Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)
ist, bevor die Straßen noch schlimmer werden. Und auch wenn ich es nicht hundertprozentig wusste, war ich doch sicher, dass er den Hofladen gemeint haben musste. Und wenn nicht …? Tja, dann konnte ich auch nichts ändern. Ich musste einfach annehmen, dass sie im Hofladen war, und hoffen, dass meine Vermutung stimmte.
Ich warf einen Blick auf den heruntergekommenen Trailer gegenüber und hoffte, dass ich auch mit ihm recht hatte … aber gleichzeitig konnte ich mich nicht wehren gegen den Wunsch, dass ich mich irrte.
Ich wandte mich nach links, warf einen Blick auf den vom Regen überfluteten Park und stellte mir den Strand dahinter vor … den Strand, den Bunker, den Weg am Bach entlang… und ich erinnerte mich an den nebligen grauen Morgen, der tausend Jahre her schien, als ich beobachtet hatte, wie Robyn den Weg entlang verschwand, auf eine kleine Holzbrücke zu, die den Bach überquerte, und wie ich damals nicht gewusst hatte, wohin sie wollte. Jetzt aber wusste ich es genau: Sie war auf dem Weg zum Hofladen gewesen …
Der Hofladen …
Ich schaute wieder zu dem Trailer rüber und versuchte mich zu entscheiden.
»Was meinst du, Stace?«, murmelte ich vor mich hin. »Was soll ich tun?«
Erst musst du den Trailer überprüfen.
»Bist du sicher?«
Nein, aber wenn es so ist, wie du denkst, heißt das, Robyn ist fürs Erste wahrscheinlich in Sicherheit.
»Und wenn ich nicht recht habe?«
Das weißt du erst, wenn du nachgeschaut hast, oder?
Während ich durch den stinkenden Matsch auf den Trailer zuging, fragte ich mich sinnloserweise, wieso ich meine Meinung geändert und Stevies Wohnwagen nicht abgefackelthatte. Es war ja nicht so, dass ich es nicht gewollt hatte oder die Konsequenzen fürchtete, und mit Moral hatte es auch nichts zu tun – mit Moral hatte hier gar nichts zu tun. Genauso wusste ich auch, dass ich es nicht wegen Stacy hatte sein lassen, denn tief im Innern war mir natürlich klar, dass Stacy nicht existierte, dass ihre Stimme nichts anderes war als die Stimme meines eigenen dämlichen Herzens. Und ich wusste genau, dass es diesmal nicht mein Herz gewesen war, das mich daran gehindert hatte …
Warum also hatte ich es nicht getan?
Die einzige Antwort, die mir einfiel, war: Wenn ich den Wohnwagen niedergebrannt hätte, wäre es mir besser gegangen, und ich wollte nicht, dass es mir besser ging.
26
Als ich die Tür des Trailers aufschloss und eintrat, fiel mir als Erstes die Stille auf. Ich konnte den Regen draußen noch hören, aber er klang längst nicht so laut und aufdringlich wie in dem Wohnwagen, sondern fern, gedämpft … fast angenehm. Und das ergab keinen Sinn. Dieses Teil hier fiel förmlich auseinander, das Dach war dicht mit Unkraut bedeckt … der Regen hätte also in Strömen hereinschütten müssen, im ganzen Wagen hätte das Wasser stehen müssen. Doch das war nicht der Fall. Es war knochentrocken, abgedämmt, wassergeschützt … der Raum war wie verpuppt …
Und als ich die Stiftlampe anmachte, erst nach oben und dann durch den ganzen Wagen leuchtete, begriff ich, wieso.
Erstens war er prallvoll mit tausend Sachen – übereinandergeschichteten Schachteln, aufgestapelten Kisten, Regalen voller Kleidung … allem möglichen Zeug – und wahrscheinlich dämpfte schon allein das den Schall. Doch der Hauptgrund, warum es hier so überraschend still und trocken war, lag darin, dass der Wagen umgebaut worden war. Die Wände, der Fußboden, die Decke – alles war mit dicker wasserdichter schwarzer Folie ausgekleidet. Sie war an soliden Holzplanken befestigt, die Planken waren mit Bolzen verschraubt und die Lücken dazwischen mit Silikon ausgefüllt. Es gab keine Fenster und der einzige Weg rein oder raus war die Tür, die, wie ich erst jetzt merkte, aus einer verzinkten Stahlplatte bestand und nur vorn mit einer dünnenBlende aus verblichenem altem Holz überzogen war. Die Zwischenräume zwischen den Sperrholzregalen und den Außenwänden waren mit Isolierschaum ausgesprüht.
Das heißt, im Endeffekt war das verfallene Äußere nur eine Hülle, eine Fassade der völligen Vernachlässigung, während das Innere als ein halbwegs sicheres wassergeschütztes Lager ausgebaut war.
Der Ausbau schien keineswegs Profiarbeit zu sein, und als ich das Licht anschaltete und mich genauer umsah, wurde schnell klar, dass hier mit wenig Sorgfalt gearbeitet worden war – es konnte gut sein, dass Stevie das alles selbst gemacht hatte. Es wirkte unfertig, wie im Rohbau, und auch wenn es
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