Bis das Glück mich findet
fragen würde, so war das bestimmt nichts Gutes, und es wurde gewiss auch dadurch nicht besser, dass Eltern ihren Kindern dauernd diese Kosenamen gaben.
Also hieß es immer nur Dominique, obwohl Evelyn selbst den Namen so aussprach, dass es wie die männliche Version klang – Dominik. Während ihrer Schwangerschaft war Evelyn überzeugt gewesen, dass sie einen zweiten Jungen erwartete, und hatte bereits einen entsprechenden Namen für ihn ausgesucht. Als es dann ein Mädchen wurde, war sie zunächst ziemlich perplex, doch sie hatte dem heiligen Dominik versprochen, dass sie ihr Kind nach ihm nennen würde, und was sie einmal versprochen hatte, das hielt sie auch.
Evelyn betete, ihre Tochter möge gesegnet sein mit Anstand und Ehrgefühl, Eigenschaften, die man diesem Heiligen nachsagte, desgleichen mit seinem Hang zur Nächstenliebe. Evelyn selbst engagierte sich sehr für wohltätige Zwecke und hatte sich eingereiht in das Heer freiwilliger Helferinnen, die die Gemeindekirche putzten und polierten, bis sich der Geruch nach Bienenwachs-Möbelpolitur mit dem Duft der allwöchentlich erneuerten Blumenarrangements vermischte und die Kirchenbänke in dem Licht, das durch die Buntglasfenster ins Innere fiel, schimmerten und glänzten. An dem Tag, an dem sie mit Dominique aus der Entbindungsklinik nach Hause kam, hängte Evelyn an der Wand über dem Stubenwagen ein Bild des Heiligen auf, der in einer Hand die Bibel, in der anderen eine Lilie hielt, und bat ihn, ihr Kind zu segnen und das kleine Mädchen auf den Pfad der Tugend zu führen. Als das kleine Mädchen jedoch größer wurde und nicht mehr in den Stubenwagen passte, sondern in einem Bett schlief, bat es seine Mutter inständig, das Bild zu entfernen mit der Begründung, es mache ihm Angst; Evelyn jedoch tat dieses Ansinnen als Unfug ab und erklärte ihrer Tochter, dass der heilige Dominik dort an der Wand hing, um auf sie aufzupassen, und zwar ihr Leben lang. Erst als Dominique in die Pubertät kam, wagte sie es endlich, das Bild abzunehmen. Sie ersetzte es durch ein großes Poster von Sting, für den sie schwärmte und dessen Texte, wie sie ihrem Bruder Gabriel erzählte, ihr sehr viel mehr bedeuteten als all diese Gebete. Sie hängte auch Poster von Simon Le Bon und Annie Lennox in ihrem Zimmer auf. Bei ihrem Anblick schürzte Evelyn missbilligend die Lippen, musste jedoch bald einsehen, dass bei ihrer Tochter alles Reden reine Zeitverschwendung war.
In der Schule versuchte Dominique, ihren Namen zu Nikki abzukürzen, aber irgendwie hatte sie damit bei ihren Schulfreundinnen keinen rechten Erfolg. In der Holy Trinity School of Girls, Dominiques katholischer Mädchenschule, gab es bereits zwei Nikkis, und beide waren sie hinreißend und umwerfend, und deshalb musste auch sie zwangsläufig hinreißend und umwerfend sein, um als Nikki durchgehen zu können. Leider besaß Dominique weder die glänzende blonde Mähne und die babyblauen Augen von Nikki McAteer noch das kräftige, dicht gelockte, kastanienbraune Haar und den makellosen Teint von Nikki Dunne, und deshalb blieb es bei Dominique, beziehungsweise Dommy, wie sie bisweilen auch gerufen wurde. Ein Spitzname, den sie aus tiefster Seele hasste, weil er so gar nicht die Vorstellung von dem Mädchentyp wachrief, der sie sein wollte. Was sie anstrebte, war der Typ eines Mädchens, das vielleicht nicht ganz so oberflächlich wie jene Mitschülerinnen ganz oben auf der Beliebtheitsskala war (deren Interessen ausschließlich Klamotten, Kosmetik und Jungs galten), aber das auf jeden Fall hübsch war, mit dem man gern Umgang hatte und das zu Partys und anderen gesellschaftlichen Highlights eingeladen wurde, und zwar ganz selbstverständlich.
Doch von seinen Mitschülerinnen gemocht zu werden war schwierig, fand Dominique, wenn man mit Eltern wie Seamus und Evelyn geschlagen war; und es war auch alles andere als einfach, das Beste aus ihrem an sich passablen Knochenbau und ihrer schlanken Figur zu machen, wenn ihr porzellanblasser Teint zu Pickeln und roten Flecken neigte und ihr fast schwarzes, schulterlanges Haar einfach nur langweilig und glatt herunterhing. Zu allem Unglück, wie Dominique meinte, musste sie, weil sie kurzsichtig war, auch noch eine Brille tragen, und obgleich ihr der Optiker versicherte, die rechteckige Schildpattfassung (die einzige, die sie sich leisten konnte) sehe wirklich fantastisch an ihr aus, wusste sie doch genau, dass sie nicht wirklich ihrem Gesicht schmeichelte.
Dominique hätte
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