Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)
– das ist in Ordnung für mich.
Es ist die perfekte Arbeitsbeziehung … und so muss es sein, denn Cal ist für mich weit mehr als nur mein angeheirateter Neffe oder jemand, mit dem ich gelegentlich zusammenarbeite – er ist einer der ganz wenigen Menschen, die mir wirklich wichtig sind. Als ich ihn an diesem Abend anrief, hoffte ich deshalb mehr oder weniger, er würde nicht drangehen. Das letzte Mal, als ich ihn gebeten hatte, mir bei einem Fall zu helfen – vor ein paar Wochen –, war er beinahe totgeprügelt worden. Jetzt lag er noch immer im Krankenhaus und erholte sich von einem gebrochenen Bein, einem gebrochenen Arm und schweren Kopfverletzungen. Er ist jung und ziemlich fit, sein Körper würde also schnell heilen. Außerdem war mir klar, dass er nicht mir die Schuld gab an dem, was passiert war – er würde mit dem Ganzen auf seine gewohnt unbekümmerte Art fertigwerden. Sobald ervon der Intensivstation gekommen war, hatte er sich in das beste Krankenhaus von ganz Hey verlegen lassen, und als ich ihn kurz vor meinem Aufbruch nach Hale das letzte Mal besuchte, saß er schon wieder aufrecht im Bett, tippte auf seinem Laptop herum, war über Kopfhörer mit einem seiner vielen Handys verbunden, lud mit einem zweiten eines seiner selbst entworfenen Programme runter und ein iPad lag am Fußende und hielt ihn über die aktuellen Börsenkurse auf dem Laufenden.
Das heißt, ja, ich wusste, dass er zurechtkam … Trotzdem war er schwer verletzt worden und es hätte noch schlimmer ausgehen können, auch das wusste ich. Und nichts davon wäre geschehen, wenn ich mich gar nicht erst mit ihm in Verbindung gesetzt hätte …
Deshalb hatte ich Skrupel, ihn wieder anzurufen.
Aber ich musste auch ein Versprechen halten.
Kurz bevor ich gegangen war, hatte Cal gesagt: »Wenn du was brauchst, während du weg bist, John … ich meine, wenn du noch irgendwas wegen Serina Mayo oder ihrer Tochter wissen willst oder auch wegen irgendwas völlig anderem …« Er machte eine Pause und sah mir in die Augen. » Denk nicht mal dran, mich nicht anzurufen, verstanden? Denn wenn du das tust …« Er schüttelte den Kopf. »Ich sag’s dir, das wär für mich schlimmer als alles andere. Also bitte … du weißt schon, einfach …«
»Okay«, hatte ich gesagt.
»Versprochen?«
»Ja, versprochen.«
Natürlich hinderte mich das nicht daran, zu hoffen, er ginge nicht dran, doch kaum war der Klingelton da, wusste ich irgendwie, dass er abheben würde. Ein Klingelton klingt entweder so, als ob jemand drangehen wird, oder so, als ob man nur seine Zeit vergeudet. Dieser vergeudete keine Zeit.
»Hallo, Onkel Johnny!«, sagte Cal, als er nach zweimal Klingeln abnahm. »Wie geht’s dir? Alles okay?«
Die Überdrehtheit in seiner Stimme ließ mich grinsen.
»Ja, mir geht’s gut«, antwortete ich. »Und dir?«
»Na ja, ganz okay … Mir fällt nur langsam die Decke auf den Kopf, verstehst du, die ganze Zeit hier drin, aber ich hoffe, ich komm in den nächsten Tagen endlich raus.«
»Echt?«
»Ja, Arm und Bein sind wieder in Ordnung, sie wollen nur noch sichergehen, dass mit meinem Kopf alles okay ist, bevor sie mich entlassen.«
»Klingt, als ob du noch lange drinbleiben müsstest.«
Er lachte. »Klar, du Spaßvogel. Sehr witzig, Monk.«
Plötzlich hörte ich eine weibliche Stimme im Hintergrund, ein leises Kichern, und dann noch eine Stimme, auch weiblich.
»Ich stör dich doch nicht gerade bei irgendwas, oder?«, fragte ich.
»Was? Ach, Quatsch … schon gut, sind nur ein paar Freunde da, alles okay.«
»Ich hoffe, sie passen gut auf dich auf.«
»Kann mich nicht beklagen.«
»Das ist mir klar.«
Er lachte wieder. »Also, erzähl, wie ist es da unten im sonnigen Hale?«
»Überhaupt nicht sonnig, um ehrlich zu sein.«
»Hast du schon Serina und Robyn getroffen?«
»Mit Serina habe ich heute Morgen gesprochen, aber Robyn war nicht da.«
»Und?«
»Na ja, Serina hat bestätigt, dass Robyn definitiv die Tochter meines Vaters ist.«
»Wirklich?«
»Ja, Cal, ist ein ziemlich komisches Gefühl, plötzlich rauszufinden, dass du eine Halbschwester hast, der du noch nie begegnet bist.«
»Wirst du sie treffen?«
»Keine Ahnung … ist ein bisschen kompliziert, das Ganze. Robyn weiß nichts von mir und sie hat auch so schon genug Probleme … Also weiß ich nicht, ob es gut ist, sie zu treffen, oder doch eher nicht. Ich hab die Entscheidung Serina überlassen.«
»Verstehe.«
»Egal, das ist auch gar nicht der Grund,
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