Bis das Glück mich findet
dem Restaurant gefiel ihr. Sie konnte sich Gesichter gut merken und wusste bald, wer zu den Stammkunden gehörte. Und sie hatte ein gutes Gedächtnis für die Lieblingsgerichte ihrer Gäste und pflegte sie zu fragen, ob sie heute wieder »das Übliche« wünschten, womit sie ihnen das Gefühl gab, willkommen und ein bisschen was Besonderes zu sein. Und sie brachte nie ihre Bestellungen durcheinander.
Und als nun allmählich die Antwortschreiben auf ihre Bewerbungen eintrudelten, von den Banken und Baufirmen und Versicherungsgesellschaften, und wo immer sie sich sonst beworben hatte, und man ihr mitteilte, dass die Stelle inzwischen an »besser geeignete« Bewerber vergeben sei oder dass man sie auf eine Warteliste gesetzt habe und im Verlauf des Jahres eventuell auf sie zurückkommen werde, empfand sie weder Verzweiflung, noch fühlte sie sich zurückgewiesen. Die Arbeit in dem Restaurant machte ihr Spaß, und sie war glücklich, auch wenn Evelyn sie bedrängte, sich doch einen ordentlichen Bürojob zu suchen.
Ihr Privatleben profitierte ebenfalls, denn nach der Arbeit traf sie sich nun des Öfteren mit jungen Kollegen und Kolleginnen, ging mit ihnen auf einen Drink ins Old Stand oder Bruxelles, gesellige, lebhafte Pubs, in denen sie sich wohlfühlte. Dominique genoss die Gesellschaft von anderen jungen Menschen, die sie nicht von Kindheit an kannten und keine Ahnung hatten, wie sie als pickliger, unbeholfener Teenager gewesen war. (Sehr zu ihrer Freude waren die Pickel von allein verschwunden, kaum dass sie die Schule verlassen hatte, und auch wenn sie beim Schminken noch nicht ganz den Bogen raushatte, merkte sie doch, dass sie allmählich so etwas wie einen persönlichen Stil entwickelte.) Sie traf sich nun häufiger mit ihren neuen Freunden statt mit Emma und ihrer alten Clique. Kurzum, Dominique hatte das Gefühl, allmählich aus ihrer Vergangenheit auszubrechen und sich auf den Weg in ihre Zukunft zu begeben.
Evelyn und Seamus waren beide nicht recht glücklich mit dem neuen Lebensstil, den Dominique sich angewöhnte. Was der Sinn und Zweck dieses ganzen Feierns sei, wollten sie wissen. Ihrer Ansicht nach war das Leben eine Reise mit dem Ziel, eine bessere Welt zu erreichen, und deshalb hätten sie es gern gesehen, wenn ihre Tochter ein eher spiritueller Mensch gewesen wäre wie Gabriel und ihre Freizeit genutzt hätte, um gute Werke zu tun, und nicht, um einfach Spaß zu haben. Dominique jedoch war sich darüber im Klaren, dass sie kein spiritueller Mensch war. Und jetzt schon gar nicht mehr, wo sie ihr eigenes Geld verdiente und oft erst lange nach Mitternacht heimkam, ein Umstand, der zu heftigen Streitereien zwischen ihr und ihrer Mutter führte.
Die Bittgebete, die Evelyn vor dem Einschlafen betete, wurden immer umfangreicher und inständiger, besonders wenn Dominique bis zum Morgengrauen wegblieb und Kleidung in den Wäschekorb warf, die nach Rauch und Alkohol roch.
»Ehrlich, dafür kann ich nichts«, versicherte sie, als ihre Mutter ihr wieder einmal Vorhaltungen machte. »Ich trinke den ganzen Abend lang höchstens ein, zwei Drinks, und ich rauche nie. Ich weiß nicht, weswegen du dich so aufregst.«
Evelyn wies ihre Tochter darauf hin, wie schnell Ausschweifungen zur Gewohnheit werden könnten und wie gefährlich es sei, zu viel zu trinken, weil man nie wisse, wo das alles hinführen würde. Und natürlich sei es eine Sünde, ermahnte Evelyn Dominique besonders nachdrücklich, vor der Ehe Sex zu haben, außerdem würde kein Mann sie mehr nehmen, wenn sie eine Frau mit Vergangenheit wäre. Dominique schaute ihre Mutter irritiert an. Sie glaube nicht, dass Gott seine Zeit damit verbringen würde, ihr Sexualleben zu überwachen, erwiderte sie schnippisch, doch falls dem tatsächlich so wäre, dann könne mit IHM garantiert irgendetwas ganz Entscheidendes nicht in Ordnung sein, und außerdem habe sie keine Vergangenheit. Leider, dachte Dominique bisweilen. Abgesehen davon, dass sie nach ihren nächtlichen Kneipenbesuchen ein paarmal mit Männern herumgeknutscht hatte, hatte sie bisher noch nie mit einem von ihnen geschlafen. Auch wenn sie wusste, dass ihre Angst völlig irrational war, wurde sie dennoch die Vorstellung nicht los, dass ein göttlicher Blitzstrahl sie umgehend treffen würde, wenn sie sich von einem Mann entjungfern ließe, den sie kaum kannte.
An einem Freitag, als Brendan Delahaye zum dritten Mal in den American Burger kam, um dort Mittag zu essen, bediente Dominique ihn. Sie
Weitere Kostenlose Bücher