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Bis du erwachst

Bis du erwachst

Titel: Bis du erwachst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lola Jaye
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Stück die Treppe hinunter stand eine Frau mit zwei riesigen Koffern und rief dem kleinen Mädchen etwas zu.
    «Va! Monte l’escalator, Solange! Va!»
    Das kleine Mädchen erinnerte sie an irgendjemanden. Sie sah aus wie jemand, vielleicht wie Millie als Kind. Die Kleine hatte wilde Locken, bedeckt von einer fleckigen Wollmütze, und trug einen hübschen Mantel mit passendem Schal. Wie zur Salzsäule erstarrt, stand sie oben an der Rolltreppe.
    «Solange!», kreischte die Frau, die immer weiter die Rolltreppe hinunterfuhr. Cara wusste nicht recht, was sie tunsollte, bis die Frau ihr zuschrie: «Bitte, liebe Lady, nehmen Sie sie an die Hand!»
    Cara sah sich um. Zwei bullige Typen mit Bierdose kamen auf sie zu. Sie tat, was der Instinkt ihr diktierte, und bot dem Kind ihre manikürte Hand.
    «Darf ich bitten?», fragte sie, was, wie sie im Nachhinein dachte, vielleicht ein wenig gestelzt geklungen hatte. Aber, du liebe Güte, so oft hatte sie nun wirklich nicht mit Kindern zu tun. Nun ja, außer mit Millie.
    Zu ihrer Überraschung hörte die Kleine zu weinen auf und legte ihre winzige Hand in Caras, und dann fuhren sie gemeinsam mit der Rolltreppe nach unten. Es war wirklich ein weiter Weg, Cara hatte ihn gar nicht so lang in Erinnerung.
    Sie versuchte ein Gespräch anzufangen, brachte aber kaum einen zusammenhängenden Satz auf Französisch zusammen. «Wie heißt du denn?» Alberne Frage, schließlich hatte ihre Mutter ununterbrochen
«Solange!»
gerufen.
    Mehr Schulfranzösisch hatte sie leider nicht zu bieten. Aber das Kind stand ohnehin wie erstarrt neben ihr, und im Gegensatz zum Beispiel zu Michaels Neffen war es nicht frech. Es brachte nur kein Wort heraus, weil es so verängstigt war. Es rührte Cara, dass dieses süße kleine Mädchen mit den wilden Haaren, den langen Wimpern und der unglaublich zarten Haut panische Angst vor der Rolltreppe hatte. Ihre Unschuld, ihr totales Vertrauen in Cara war erstaunlich und auch erschreckend. Ein Kind. Das ihr vertraute. Wie konnte das sein, wenn sie sich nicht mal selbst vertraute?
    Unglaublich!
    Unten geriet Bewegung in die Kleine. Sie lief in die ausgebreiteten Arme ihrer ziemlich ärgerlichen Mutter.
    «Maman!»
, sang das Kind.
    «Vielen, vielen Dank. Das war wirklich dumm von ihr!», sagte die Frau warm.
    «Schon gut. Ich bin froh, dass es ihr gutgeht.»
    «Bedank dich bei der netten Dame.»
    «Danke.» Das Kind lächelte schüchtern, und Caras Herz tat einen Satz. Und das nicht etwa, weil das Kind so süß war. Sondern weil sie plötzlich wusste, an wen es sie erinnerte. Nicht an Millie.
    Sondern an sie selbst.
     
    Michael drückte ABSCHICKEN auf seinem Computer. Sein Magen zog sich vor Aufregung zusammen.
    Er hatte gerade über sechshundertfünfzig Pfund für einen Urlaub auf Sri Lanka ausgegeben. Es war nur eine Woche, und wie befürchtet hatte man ihm Einzelzimmerzuschlag berechnet, aber das war ihm jetzt egal. In gut acht Wochen würde er einen ihm völlig unbekannten Teil der Welt sehen, und er konnte es gar nicht erwarten.
     
    Schwester Gratten hatte Dienst und hatte Cara erlaubt, sich ein paar Minuten zu Lena zu setzen, obwohl die Besuchszeit schon vorüber war. «Sie hat mich nachdenklich gemacht, richtig nachdenklich, die kleine Solange. Eigentlich wollte ich mich jetzt mit Ade treffen, aber ich musste absagen. Ich konnte einfach noch nicht. Stattdessen bin ich zu dir gekommen, Schwester, weil ich mit dir reden muss.» Sie ließ den Blick auf dem rosa C D-Player neben den Blumen ruhen. «Ich habe das ärmellose Kleid an. Das blaue, ich glaube, du kennst es noch nicht. Ich habe es gekauft, kurz bevor du   … also, es ist jedenfalls ein bisschen formlos, aberdu kennst mich. Die richtigen Schuhe dazu, die richtige Tasche, damit kann fast alles sexy aussehen.»
    Cara lächelte bedrückt. «Ich konnte mich heute einfach nicht mit Ade treffen, ich bin so durcheinander. Mir geht so viel durch den Kopf: das, was Michael gesagt hat, du, Babys, Solange – einfach alles. Und so habe ich das gemacht, worin ich offensichtlich besonders gut bin: Ich bin weggelaufen. Wer sagt, ich würde nicht nach meinen Eltern schlagen?
    Ich weiß, dass ich mich mit Ade aussprechen muss, und das will ich auch. Zuerst muss ich mir aber klar darüber werden, was ich überhaupt will, und mittlerweile weiß ich es nicht mehr. Verdammt, wenn du nicht in diesen Tiefschlaf gefallen wärst, wäre all das nicht passiert. Wir hätten alle so weitergemacht wie bisher. Wir hätten Michael

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