er war auch dabei, die Flasche zu öffnen.
»Ha«, sagte er und ließ Wein in das erste Glas gluckern. »Der sieht aus wie Blut.«
Rosanna schüttelte den Kopf. »Du kommst mir vielleicht mit Vergleichen. Bitte, hör auf damit.«
»Wieso? Was stört dich?«
»Das Wort Blut.«
»Und warum?«
»Ach, ich weiß auch nicht. Es geht ein Gerücht im Dorf um.«
»Davon hast du mir aber nichts erzählt.«
»Das weiß ich. Deshalb sage ich es dir jetzt. Angeblich soll man im Taufbecken der Kirche Blut gefunden haben. Das hat zumindest Camino, der Pfarrer gesagt.«
Dem jungen Mann blieb vor Staunen der Mund offen. »Bitte?«, hauchte er, »habe ich richtig gehört? Im Taufbecken war statt Wasser Blut?«
Rosanna nickte nur.
»Aber wieso? Weiß man denn, wer es hineingekippt haben könnte?« Er musste lachen, aber es klang nicht echt. »Das ist eine Schweinerei. Ich bin ja auch für manchen Spaß zu haben, doch Blut im Taufbecken... vielleicht Menschenblut?«
»Ich kann es dir nicht sagen, Flavio. Aber es ist Blut gewesen. Da müssen wir uns schon auf die Aussagen des Pfarrers verlassen. Deshalb hat es mich geschüttelt, als du den Wein mit Blut verglichen hast. Alles klar?«
»Kann ich sogar verstehen.« Er zog die Schultern hoch. »Ein mit Blut gefülltes Taufbecken ist schon ein Hammer.«
»Und es ist nicht alles gewesen«, fügte Rosanna hinzu. Sie stand da und schaute traumverloren auf die Decke mit den Lebensmitteln. »Es hieß, dass dieses Blut zu Eis geworden ist. Es war also nicht flüssig, sondern gefroren. Überleg mal. Du findest plötzlich in einem Taufbecken gefrorenes Blut.«
»Oh Scheiße. Und das mitten im Sommer.«
»Genau.« Rosanna setzte sich Flavio gegenüber auf einen viereckigen Stein. Die Beine winkelte sie an, und ihre Ellenbogen stützte sie auf die Knie. Selbst die Gänsehaut war nicht zu übersehen. »So etwas geht doch nicht mit rechten Dingen zu, finde ich.«
Ihr Freund sagte nichts. Er schenkte ihr das Glas halbvoll und reichte es rüber. Rosanna nahm es mit leicht
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