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Bis du erwachst

Bis du erwachst

Titel: Bis du erwachst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lola Jaye
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Kinderpsychologie studieren wollte. Oder doch? Vielleicht war Cara so mit sich beschäftigt gewesen, dass sie nicht richtig zugehört hatte? Denk nach, Cara, denk nach! Sie krampfte die Hand um das Papier und versuchte sich in Erinnerung zu rufen, ob Lena irgendwann einmal davon gesprochen hatte, dass sie studieren wollte. Sie sah auf die zitronengelbweiße Uhr, die wie eine riesige Margerite geformt war, und dann fiel es ihr wieder ein.
     
    «Was gibt’s?», hatte Cara gefragt. Sie war gerade dabei, einem Gast seinen Martini zu servieren. Lena hopste ungeschickt auf einen Barhocker. Ihr Haar war noch krauser als sonst. Es war Mittwoch Abend, und die Bar füllte sich allmählich.
    «Kämmst du dir eigentlich jemals die Haare, Lena?»
    Lena unterdrückte ein Gähnen. «Zitronen.»
    «Wovon redest du?»
    «Ich brauche ein paar Zitronen, weil ich für einen Kollegen bei der Arbeit einen Kuchen backen will. Hast du davon nicht immer jede Menge?»
    «Warum schaust du nicht bei Marks&Spencer vorbei und kaufst einen Kuchen?»
    «Weil das vielleicht ein bisschen teuer ist – außerdem habe ich schon alle Zutaten zu Hause, bis auf die Zitronen. Und so ist es auch persönlicher.»
    «Oder du hattest einfach keine Lust, einkaufen zu gehen. Macht zwei Pfund fünfzig», sagte sie, an den Gast gewandt. An jenem Abend war viel Betrieb gewesen, was sehr erfreulich war, vor allem, da es erst Mitte der Woche war.
    «Cara, ich habe über etwas nachgedacht.»
    «Worüber denn?», erwiderte sie, leicht irritiert. Sie hoffte, dass ihre Schwester nicht ausgerechnet jetzt ein ernsthaftes Gespräch führen wollte. Momentan war das Personal knapp, und sie arbeitete schon seit ein Uhr.
    «Ich denke daran, wieder zu studieren.»
    «Warum? Macht drei fünfzig, bitte. Danke», sagte sie zum nächsten Gast.
    «Es ärgert mich einfach, dass bei mir die Anrufe von Kindern in Not reinkommen, ich sie aber an eine Stelle mit qualifizierteren Leuten weitervermitteln muss. Ich will diese qualifiziertere Person
sein
. Ich will diejenige sein, die den Kindern hilft. Ich meine, ihnen wirklich hilft.»
    «Ach so.» Die Tür ging auf, und herein kam eine Horde junger Männer, die aussahen, als freuten sie sich auf einen echten Saufabend.
    «Lena, können wir später darüber reden?»
    «Okay.» Lena seufzte.
    «In einer Stunde, oder in meiner Pause», schlug Cara vor.
    «Ich muss bald gehen und mit dem Kuchen anfangen.»
    «Könntest du nicht dableiben und mir ein bisschen helfen? Mir fehlen grad ein paar Leute.»
    «Aber, Cara, ich hab schon eine anstrengende Schicht bei Kidzline hinter mir.»
    «Ach, bitte. Ich bezahl dich auch,
und
wir können reden. Versprochen.»
    «Was, etwa den Mindestlohn?»
    «Und die Zitronen für deinen Kuchen?»
    «Du weißt, dass ich das nur für dich mache, nicht wegen des Geldes», sagte sie, als Cara ihr ein Bierglas reichte.
     
    Zum «Reden» kamen sie an jenem Abend natürlich nicht mehr. Lena arbeitete volle drei Stunden und vergaß danach sogar die Zitronen.
    Das Schlimmste aber war, dass Cara ihr Versprechen nicht gehalten hatte.
    Beschämt schloss Cara die Augen und sah das weiße Kärtchen gar nicht, das aus dem Papierstapel flatterte.
    «Was ist das denn?», fragte Millie und hob es wieder auf. Kitty saß immer noch am Boden. Sie zog bunte Socken aus dem Schrank, eine leere Tasche, einen Ledergürtel mit silberner Herzschnalle und starrte die Sachen mit leerem Blick an.
    Millie reichte Cara die Karte. Kitty zog sich an einem Bettende hoch, den Herzgürtel in der Hand.
    «Seit ich fünfzig bin, kommen all diese Zipperlein. Verdammt», brummte sie.
    «Eine Visitenkarte», flüsterte Millie.
    «Das sehe ich selber», erwiderte Cara und drehte die Karte um.
    Michael Johns. Salesmanager.
Rufen Sie mich an.
    Und eine Telefonnummer.

9
    Das schrille Läuten des Telefons schreckte ihn auf.
    «Hallo?»
    «Hallo Michael, kannst du ins Krankenhaus kommen?»
    «Charlotte? O nein, was ist denn passiert?»
    «Reg dich nicht auf. George hatte einen Unfall – er hat sich im Garten geschnitten. Aber es ist nichts Ernstes. Eigentlich brauche ich nur ein wenig Gesellschaft. Vor allem, da sein Vater in Spanien ist, mit seinem magersüchtigen, geistlosen Flittchen. Ich brauche jemanden, an dem ich meine Minderwertigkeitskomplexe auslassen kann.»
    «Ich komme sofort. Welches Krankenhaus?»
    «Das Fen Lane.»
     
    «Geh ruhig wieder, das dauert hier sicher noch eine ganze Weile», sagte Charlotte beinahe zwei Stunden später. Sie hielt

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