Bis einer weint! - 20 böse Ratschläge für gute Menschen (German Edition)
Der Zuhörer, wenn er denn ein emsig arbeitender Mensch ist, wird sich heutzutage fragen: „Was zum Teufel geht mich das an?“ Und im gleichen Moment denkt er oder sie an seine zehn Chat-Partner bei Facebook.
Knapp zweihundert Jahre hat es also gedauert, bis wir das Gespräch, die Plauderei endgültig aus unserem Alltag (zumindest aus unserem Berufsalltag) verbannt und in eine virtuelle Umgebung, in der nichts von Angesicht zu Angesicht gesagt wird, verpflanzt haben. Nun kann man sich fragen, ob das denn so schlimm ist? Ist Effizienz im Alltag und im Beruf nicht gerade das, was wir brauchen? Der Sieg über den Klatsch hat also auch gute Seiten. Natürlich, aber vergessen wir nicht, dass wir dazu neigen, kommunikativ zu sein. Nun, dann müssen wir jetzt eines lernen: Schweigen. Auch das hat seine guten Seiten.
Seien Sie geheimnisvoll, das fördert Neugier. Wer schweigt, hat Macht:
„Die Worte sind gut, sie sind aber nicht das Beste. Das Beste wird nicht deutlich durch Worte. Der Geist, aus dem wir handeln, ist das Höchste. Die Handlung wird nur vom Geiste begriffen und wieder dargestellt. Niemand weiß, was er tut, wenn er recht handelt; aber des Unrechten sind wir uns immer bewusst. Wer bloß mit Zeichen wirkt, ist ein Pedant, ein Heuchler oder ein Pfuscher. Es sind ihrer viel, und es wird ihnen wohl zusammen.“ Aus Goethes Roman Wilhelm Meisters Wanderjahre .
Böser Ratschlag Nr. 11: Prahlen Sie nicht mit Ihrem Glück! Stechen Sie nicht zu deutlich hervor! Es fördert nur Neid und Missgunst. Verplaudern Sie sich nicht! Das Plaudern ist (wissenschaftlich bewiesen) aus der Mode gekommen. Es zählt nicht , wie nett und schön Sie Konversation betreiben können, sondern nur die Leistung! Daran wird man Sie messen.
12. LERNEN SIE ZU LÜGEN!
Wahre Worte sind nicht schön. Schöne Worte sind nicht wahr.
Laotse
Das, was du sagst, sollte nicht zu viel mit dem zu tun haben, was du meinst.
Demosthenes
Sie müssen lügen können, es aber nicht tun.
Wissen Sie, was eine der faszinierendsten Erkenntnisse der modernen Psychologie ist? Menschen lügen auch dann, wenn es absolut nicht nötig ist. Selbst dann, wenn es Ihnen überhaupt nichts bringt. Sie lügen, weil sie glauben, dass es SOZIAL ERWÜNSCHT ist.
Die moderne Psychologie hat den Begriff der sozialen Erwünschtheit hervorgebracht. Er bedeutet, dass Menschen auch dann etwas sagen, das nicht ihrer Überzeugungen entspricht, wenn man sie explizit nach ihrer Überzeugung fragt. Sie sagen das, was sozial erwünscht ist. Das, von dem sie glauben, das es das Richtige ist. Wir lernen, wie die Dinge sein sollen, damit nicht allzu viel Chaos herrscht und ob wir das so sehen oder nicht, stellen wir zurück, wenn wir danach gefragt werden. Denn soziale Lügen sind schöne Lügen. Wir lügen uns die Welt schön.
Was bedeutet das? Die Welt will belogen werden. Und am liebsten belügen wir uns selbst. Das effektivste Prinzip zur Selbsterhaltung ist die Selbsttäuschung. Weil wir in der Lage sind, uns Alternativen vorzustellen und diese nach unseren Wünschen zu modellieren, gehen wir nicht an der Realität zugrunde. Wir haben noch immer die Hoffnung, dass es besser werden könnte. Eine fantastische Eigenschaft des menschlichen Geistes. Wir können uns Trost und neuen Antrieb spenden, wenn wir uns die Realität einfach anders vorstellen, als sie ist. Kant erkannte dies als Erster: Wir formen die Welt nach unseren Vorstellungen.
Wir sehen sie dann nicht so, wie sie ist.
Und wir sind gut darin. Die kleine Lüge ist inzwischen überall angekommen: Was zählt, ist der Charakter. Geld ist mir nicht wichtig! Ich sehe doch noch gut aus, also finde ich schon noch jemanden.
Und das sind Lügen, von denen wir wissen, dass sie Lügen sind. Wir lassen Sie nur einfach durchkommen. Wir denken uns: Es ist nicht ganz so, aber die Richtung passt schon. Die Lüge hat also ganz schön Karriere gemacht in der Moderne. Schuld daran ist auch Hollywood. Menschen akzeptieren die Traumwelten aus Hollywood inzwischen als alternative (mögliche) Lebensentwürfe, nach denen man sich richten kann. Früher war allen klar, dass der Hollywoodfilm per se lügt und es machte uns nichts aus: Wir haben es mit einem Augenzwinkern akzeptiert. Doch dann vollzog sich ein Wandel: Disney-Filme waren plötzlich nicht mehr kitschig, sondern schön. Wer vor dreißig Jahren sagte: „Ich liebe alle Disney-Filme“, der galt als liebenswerter, aber harmloser
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