Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)
das stimmte nicht. Ein Mädchen war umgebracht worden, ihre Leiche war verschwunden, ihre Eltern waren weg und jemand wollte das Ganze vertuschen. Das konnte man ja wohl kaum als nichts bezeichnen.
»John?«
»Ja, tut mir leid, Cal … ich habe nur gerade über was nachgedacht.«
»Bist du sicher, dass mit dir alles okay ist?«
»Ja, ehrlich, alles in Ordnung.«
»Du nimmst doch nicht zu viel, oder?«
»Was meinst du?«
»Du weißt genau, was ich meine.«
Ich dachte an das Kokain und das Speed in meiner Tasche und wusste, dass ich heute Nacht noch mehr davon nehmen würde, und morgen sicher auch …
»Mach dir lieber Gedanken um dich selbst, Cal«, erklärte ich und zündete eine weitere Zigarette an. »Ich will nicht, dass du nach Hause gehst, bevor die Ärzte ausdrücklich sagen, es ist okay, hast du verstanden?«
»Ja …«
»Und überanstreng dich nicht in der Zwischenzeit.«
Er lachte. »Was soll das denn heißen?«
»Und vergiss nicht, mir die Nummern zu simsen.«
»Schon erledigt.«
»Ach so, gut …«
»Ich ruf dich wegen der Dallas-Flüge an, sobald ich was rausgefunden hab.«
»Danke, Cal.«
»Und John?«
»Was ist?«
»Hast du Bridget schon angerufen?«
»Ja«, log ich. »Ja, ich hab vorhin mit ihr telefoniert. Ihr geht es gut.«
»Wirklich?«
»Na ja … ich meine, es geht ihr natürlich nicht gut . Aber … du verstehst schon … sie kommt zurecht.«
»Wohnt sie noch bei ihrer Schwester?«
»Ja.«
»Wann kommt sie zurück?«
»In nächster Zeit erst mal nicht.«
»Verstehe … und wie war’s? Ich meine, mit ihr zu reden … ging es?«
»Ja, ja … es war … na ja … es war – «
»Du hast also nicht angerufen, stimmt’s?«
Ich seufzte. »Ich mach es, okay?«
»Wann?«
»Wenn ich so weit bin.«
»Und wann wird das sein?«
»Keine Ahnung … ich …«
»Mann, John, verdammte Scheiße, jetzt ruf sie einfach an«, sagte Cal.
»Du hast ja recht.«
»Tu’s einfach.«
»Mach ich.«
»Wann?«
»Jetzt gleich, wenn du aufgelegt hast.«
»Versprochen?«
»Ja, versprochen.«
»Na gut, dann leg ich jetzt auf. Ich ruf dich später wieder an.«
»Ja, bis dann, Cal.«
Sobald er aus der Leitung war, löste ich meine hinter dem Rücken gekreuzten Finger, öffnete die SMS, die Cal mir geschickt hatte, und tippte Bryan Swalenskis Handynummerein. Kein Klingelzeichen, keine Mailbox, nichts. Nur das dumpfe Brummen einer toten Leitung. Ich wählte die Festnetznummer. Es dauerte eine Weile, bis die Verbindung da war, doch schließlich kam das Klingelzeichen und nach kurzer Zeit schaltete sich der Anrufbeantworter ein: Hi, das ist der Anschluss von Bryan Swalenski, bitte hinterlassen Sie eine Nachricht nach dem Piepton.
Ich hinterließ keine Nachreicht.
Was sollte ich sagen?
Ich zündete mir eine Zigarette an, saß eine Weile rauchend da, dann rief ich Ada an. Ada kümmert sich um die geschäftliche Seite meines Detektivbüros in Hey – um Verwaltung, Finanzen, Rechnungen, Steuern … im Grunde genommen hält sie alles am Laufen, mich eingeschlossen. Ich musste eigentlich nicht mit ihr sprechen – das Büro war vorübergehend geschlossen, also gab es auch nichts Richtiges zu bereden –, doch Cal würde garantiert meine Nummer wählen, um zu überprüfen, ob ich Bridget auch wirklich wie versprochen anrief. Und wie ich ihn kannte, würde er nicht bloß einmal probieren, ob die Nummer tatsächlich besetzt war, sondern nach ein paar Minuten noch mal … und ich wollte ihm nichts erklären müssen. Ich wollte nicht zugeben, dass ich Angst hatte, mich bei Bridget zu melden, dass ich fürchtete, sie würde mir sagen, dass sie nie mehr zurückkäme … oder vielleicht war es auch umgekehrt und ich hatte Angst, sie könnte sagen, dass sie zurückkam.
Ich wusste es nicht … und ich wollte auch nicht drüber nachdenken.
Noch nicht.
Aber ich rief Ada nicht nur an, um Cal glauben zu machen, dass ich mit Bridget sprach. Ich rief sie auch an, weil ich sie mochte. Ada ist eine fette, mürrische alte Frau, der es egal ist, was andere von ihr denken, und ich fühle mich immer ganz entspannt in ihrer Gegenwart.
»Ja?«, fragte sie kühl, als sie dranging.
»Hi, Ada, ich bin’s.«
»John?«
»Ja.«
»Was ist los?«
»Nichts … ich wollte Sie nur mal anrufen, hören, wie es so geht …«
» Plauder stündchen?«
»Kein Grund, überrascht zu klingen.«
»Nein? Dann sagen Sie mal, wann Sie mich das letzte Mal angerufen haben, nur um zu fragen, wie’s mir geht.«
»Na gut, aber
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