Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
Vom Netzwerk:
nach …Ich erinnere mich nicht daran, den Schlüssel für den Bunker aus der Tasche gezogen zu haben, aber irgendwann merkte ich, dass ich ihn in der Hand hielt, ihn gebannt anstarrte, und dass irgendwo tief in meinem Kopf eine Art Glauben existierte, dass er der Schlüssel war … die Lösung. Die Antwort auf alles.
    Diese Antwort war überhaupt nicht klar – mehr wie eine vage Form im Schlick am Boden eines tiefen Tümpels –, doch sie war da … ich spürte sie. Ich musste nur in diese trübe Tiefe fassen, sie an die Oberfläche holen und darauf hoffen, dass sie einen Sinn ergab.
    Ich schloss die Augen.

27
    Ich dachte, es würde einfach sein, vom Wohnwagenpark zum Strand zu kommen. Ich musste nur den schmalen Weg finden, den Robyn vor ein paar Tagen genommen hatte – den Durchgang hinauf zum Parkplatz –, und von dort quer über die Wiese und danach die Treppe hinunter zum Strand. Das Problem war bloß, dass ich den Durchgang nicht fand, und je länger ich suchte, desto verlorener und verwirrter fühlte ich mich. Nach einer Weile wurde mir klar, dass ich im Kreis gelaufen war, und ich hatte absolut keine Ahnung, wo ich mich eigentlich befand, ganz zu schweigen davon, wo der Durchgang sein könnte. Irgendwann blieb mir nichts anderes übrig, als in einen überfluteten Graben hinabzurutschen und auf der anderen Seite hochzuklettern … aber als ich den Parkplatz überquert hatte und die vom Regen durchweichte Wiese hinuntergegangen war, stellte ich fest, dass die Treppe von der Flut überspült war, also musste ich wieder umdrehen und einen anderen Weg zum Strand suchen. Und das bedeutete noch mehr Herumstapfen in der Finsternis – von Graben zu Graben taumeln, durch Tümpel waten und bis zu den Knien in dem übel riechenden Schlick der Salzmarsch versinken …
    Es war nach Mitternacht, als ich endlich auf ein höher gelegenes Stück Strand kam. Ich war von stinkendem schwarzem Matsch bedeckt, meine Sachen waren zerrissen, die Händezerkratzt und blutig … ich war total erschöpft. Es gab nichts, wonach ich mich mehr sehnte, als einfach auf den Boden zu sinken, die Augen zu schließen und bloß im strömenden Regen dazusitzen … nur für einen Moment, nur bis ich wieder zu Atem kam.
    Doch als ich mich umschaute und ringsumher nichts als die fließende schwarze Nacht sah, wusste ich, dass ich keine Zeit hatte, mich auszuruhen. Die Salzmarsch zu meiner Linken war schon überflutet, das schimmernde dunkle Wasser leckte über den Kies, das anschwellende Meer zu meiner Rechten stieg immer weiter und brandete erbarmungslos den Strand hinauf. Es würde nicht mehr lange dauern, bis die regengepeitschten Wellen über die höher gelegenen Bereiche hereinbrachen und in die Marsch strömten.
    Ich blickte Richtung Bunker und versuchte abzuschätzen, ob er noch über Wasser lag … doch es war zu dunkel, um etwas zu erkennen. Ich schaute rechts von mir hinab. Die Wellen kamen immer näher … und ich begriff plötzlich, dass es, selbst wenn ich den Bunker erreichte, ehe der obere Teil des Strandes überflutet wurde, kaum eine Chance geben würde, auf demselben Weg wieder zurückzukommen.
    Ich musste einfach hoffen, dass die Zeit, die ich in dem Trailer gesessen und mich durch den Schlick meiner Gedanken gewühlt hatte, nicht vertan war und dass ich, wenn ich den Bunker erreichte, tatsächlich das finden würde, was ich zu finden hoffte. Denn wenn ich falsch lag, wenn ich es nicht fand …
    Daran durfte ich nicht mal denken.
    Ich sah in meiner Tasche nach, überprüfte, ob ich den Schlüssel noch hatte.
    Und dann rannte ich los.
    Ich war seit Jahren nicht mehr richtig gerannt und hatte vergessen, wie beglückend es sein kann – die Beine nach vorn zu werfen, mit den Armen zu pumpen, die kalte Nachtluft einzusaugen… es war belebend, befreiend, ich wollte schreien, fliegen. Und während ich über den Kies rannte, gegen die hereinbrechende Flut anlief, fühlte ich mich eine Weile wieder wie ein Kind … ein Kind, das am Strand entlangläuft, allein und doch nicht allein … hin zum Bunker, voller Aufregung, was es dort wohl finden würde …
    Damals war ich ein guter Läufer gewesen.
    Ich hatte den ganzen Tag laufen können.
    Als ich ein Kind war, konnte ich ewig laufen …
    Aber jetzt war ich vierzig. Ich rauchte zu viel, ich trank zu viel, ich tat so gut wie alles zu viel … und bevor ich die Hälfte der Strecke zum Bunker geschafft hatte, wusste ich wieder, wie erschöpfend Rennen sein kann. Es saugt dir die Kraft aus

Weitere Kostenlose Bücher