Bis du erwachst
war meiner», fuhr Meg fort.
«Was war deiner?»
«Mein Schuh. Der hier.»
Bei näherer Betrachtung sah Cara, dass die Sandalette sehr hübsch gearbeitet war. Pailletten, Perlen, und an der Seite eine riesige Schnalle. Eine sehr geschmackvolle Kombination. Konzentrier dich! Konzentrier dich! Jetzt war wirklich nicht der richtige Augenblick, sich dem Schuhfetischismus hinzugeben. Cara spürte, dass gleich etwas Entsetzliches passieren würde.
«Ich bin schuld. Ich habe … ich habe mit Justin geschlafen!», gestand Meg, und ihre Stimme war tränenerstickt. Sie stellte die Sandalette auf den Boden.
«Du hast mit Justin geschlafen? Mit Lenas Justin?», fragte Kitty ungläubig.
«Ja. Und das ist noch nicht alles.»
«Weiter», drängte Cara.
«Sie ist die Treppe runtergefallen, als sie uns beide …»
«Nicht!», jammerte Justin.
«… im Bett erwischt hat.»
«Ich glaub es nicht!», schrie Cara.
«Glaub es ruhig. Es passt alles zusammen. Deswegen wollten sie auch nie herkommen und meine Tochter besuchen», sagte Kitty.
Meg liefen die Tränen das Gesicht hinunter. «Es tut mir so leid», sagte sie und wischte sich mit dem Handrücken über das verweinte Gesicht. Cara war versucht, ihr eine Ohrfeige zu geben, die sich gewaschen hatte, ließ es dann aber. Lieber warten, bis es keine Zeugen und keine rasche medizinische Versorgung gab.
Sie stützte den Kopf in die Hände und sah dann auf. «Weißt du, einem so … selbstgefälligen Idioten wie Justin traue ich ja alles zu, aber dir?» Sie lachte abschätzig. «Ich hab dich immer als das stille Mäuschen gesehen, das die Nase in ihre Bücher steckt. Die kluge kleine Studentin, die kaum zu hören war. Mann, war ich blöd.» Vielleicht sollte sie Meg doch gleich eine reinhauen? Für Lena?
Millie war verwirrt.
Sie hatte Justin und Lena als das perfekte Paar gesehen, als ein Paar, dem sie gern nacheifern wollte. Sie hatten die Beziehung, von der sie nur träumen konnte: stabil, beständig, treu. Bei Millie waren die Männer höchstens noch zum Frühstück danach geblieben. Lena dagegen war in der Lage gewesen, sie auf Dauer zu halten. Selbst mit dem Freund vor Justin war sie ein paar Jahre zusammen gewesen. Justin war dann etwa ein halbes Jahr nach Ende dieser Beziehung gekommen. Attraktiv, mit einem guten Job, aufmerksam, und er führte Lena schick aus. Sie hatte gedacht, dass Lena glücklich war. Und dann hatte sich die Beziehung vor Millies Augen aufgelöst, während Lena im Tiefschlaf lag. Er hatte sich nicht für ihr Geburtstagsdinner interessiert, hatte sie im Krankenhaus kaum besucht, und nun erfuhren sie, dass er sie auch noch betrogen hatte.
Dann waren also Justin und Meg für Lenas Sturz verantwortlich. Cara und Kitty würden ihnen das nicht durchgehen lassen, bestimmt nicht. Gleichzeitig wünschte Millie sich, dass sie ebenfalls Zorn empfinden könnte. Stattdessen fühlte sie nur eine riesige Enttäuschung. Für Lena, und vielleicht auch für sich selbst, denn sie erkannte, dass es Märchen eben nur in Büchern gibt. Sie hatte die Hoffnung, dass ihr Traumprinz irgendwo existierte und sie ihn nur nochnicht gefunden hatte, niemals fahren lassen. Aber jetzt hatte Justin Lena betrogen, und sogar Cara und Ade hatten schwerwiegende Probleme.
Mit einem tiefen Seufzer nahm Kitty den silbernen, gläsern wirkenden Schuh und starrte ihn an, als wäre er vergiftet.
36
Wie soll ich es anstellen? Also …
Kitty in Amerika anrufen und ihr sagen, dass es Zeit wird, neue Mieter zu suchen oder das Haus zu verkaufen, weil ich ausziehen und mich verkleinern muss. Vermutlich wird sie nicht begeistert sein, aber was zum Henker. Muss an mich denken – dieses eine Mal!
Den Vordruck für die Uni ausfüllen UND den Bewerbungsbogen losschicken – und zwar UMGEHEND. Nachdem ich es jahrelang auf die lange Bank geschoben habe, wird es jetzt endlich Zeit. (Oh, und mir von Meg vom Unileben erzählen lassen!)
Mich von Justin trennen.
Auf geht’s!
Es ist so weit!!!
Jetzt ist es amtlich:
LENA CURTIS IST ENDLICH AUFGEWACHT!!
Schwester Gratten versprach sich zu erkundigen, wie das Notizbuch hatte verloren gehen können. Wenn sie das Krankenhaus verklagen wollten, stünde ihnen das frei, sagtesie. Aber wer hatte dazu schon die Kraft? Zumindest hatten sie es endlich gefunden, jetzt hatten sie Gelegenheit, etwas über Lenas Gedanken, Ängste und Träume zu erfahren. Zuerst schien es geschmacklos, Lenas private Gedanken zu lesen. Cara hatte das Gefühl,
Weitere Kostenlose Bücher