Bis hierher und weiter - Mit allen Nockherberg-Reden von Bruno Jonas
Seine Aufgabe war, ein Staatskonzept für griechenland zu entwickeln. Ein Ideal. Er hat gemeint, dass wir, aber damit hat er die griechen gemeint, einen idealen Staat brauchen, weil wir Deutschen waren ja damals kulturell auf einer ganz anderen Ebene tätig. In Deutschland haben wir uns damals relativ wenig mit Höhlengleichnissen beschäftigt. Wir haben uns mehr in der Höhle aufgehalten, als darüber nachzudenken, was es mit der Höhle an sich auf sich hat. Die griechen waren damals schon weiter als wir. Das muss man einfach eingestehen. Wir haben zu der Zeit noch ums Überleben gekämpft. In den deutschen Sümpfen sind wir rumgestapft. Wir waren im Survival-Training, könnte man sagen, immer am Jagen und Fischen und Lagerfeuermachen. Wir waren erdiger, die griechen waren luftiger. Ich will damit sagen, die haben den Kopf nach oben gerichtet und in den Himmel hinaufgeschaut, ob da was ist, und haben überlegt, woher wir kommen und wohin wir gehen und ob wir eine Seele haben. So waren die drauf. Das hängt natürlich mit dem schönen Wetter zusammen, das die immer gehabt haben. Und in der Hitze gehst gern mal zum Strand und schaust auf das Meer hinaus und fragst dich, ob es hinten am Horizont weitergeht. Bei schlechtem Wetter, was es meistens bei uns hat, geht man nicht zum Strand, da bleibt man lieber daheim. Deshalb haben wir auch mehr Heimatgefühle als der grieche. Vermute ich. Der grieche ist weniger heimatlich orientiert als der Deutsche. Wenn der grieche lange nicht daheim war, dann mag er natürlich auch einmal heim. Aber lang hält es der grieche daheim meistens nicht aus, weil daheim beim griechen immer sehr schlimme geschichten vorkommen. Da ist der Ödipus und die Elektra aktiv und arbeiten an ihren Komplexen. Mei, da ist was los! Die Mütter schlafen mit den Söhnen und die Söhne erkennen die Väter nicht und erschlagen sie.Aber da kann man nichts machen, weil oft ein Fluch auf der ganzen Angelegenheit liegt. Drum fährt der grieche lieber aufs Meer hinaus und begibt sich in eine Odyssee und hofft, dass er sich den Zorn des Poseidon zuzieht. Da weiß er wenigstens sicher, dass er mindestens zehn Jahre umherirren darf, bevor er wieder heim muss. So ist der grieche.Wer das Meer vor der Haustür hat, den zieht es hinaus. Und wenn dann auch noch das Wetter passt, ist er kaum noch zu halten. Da aber in unseren Breiten das Wetter so gut wie nie passt, bleiben wir gern daheim. Bei uns daheim war zu der Zeit kaum was los. Außer einem Barbarentum haben wir nix gehabt! Zeit haben wir viel gehabt, aber recht viel mehr nicht. Wie wir allerdings die Zeit genutzt haben, darüber ist nicht viel bekannt. Vielleicht haben wir die meiste Zeit damit verbracht, die Tiergeräusche in den Wäldern richtig zu deuten. Was auch eine lohnende Aufgabe war. Ansonsten ist nicht viel passiert. Wir waren halt daheim.
Daheim schaut man nicht auf den Horizont, sondern auf die Tür, an der der Horizont endet, und jeder weiß, was danach kommt, nämlich das Draußen, die unwirtliche Fremde, das Sauwetter. Während der grieche das Meer vor der Haustür hat und eine Fernsicht, weil der Himmel meistens klar ist, und sich deshalb der grieche fragt, ob es hinter dem Horizont weitergeht?
Ich glaube, das ist die grundfrage überhaupt. geht es weiter? Und wenn, wo? Die griechen haben sich dazu schon gedanken gemacht. Wir haben uns zu der Zeit auch gedanken gemacht. Aber andere. Wir haben gefragt: Wann ist der Winter zu Ende, wann kommt der Sommer, hört der Regen denn niemals auf, und wer ist für dieses Sauwetter verantwortlich? Das waren unsere grundfragen. Von den Antworten, die unsere Vorfahren auf ihre grundfragen gefunden haben, ist wenig erhalten geblieben. So wie es ausschaut, haben sie sich ziemlich schnell die griechischen Antworten zu eigen gemacht, so wie sie sich überhaupt alles unter den Nagel gerissen haben, was nicht niet- und nagelfest war, um es in unseren Museen auszustellen.
Und wie gut es denen in griechenland gegangen sein muss, im gegensatz zu uns, merkt man unter anderem daran, dass der Plato sich überlegt hat, wie kann ich meiner Kundschaft, die zu mir in die Agentur kommt, klarmachen, dass wir alle miteinander ziemlich beschränkt sind, was unsere geistigen Möglichkeiten angeht.
Zu diesem Zweck hat er dieses Höhlengleichnis erfunden. Und da drin schaut es folgendermaßen aus. Die Menschen befinden sich alle in einer Höhle. Sie sind gefesselt und können sich nicht umdrehen. Er setzt also eine Unbeweglichkeit
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