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Bis du erwachst

Bis du erwachst

Titel: Bis du erwachst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lola Jaye
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prüfen kann? Ich habe sie in einer Küchenschublade gefunden. Ich geh sie holen. Wo ist eigentlich Millie?»
    «Duscht. Sie ist erst heute früh heimgekommen!», sagte Kitty und zwinkerte, was Cara beinahe ebenso geschmacklos fand wie die Tatsache, dass Millie offenbar in ganz Südlondon herumvögelte, während Lena im Krankenhaus lag. In einem passenden Moment würde sie mit ihr deswegen noch ein Hühnchen rupfen.
    «Am besten gehen wir alle in ihr Zimmer, um nach den Papieren zu suchen», schlug Cara vor. Ihr war plötzlich unwohl bei dem Gedanken, Lenas Zimmer zu betreten.
    «Ich weiß, was du meinst. Drei Paar Augen sehen mehr als eins.»
    «Genau.»
    «Es ist doch nur ein Zimmer, oder?»
    «Ja», erwiderte Cara. Aber natürlich war es nicht nur ein Zimmer. Es war Lenas Zimmer, und die Vorstellung, in den privaten Raum ihrer Schwester einzudringen, erfüllte sie plötzlich mit Unbehagen. «Wir brauchen Papiere, Abrechnungen, Ausgaben. Vor allem, weil ihr Notizbuch wie vom Erdboden verschluckt ist. Ich muss mich unbedingt vergewissern, dass alles in Ordnung ist. Ich weiß zum Beispiel, dass sie eine Versicherung hat – du weißt schon, für den Fall, dass sie nicht mehr arbeiten kann.»
    «Verstehe», sagte Kitty. Sie setzte sich auf das kleine Sofa gegenüber und faltete die Hände. Sie schwiegen.
    «Mir gefällt, was du mit deinen Haaren gemacht hast, es steht dir. Ich muss mich mit Perücken behelfen, bis ich wieder in Southampton bin. Mein Haar vertraue ich nur Marina an. Ja, so kurz steht es dir wirklich gut», sagte Kitty plötzlich leise.
    Verlegen strich sich Cara eine Haarsträhne hinters Ohr und murmelte: «Danke.» Plötzlich fühlte sie sich ganz schüchtern und war froh, dass ihrer Mutter der neue Haarschnitt aufgefallen war. Dann sah sie auf die Uhr und erhob sich von dem weichen Sofa. «Ich koch mir einen Kaffee, während wir auf Millie warten. Möchtest du auch einen?»
    «Ja, gern.»
    Cara versuchte sich zu erinnern, wie Kitty ihren Kaffee trank. Aber es wollte ihr einfach nicht mehr einfallen.
    «Keinen Zucker bitte. Meine Figur ist auch nicht mehr das, was sie mal war. Früher war ich mal so zart und schlankwie du. Du erinnerst mich an mich in deinem Alter, weißt du.»
    Dieser Kommentar löste in Cara ein Gefühl blanken Entsetzens aus, wobei sie sich nicht sicher war, wieso sie es so heftig empfand. Sie beschloss, es einfach zu ignorieren, und streckte sich auf Zehenspitzen nach dem Schrank. In der Küche roch es nach Desinfektionsmittel, und sie fühlte sich kurz ans Krankenhaus erinnert. Ob sie den Krankenhausgeruch je wieder würde vergessen können? Sie kramte im Schrank und entdeckte Lenas Tasse. Ein riesiges Gerät, weiß mit schwarzen Tupfen. Als sie das letzte Mal in diesen Schrank geschaut hatte, hätte sie nie gedacht, dass beim nächsten Mal Kitty im Zimmer nebenan sitzen würde, während Lena   … Sie trat ans Spülbecken und beugte sich darüber. Reiß dich zusammen, dachte sie. Ich muss stark sein. Um mit Kitty zurechtzukommen. Um überhaupt mit allem zurechtzukommen, das sich mir in den Weg stellt.
    Sie stellte die Kaffeetassen auf das Tablett. Millie kam herunter, in Jeans und mit nassem Haar. Selbst frisch geduscht und ohne das geringste Make-up sah sie einfach atemberaubend aus, das musste man ihr lassen. Was vermutlich die Tatsache erklärte, dass sie nie ohne Mann war.
    «Seid ihr so weit?», fragte Kitty nach dem letzten Schluck Kaffee. Eigentlich war Cara ganz und gar noch nicht bereit, die Tür zu Lenas Zimmer zu öffnen – weder heute noch morgen, noch nächste Woche. Sie konnte hier ihr Herz schlagen hören. Die ganze Zeit schon hatte ihr vor dem Tag gegraut, an dem sie in die Privatsphäre ihrer Schwester eindringen und wie ein Dieb in ihren Sachen herumwühlen würde. Aber es musste sein, sagte sie sich. Es musste sein.
    Millie war auch noch nicht bereit. Normalerweise lief siehastig an Lenas Tür vorbei, das war einfacher für sie. Was sie nun vorhatten, war verdammt hart.
    Kittys Handy klingelte, doch bis sie es aus ihrer Handtasche gekramt hatte, war es schon wieder verstummt.
    Sie legte die Hand auf den Türknauf und drehte ihn langsam. In dem Raum roch es schwach nach Zitronengras. Die Wand gegenüber war in einem warmen Cremeton gestrichen und teilweise mit einer schokobraunen Blumentapete tapeziert. Über dem Bett hing ein mahagonigerahmtes Bild von einem Kind mit Dreadlocks. Das Bett selbst war groß, die Messingknäufe waren mit roten Lichterketten

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