Bis das der Biss uns scheidet
wirst mich nicht einmal mehr erkennen. Du wirst mich … nicht lieben. Du wirst nicht mit mir zusammen sein. Es wäre . . . als wären wir uns nie begegnet.«
Jareth nimmt mich wieder in die Arme und drückt mich so fest, dass ich keine Luft bekomme, aber das spielt keine Rol e. Im Moment interessiert mich nichts anderes als seine Berührung, seine zärtlichen, starken Hände, die mich festhalten. Gegen alle Ver-nunft bete ich darum, dass die Zeit angehalten wird und dieser Augenblick ewig dauert.
Kann ich ohne Jareth leben? Meine große Liebe? Kann ich ein Leben ohne ihn an meiner Seite akzeptieren? Kann ich in ein Leben zurückkehren, in dem ich wieder ganz allein sein werde?
»Jetzt habe ich dich endlich wieder!«, flüstere ich heiser. »Wie kann ich dich da verlassen? Wie kann ich alles, was wir miteinander teilen, hinter mir zurücklassen?«
Jareth sieht mich zärtlich an und streicht mir eine tränenfeuchte Haarsträhne aus den Augen. »Rayne, ich habe fast mein ganzes Leben damit zugebracht, mich schuldig zu fühlen, weil ich meine Schwester im Stich gelassen habe. Das ist eine Folter, die ich nicht einmal meinem ärgsten Feind wünsche.« Er seufzt. »Wenn du das Angebot von Hades ablehnst, wirst du den Rest deines Lebens mit dieser Entscheidung leben müssen. Du wirst dich ständig fragen, was Sunny hier unten widerfahren ist. Ob es ihr gut geht, ob sie mit deinem Dad zusammenwohnt. Oder ob sie bis in al e Ewigkeit Qualen erleidet. Du wirst nie die Sicherheit haben und dich bis zum Wahnsinn fragen, ob du die richtige Entscheidung getroffen hast.« Er hält inne und sieht mich mit den traurigsten Augen der Welt an. »Und dann wirst du anfangen, mich zu hassen.
Weil ich der Grund dafür bin. Weil ich dich davon abgehalten habe, deine Schwester zu retten.«
Schockiert starre ich ihn an. »Ich würde dich niemals . . .«
Er unterbricht mich mit erhobener Hand.
»Das sagst du jetzt. Aber bist du sicher, dass du das immer so sehen wirst? Denn obwohl ich dich innig liebe, glaube ich nicht, dass ich damit leben könnte, die Ursache für einen so überwältigenden Kummer, solche Selbstvor-würfe zu sein. Ich kenne das Gefühl. Ich weiß, wie leicht es einen zerstören kann.«
Ich stöhne. »Aber wie kann Ich dich verlassen? Für immer?«
Jareth hebt mein Kinn an und zwingt mich, in seine schönen Augen zu sehen. »Mein Schatz, mein Liebling, meine Rayne«, murmelt er. »Du hast mal gesagt, dass unsere Liebe die Prüfung der Zeit überste-hen wird. Nun, jetzt stehen wir vor dieser Prüfung. Ich werde nicht weg sein. Ich werde mich viel eicht nicht an dich erinnern, aber ich werde da sein und auf dich warten, auch wenn ich nichts davon weiß. Du hast mich einmal dazu gebracht, mich in dich zu verlieben. Du hast mir geholfen, die Mauern meines selbst gebauten emotionalen Gefängnisses einzureißen. Meinst du nicht, du könntest das wieder tun?«
Ich nicke langsam und mein Herz platzt beinahe vor widersprüchlichen Emotionen.
»Aber was ist, wenn du dich diesmal nicht in mich verliebst?«, stoße ich hervor.
Er küsst mich so zärtlich auf die Stirn, dass ich es kaum ertragen kann. »Wie könnte ich mich nicht in dich verlieben? Du hast mich glücklicher gemacht, als ich es je für möglich gehalten hätte. Und außerdem«, er deutet ein Grinsen an, »außerdem kenne ich dich.
Und ich weiß, dass du kein Nein als Antwort akzeptieren wirst.«
Ich schmiege mich wieder in seine Arme und würde am liebsten in ihn hineinkriechen. Ich wil mir jede Berührung einprägen. Jede Liebkosung. Al es tief in meinem Herzen bewahren, bis ich es wieder spüren kann.
Denn ich weiß, dass er recht hat. Wir sind durch eine Kraft verbunden, die stärker ist als die Zeit. Und es gibt nichts im Universum - ob auf der Erde oder im Hades - , das uns trennen kann.
»Meine kleine Kriegerin«, murmelt Jareth.
»Du hast so hart gekämpft. Jetzt ist es an der Zeit, deinen Sieg zu akzeptieren.«
»Ich werde dich wiederfinden«, flüstere ich an seiner Brust. »Ich werde dich dazu bringen, mich zu lieben. Und wenn ich dir einen Ziegelstein über den Kopf ziehen muss!«
»Daran habe ich keinen Zweifel«, sagt er.
Dann küsst er mich.
Unser letzter Kuss.
Zumindest vorläufig . . .
32 Sunny
»Sunny! Rayne! Seid ihr zwei etwa immer noch im Bett? Ihr müsst gleich zur Schule!«
Ich reibe mir benommen die Augen und bin verwirrt, dass die Stimme meiner Mutter mich aus dem Schlaf reißt. Ist das ein Traum? Ich setze mich auf und sehe
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