Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Bis es dunkel wird: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
Vom Netzwerk:
darum schert, was du bist oder tust oder ob du zu überleben verdienst. In dieser Welt überleben wir alle – die Schwachen, die Nutzlosen, die Gescheiterten, die Kaputten …
    Die Nicht-Überlebensfähigen überleben.
    Ich nahm noch einmal einen kräftigen Schluck und schaute mich weiter um.
    Ich war nicht erstaunt gewesen, Leute wie Lyle Keane oder die zwei Biker im Pub zu sehen. Ehrlich gesagt hätte es mich mehr gewundert, wenn sie nicht da gewesen wären. Doch ich entdeckte an diesem Abend auch noch ein anderes vertrautes Gesicht im Swan, eines, mit dem ich absolut nicht gerechnet hätte: Linda aus dem Hotel. Ich weiß nicht recht, wieso ich so überrascht war, sie zu sehen – sie war jung, sie lebte auf der Insel, es machte ihr garantiert genauso viel Spaß, mal auszugehen, wie allen andern … Wieso also sollte sie nicht hier sein? Aber ich glaube, sie hatte irgendwas an sich – eine Art Strenge oder auch Zielstrebigkeit –, die sie fremd wirken ließ in dem lärmigen Treiben. Wie Robyn schien sie sich für den Abend zurechtgemacht zu haben –mit Make-up, gestylten Haaren, kurzem Blumenkleid über hautenger Jeans –, und wenn man nicht genau hinschaute, erweckte sie auch den Eindruck, als hätte sie Spaß – sie trank mit Freunden, unterhielt sich, lachte. Doch ich schaute genau hin, und je genauer ich es tat, desto klarer wurde, dass das Ganze nur Pose war.
    Sie saß mit zwei hippiehaft wirkenden Frauen und einem dunkelhäutigen Mann an einem Ecktisch, alle drei etwa in ihrem Alter, und als ich sie das erste Mal sah, hatten sie alle auf die Band geschaut und die Frauen hatten zur Musik mit den Füßen gewippt, während der Mann lässig mit dem Kopf nickte … und auch Linda schien im Großen und Ganzen zufrieden, einfach nur dazusitzen und auf die Musik der Blue Hearts zu hören. Doch immer mal wieder lehnte sie sich zurück und schaute herum, und obwohl sie versuchte, es wie zufällig aussehen zu lassen, so als würde sie sich nur neugierig in der Bar umsehen, hatte ich das Gefühl, dass sie auf jemanden wartete. Und als es später wurde, schaute sie umso öfter herum, und selbst wenn sie nicht den Saal absuchte, behielt sie doch zumindest die Tür im Auge.
    Sie suchte jemanden.
    Jemanden, der inzwischen da sein sollte …
    Aber nicht da war.
    Und das machte Linda allmählich Sorgen. Doch sie wollte nicht, dass es jemand merkte. Und als ich jetzt wieder zu ihr hinüberschaute, sah ich, wie ihr eine der hippiemäßig gestylten Frauen genau in dem Moment einen Blick zuwarf, als Lindas Augen erneut ängstlich zur Tür flogen. Die Frau zog die Augenbrauen zusammen, als sie die Anspannung in Lindas Gesicht sah, legte ihr besorgt eine Hand auf den Arm und sagte etwas zu ihr …
    Alles okay, Linda?
    Und Linda lächelte plötzlich wieder breit. Ja, ja, mir geht’s gut …
    Wartest du auf irgendwen?
    Wie bitte?
    Die Frau sah zur Tür, dann drehte sie sich wieder zu Linda um. Ich dachte nur –
    Willst du noch was? , fragte Linda und nahm das Glas ihrer Freundin. Noch mal das Gleiche?
    Ich beobachtete, wie sie aufstand, zur Bar ging, und dann – als ihre Freundinnen sie nicht mehr sehen konnten –, ertappte ich sie, wie sie das leere Glas auf einem Tisch abstellte und durch die Tür verschwand, die nach draußen zum Raucherbereich hinter dem Pub führte.
    Ich trank aus, wartete noch eine Minute und folgte ihr.
    Im Raucherbereich war es genauso voll wie drinnen im Pub, wenn nicht noch voller, und ich brauchte eine Weile, Linda unter all den Leuten zu finden, die auf dem kleinen gepflasterten Hof umherliefen, jeder mit einem Drink in der Hand und süchtig rauchend. Linda stand ganz hinten in der Ecke und hielt ein Handy ans Ohr. Sie rauchte nicht. Und nachdem ich mir eine angezündet und sie eine Weile beobachtet hatte, sah ich, dass sie überhaupt nicht sprach. Sie rief jemanden an, bekam aber keine Antwort … wählte wieder neu, horchte erneut und bekam auch diesmal keine Antwort …
    Scheiße , sah ich sie sagen.
    Sie schaute einen Moment Richtung Himmel, überlegte, dann wandte sie sich wieder dem Handy zu und drückte irgendwelche Tasten … sie schrieb eine SMS.
    Ich rauchte meine Zigarette, beobachtete sie und fragte mich, wen sie so dringend zu erreichen versuchte … und wieso sie so besorgt schien.
    Wahrscheinlich wartet sie nur auf ihren Freund , sagte Stacy.
    »Ja«, stimmte ich zu.
    Vielleicht haben sie gerade Schwierigkeiten miteinander und sie hat Angst, dass er sich mit einer anderen trifft

Weitere Kostenlose Bücher