Bis dass der Tod euch scheidet
Fjorden und Bergen, von blauen Seen und bärtigen Männern mit langen Haaren. Es fröstelte ihn, so dass er das Zucken seines Körpers auf die innere Kälte zurückführte, dabei waren es die Medikamente und wirren Träume, die ihn um einen ruhigen Schlaf brachten.
Immer wieder erschauderte es ihn. Er hörte raue, krächzende Stimmen. Dunkle Stimmen. Sie spukten in seinen Gedanken, klangen derb und männlich, und wirkten dennoch erregend auf ihn …
Als er wacher wurde, vernahm er eine wärmende Berührung. Jemand hielt seine Hand und drückte sie ganz fest. Und je heftiger das Zittern an seinem Körper wurde, desto stärker wurde dieser Griff.
Es dauerte eine ganze Weile, bis Dylan die Lider öffnen konnte. Er hatte am Morgen starke Schmerzen gehabt. Offensichtlich hatte man ihn mit ebenso starken Medikamenten ruhig gestellt.
Jetzt wurde er wacher, sein Geist reger. Und er bemerkte die Person, die neben seinem Bett saß und noch immer seine Hand hielt.
„Thor?“ Er atmete aufgeregt aus. „Thor? Du bist frei?“
Fahlstrøm hob den Kopf, den er zuvor nachdenklich gesenkt hatte und nickte still.
Dylan seufzte hörbar. „Bin ich froh …“
Nichts hatte er sich in den letzten Tagen sehnlicher gewünscht, als das. „Es tut mir so leid“, fuhr er fort. „Aber ich konnte es nicht verhindern.“
„Schon gut“, antwortete Fahlstrøm knapp. Noch immer hielt er Dylans Hand. „Es ist okay.“
„Aber nein …“ Dylan zog die Mundwinkel nach unten. „Es war nicht okay. Es hätte nicht passieren dürfen.“
Schon wieder eine Diskussion. Thor sah abermals zu Boden, und Dylan hatte für einen kurzen Moment die Befürchtung, dass er seine Hand zurückziehen würde. Dabei tat sie so gut. Sie tröstete, sie wärmte, sie beruhigte.
„Schön, dass du hier bist“, entwich es Dylan leise. Der Griff an seiner Hand wurde wieder fester, aber Thor sah nicht auf. Sie konnten sich nicht in die Augen sehen. Jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt. Aber für Dylan war das in Ordnung. Es war eingetroffen, was er ersehnt hatte, mehr wollte er nicht.
Ohne Worte vergingen so einige Minuten, bis sich plötzlich die Tür ruckartig öffnete. Herein trat Tony, bepackt mit Süßigkeiten, Zeitschriften und einem Stapel frisch erworbener Kleidungsstücke. Er legte die Sachen allerdings sofort auf den Tisch, als er sah, wer an Dylans Bett wachte.
„Hey, was machst du da?“, schrie er sofort und kam näher, um Dylan aufmerksam zu mustern. „Nimm’ die Hand von ihm! Lass ihn los!“
Es war nicht wirklich ersichtlich, wen der beiden Männer er damit meinte, als er auf die sich fest umklammernden Hände starrte, die sich zuerst nicht voneinander lösen wollten.
„Tony, bitte. Reg dich nicht so auf“, bat Dylan. Doch Tony hörte erst gar nicht. Stattdessen fixierte er Fahlstrøm eindringlich.
„Verschwinde.“ Er deutete zur Tür. „Du hast hier nichts zu suchen. Bitte, geh!“
Seine Stimme erklang zornig, allerdings konnte er Fahlstrøms starrem Blick auch nicht lange standhalten und sah schließlich zu Boden.
Dylan rechnete mit dem Schlimmsten. Er machte sich auf einen großen Streit gefasst, vielleicht auf Handgreiflichkeiten, die er in seinem Zustand nicht verhindern hätte können, doch nichts dergleichen geschah.
Er spürte nur, wie der Griff an seiner Hand sanfter wurde, sich lockerte und Thor schließlich aufstand und ihn komplett losließ.
Alles geschah ganz ruhig, man hörte nur Thors Lederkleidung ein wenig knirschen, doch eine brodelnde Spannung lag in der Luft. Thors Blick wurde starr, sein hageres Gesicht zuckte wild. Dennoch blickte er Tony nur an, als würde er rein gedanklich einen Angriff anstreben, dann verließ er ohne Worte das Zimmer.
„Was sollte denn das?“ Eine große Verzweiflung machte sich in Dylan breit. Er sah zur Tür, die laut zugefallen war und sich nicht wieder öffnete.
„Dass der überhaupt noch den Mut aufbringt, hierher zu kommen“, fluchte Tony leise vor sich hin. Ohne weiter auf Dylans Worte einzugehen, sortierte er die Einkäufe. Er hatte frische Unterwäsche besorgt und einen Pyjama aus schwarzem Satin, zudem Dylans Lieblingssnacks.
„Du kannst ihn nicht verantwortlich machen, für das, was geschehen ist. Es war ein Unfall.“
Tony antwortete nicht. Anscheinend wollte er es gar nicht hören und zeigte sich uneinsichtig.
„Sieh zu, dass du wieder auf die Beine kommst“, sagte er stattdessen. „Ich möchte, dass du so schnell wie möglich in ein englisches Krankenhaus
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