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Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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offenbar wirklich wasserdicht war, kam es mir trotzdem nicht sonderlich sicher vor … Aber falls das, was hier drinnen gelagert wurde, mit Ivan Tait zu tun hatte – was ich für sehr wahrscheinlich hielt –, musste es auch gar nicht so gesichert sein. Wenn Tait praktisch die ganze Insel gehörte, wie Cal sagte, dann wäre sicher keiner ihrer Bewohner so dumm, ausgerechnet ihn zu bestehlen.
    Aber das war jetzt egal.
    Ich dachte nur deshalb über all das nach, weil ich mich von dem Gedanken ablenken wollte, der mich eigentlich hierhergeführt hatte. Während ich das Gewehr an eine Wand lehnte und langsam bis zum Ende des Trailers ging, versuchte ich mich weiter abzulenken, indem ich mich auf die Stapel von Dingen ringsherum konzentrierte. Ein großer Teil waren Drogen – verschweißte Päckchen Heroin, Plastiktüten voller Koksbriefchen, palettenweise gestapelte Haschischziegel –, aber es gab auch jede Menge andere Sachen: kistenweise Alkohol, riesige Mengen von Zigaretten und Tabak, Handys, MP3-Player, Spielekonsolen, DVDs, Laptops, iPads, Schwarzmarkt-Arzneimittel – Viagra, Schlaftabletten, Diätpillen. Und ich fand auch mehrere längliche Holzkisten mit russischer Aufschrift an der Seite, die garantiert Waffen enthielten …
    Doch nichts von alldem lenkte meine Gedanken ab.
    Außerdem war es sowieso längst keine Kopfsache mehr. Es war viel intuitiver – eine Bauchgeschichte, etwas Körperliches –, und schon als ich mich dem hinteren Ende des Trailers näherte, spürte ich, was hier drinnen passiert war. Ich konnte es ahnen. Ich fühlte es auf der Haut …
    Und dann blieb ich stehen.
    Jetzt roch ich es … den Todesgeruch, der in der Luft hing. Ein leichter Hauch von Scheiße … Pisse … die ranzige Süße von Fleisch und Blut.
    Ich schluckte schwer.
    Ganz am Ende des Raums, an der gegenüberliegenden Wand, war ein Metalltisch am Boden festgeschraubt. Er war offensichtlich sauber gemacht worden – ich roch noch das Putzmittel –, doch wer immer dafür zuständig gewesen war, hatte keine gute Arbeit geleistet. Selbst aus der Distanz konnte ich zahlreiche rötlich braune Flecken erkennen, die auf der Metalloberfläche klebten … und als ich etwas näher herantrat, sah ich auch Blut an den Tischbeinen.
    Ich blieb wieder stehen, wollte nicht noch näher, und je länger ich dastand und mit leerem Blick den Tisch anstarrte, desto mehr Blut sah ich. Das Blut war überall – gegen die Wände gespritzt, am Boden zusammengelaufen, über einen Stapel von weißen Pappkartons verteilt.
    Es gab keinen Zweifel, dies war der Ort, an dem sie Mark Ballard umgebracht hatten. Und es war gut möglich, dass Ballard vorher auch noch gefoltert worden war. Gefoltert, umgebracht … enthauptet.
    Auf dem Fußboden unter dem Tisch stand ein Werkzeugkasten.
    Neben dem Werkzeugkasten lag eine Kettensäge.
    Ich hoffte, dass Mark schon tot war, als man sie eingesetzt hatte.
    Ich hoffte …
    Nichts.
    Zu hoffen war sinnlos.
    Ich sank zu Boden, lehnte mich mit dem Rücken gegen die Wand und ließ die Tränen kommen.
    Jeder Mensch hat nur eine bestimmte Menge Tränen und die meisten hatte ich vor langer Zeit verbraucht, deshalb weinte ich nicht allzu lange um Mark Ballard. Doch ich blieb eine ganze Weile dort, saß einfach bloß da, dachte nach und ging alles, was ich nicht wusste, wieder und wieder durch … stellte mir Dutzende von Fragen und versuchte ein paar von den Lücken zu schließen …
    Ich saß lange dort.
    Ich musste glauben, dass Stacy recht hatte, mein Herz recht hatte – dass Robyn wohl fürs Erste in Sicherheit war, wenn Mark Ballard tatsächlich hier drinnen umgebracht worden war. Ich musste das einfach glauben. Wenn sie vorhatten, Robyn zu ermorden, warum sollten sie sie erst zum Hofladen bringen, wo sie doch hier bereits einen Ort zum Töten hatten? Der Trailer war kompromittiert … warum also das Risiko erhöhen, indem sie jetzt auch noch den Hofladen zum Tatort machten? Das war absolut sinnlos.
    Allerdings erinnerte ich mich an einen Satz, den ich vor gar nicht langer Zeit selbst gesagt hatte: Aber eigentlich ist es immer sinnlos, jemandem den Kopf abzuschneiden, oder?
    Ich konnte mir Selbstzweifel nicht leisten. Ich musste einfach glauben, dass Robyn in Sicherheit war … fürs Erste … Sie war in Sicherheit. Ich brauchte Zeit. Ich musste nachdenken …
    Ich saß da.
    Zeit verging.
    Der Regen fiel weiter … fern, gedämpft … fast angenehm.
    Ich dachte weiter nach.
    Glitt fort …
    Trieb davon …
    Dachte

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