Bis Das Feuer Die Nacht Erhellt
Hand auszuschalten.
Um fünf rief ich meine Mutter an, die in New Hampshire war. »Wollte mich nur mal kurz melden«, sagte ich. »Wie läuft’s mit der Arbeit?«
»Wie immer. Und du?«
»Ich bin im Enzo’s und versuche zu lernen, aber die Mango Smoothies rufen nach mir.«
»Jetzt machst du mich aber hungrig.«
»Hungrig genug, dass du nach Hause kommst?«
Sie gab einen von diesen »Das liegt nicht an mir«-Seufzern von sich. »Ich wünschte, ich könnte. Wir machen Waffeln und Smoothies zum Brunch am Samstag.«
Um sechs rief Vee an und überredete mich, sie zum Spinning im Fitness-Studio zu treffen. Um halb acht setzte sie mich am Farmhaus ab. Ich hatte gerade fertig geduscht und stand vor dem Kühlschrank auf der Suche nach der übriggebliebenen Chinapfanne, die meine Mutter gestern dort hineingestellt hatte, als es laut an der Haustür klopfte.
Ich spähte durch den Spion. Auf der anderen Seite der Tür machte Scott Parnell das Friedenszeichen.
»Die ›Battle of the Bands‹!«, sagte ich laut und schlug mir mit der Hand an die Stirn. Ich hatte völlig vergessen abzusagen. Dann sah ich an mir herab und stöhnte auf. Pyjamahosen.
Nach einem vergeblichen Versuch, Volumen in meine nassen Haare zu bringen, schob ich den Riegel zurück und öffnete die Tür.
Scott besah sich meinen Schlafanzug. »Du hast es vergessen. «
»Du machst wohl Witze, was? Ich hab mich den ganzen Tag darauf gefreut, bin nur ein bisschen spät dran.« Ich zeigte über meine Schulter Richtung Treppe. »Ich geh mich anziehen. Warum … machst du nicht ein bisschen Chinapfanne warm? Ist in der blauen Plastikdose im Kühlschrank.«
Ich nahm die Treppe nach oben immer zwei Schritte auf einmal, schlug meine Zimmertür zu und rief Vee an.
»Du musst jetzt sofort herkommen«, sagte ich. »Ich bin auf dem Weg zur ›Battle of the Bands‹ mit Scott.«
»Willst du mich eifersüchtig machen?«
Ich legte mein Ohr an die Tür. Es hörte sich an, als würde Scott in der Küche Schranktüren öffnen und schließen. Meinetwegen konnte er auf der Suche nach verschreibungspflichtigen Medikamenten sein oder nach Bier. Er würde in jeder Hinsicht enttäuscht sein, wenn er nicht die unrealistische Hoffnung hegte, von meinen Eisenpillen high zu werden. »Ich versuche nicht, dich eifersüchtig zu machen. Ich will nur nicht allein gehen.«
»Dann sag ihm, du kannst nicht mitkommen.«
»Die Sache ist die … eigentlich will ich ja hin.« Ich hatte keine Ahnung, woher dieser plötzliche Wunsch kam. Aber ich wusste, dass ich den Abend nicht allein verbringen wollte. Ich hatte den ganzen Tag lang Hausaufgaben gemacht, gefolgt von Spinning, und das Letzte, was ich heute Abend tun wollte, war, zu Hause zu bleiben und die Liste meiner häuslichen Pflichten abzuarbeiten. Ich war den ganzen Tag lang brav gewesen. Oder besser gesagt, mein ganzes Leben lang. Ich hatte mir ein bisschen Spaß verdient. Scott war nicht das
beste Date der Welt, aber sicher auch nicht das allerschlechteste. »Kommst du jetzt mit oder nicht?«
»Ich muss zugeben, es klingt viel besser als in meinem Zimmer den ganzen Abend lang spanische Verben zu konjugieren. Ich rufe Rixon an und frage ihn, ob er auch Lust hat.«
Ich legte auf und machte eine schnelle Bestandsaufnahme meines Kleiderschranks. Schließlich entschied ich mich für ein blassrosa Oberteil aus Seide, einen Minirock, matte Strumpfhosen und Ballerinas. Ich sprühte Parfüm in die Luft und ging hindurch, um einen leichten Grapefruit-Duft aufzulegen. Insgeheim fragte ich mich, warum ich mir eigentlich die Zeit nahm, mich für Scott zurechtzumachen. Er würde mit seinem Leben nichts anfangen, wir hatten nichts gemeinsam, und bei unseren kurzen Unterhaltungen hatten wir uns meist Beleidigungen an den Kopf geworfen. Und nicht nur das, außerdem hatte mir Patch gesagt, ich solle mich von ihm fernhalten. Und da ging es mir auf. Es bestand die Möglichkeit, dass Scott eine leise Anziehungskraft auf mich ausübte, weil ich irgendeinen tiefsitzenden, psychologischen Grund dafür hatte, der mit Trotz und Rache zu tun hatte. Und das alles führte wieder zu Patch zurück.
So wie ich das sah, konnte ich mich zwischen zwei Dingen entscheiden: zu Hause sitzen und Patch mein Leben diktieren lassen oder aber mein Sonntagsschul-Ich ablegen und ein bisschen Spaß haben. Und wenn ich auch nicht bereit war, das zuzugeben, so hoffte ich doch, dass Patch herausfinden würde, dass ich mit Scott zur »Battle of the Bands« gegangen war. Und
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