Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)
Ganze war – eine Waffe an meinem Kopf … mir vorzustellen, wie das wäre, wenn die Waffe losginge … eine Stimme zu hören, die vielleicht meine war oder die meines Vaters …
Es wird gar kein Gefühl sein, John.
Es wird überhaupt kein Gefühl sein.
Ich packte das Gewehr und riss es zur Seite, und als Stevie versuchte die Waffe zurückzureißen, sprang ich nach vorn und rammte ihm meinen Kopf ins Gesicht. Irgendwas machte klack – seine Nase vermutlich –, und während er aufstöhnte, aber immer noch nach dem Gewehr tastete, stieß ich ihm erneut den Kopf ins Gesicht, diesmal noch fester, mit aller Kraft. Und als er nach hinten gegen die Wand sackte und Blut spie, riss ich ihm das Gewehr aus den Händen, schwang es wie einen Schläger über den Kopf nach hinten und danach mit voller Wucht seitlich gegen seinen Schädel. Er sackte zusammen, landete mit einem leblos dumpfen Schlag auf dem Boden, und als ich noch einmal zuschlug und ihm das Gewehr hinten in den Schädel rammte, regte er sich fast nicht mehr. Er lag nur noch da, Blut trat ihm in Blasen aus dem Mund, ein abgebrochener Zahn saß tief in der aufgerissenenUnterlippe und ein rötlicher Knochensplitter stach durch die fettigen schwarzen Haare …
Er atmete noch.
Ich hob erneut das Gewehr, riss es hoch über den Kopf …
Du bringst ihn um, John.
»Nicht jetzt, Stacy.«
Wenn du noch mal zuschlägst, bringst du ihn um.
»Ich weiß …«
Ich weiß, dass du’s weißt. Ich sag’s ja nur, das ist alles.
»Was?«, seufzte ich. »Was sagst du nur?«
Das weißt du.
Ich straffte den Griff um die Waffe und sagte mir: Tu’s einfach, hör nicht auf sie … verdammt noch mal, tu’s … Doch ich wusste, es war schon zu spät. Der kurze Augenblick des Zögerns war entscheidend gewesen. Der Nebel der Mordlust war vergangen.
»Scheiß drauf«, keuchte ich und senkte das Gewehr. »Scheiß doch auf alles.«
Ich ging in die Küche, goss mir ein Glas Whisky ein, kippte die Hälfte hinunter und zündete eine Zigarette an. Inzwischen bedauerte ich schon, was ich Stevie angetan hatte. Nicht seinetwegen – er ging mir am Arsch vorbei, ich bereute kein bisschen, ihm den Schädel eingeschlagen zu haben. Ich hätte ihm nur vorher gern ein paar Fragen gestellt. Was hat Tait mit Robyn vor? Warum bringt er sie zum Laden? Was ist mit Mark Ballard passiert? Wo steckt Garrow? Wer ist Mott? Wieso haben sie dich zurückgelassen und dir gesagt, du sollst dich um mich kümmern …?
… nennst dich Privatdetektiv?
Ich trank noch einmal von dem Whisky.
… du bist scheiße in deinem Job.
Ich stellte das leere Glas ab, ging zu dem klapprigen Tisch an der Wand rüber und leerte die Reste aus sämtlichen Briefchen, die ich finden konnte, zog ein paar Daumen volldurch die Nase, und als die Mischung aus Koks und Speed zuschlug, dass mir die Tränen in die Augen stiegen, trank ich noch einen letzten Schluck aus der Whiskyflasche und ging dann zurück, um nach Stevie zu schauen. Er war noch bewusstlos und so, wie er aussah, würde er wohl auch noch eine Weile brauchen, ehe er wieder aufwachte … wenn überhaupt. Ich kniete mich neben ihn und fasste in seine Taschen. Seine Schlüssel und eine noch fast volle Packung Zigaretten nahm ich an mich, danach schnappte ich mir das Gewehr und ging zur Tür.
Als ich mit Robyn im Wohnwagen rumgelaufen war, hatte ich einen Zwanzig-Liter-Benzinkanister bemerkt, der an der Wand neben der Tür stand, und als ich jetzt darauf zuging, packte mich plötzlich der übermächtige Wunsch, den Wohnwagen abzufackeln. Ihn zu zerstören, zu vernichten, in Asche zu legen … alles – die Drogen, die Scheiße, den Dreck, den Gestank … das schmuddelige kleine Bett, die Kisten mit Alkohol … die Drogenutensilien, den Fleischsack, der sich Stevie Haynes nannte … alles ganz einfach niederzubrennen.
Ich nahm den Kanister.
Moment, John …
Schüttelte ihn …
John?
Er war fast voll.
Hör mir zu, John.
Ich drehte den Verschluss auf, roch den Benzingeruch und stellte mir das infernalische Wüten aus Feuer und Rauch vor, diese mächtigen orangefarbenen Flammen, die alles verschlangen …
John!
»Schon gut, Stace«, sagte ich und stellte den Kanister leise wieder ab. »War nur so ein Gedanke, mehr nicht.«
Als ich die Wohnwagentür öffnete und hinaus in den strömenden Regen trat, blieb ich einen Augenblick stehen und dachte an Robyn. Ich erinnerte mich daran, wie Taitzu Stevie gesagt hatte: Beeil dich, verdammt. Ich will, dass sie oben im Laden
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