Bis hierher und weiter - Mit allen Nockherberg-Reden von Bruno Jonas
Eisenbahn ist.
Also, Herr Stoiber, Sie können getrost in die Zukunft schauen, es gibt immer Möglichkeiten, es ergibt sich schon etwas nach Ihrer Zeit als Ministerpräsident von Bayern.
Sie könnten Präsident der Transrapidgesellschaft in Wolfratshausen werden oder als Experte im gartenbau von sich reden machen und Vorträge halten über das Thema: Wie richte ich eine Blume hin!
Oder vielleicht werden Sie Präsident von Bayern München - das ist ein schönes Amt, wenn der Beckenbauer mal FIFA-Präsident wird, wenn der Blatter überführt ist … Also, als Präsident von Bayern München, da können Sie alles sagen, es schadet nicht, das weiß man vom Beckenbauer. Der ist unser Fußballgott. Auch hier gilt: cuius regio eius religio. Dem Beckenbauer, dem glauben alle gern, weil’s halt meistens auch sehr komisch ist, was er sagt. Lachen und glauben bilden in Bayern eine Einheit.
In diesem Zusammenhang möchte ich noch kurz auf die Schlacht bei Tours et Poitiers verweisen: 732 nach Christus, Karl Martell wehrt die Araber ab. Dieser Karli war ein Hund. Wenn ihm nämlich das nicht gelungen wäre, dann täten wir heute nicht bei Weißwürscht und Bier beieinanderhocken, um uns am Derblecken zu erfreuen. Vermutlich täten wir stattdessen bei schwarzem Tee und Kamelmilch in ganz anderen Trachten dem Redner lauschen, der bestimmt nicht Barnabas heißen würde und schon gar kein Christ wäre, sondern ein Moslem. Und zum Lachen hätten wir dann auch nicht viel. Wir hätten einen anderen gottesstaat, als wir ihn heute haben. Ich zum Beispiel glaube, dass unser Herrgott Humor hat und lachen kann, wenn er dem Bischof von Regensburg zuschaut bei seinem pastoralen Treiben. Weniger komisch ist die Angelegenheit für die gläubigen im Bistum Regensburg. Zum Trost möchte ich Euch die Worte des hl. Paulus aus dem ersten Brief an die Korinther zurufen: »Es haben sich einige aufgebläht, als würde ich nicht zu Euch kommen!«
Aber da wir alle Humor haben, haben wir auch Verständnis für die Blähung eines hohen geistlichen Herrn.
Damit mich jetzt keiner falsch versteht, sage ich es noch einmal deutlich, wir können froh sein, dass wir in einem überwiegend katholischen Land daheim sind. In unserem gottesstaat herrscht eine Religion, die das Lachen und das Derblecken nicht verbietet. Und deshalb ist es ja auch ganz logisch, dass auch die Spitzen der großen Kirchen auf dem Nockherberg vertreten sind, ebenso wie die Karikaturisten. Und das zeigt, dass wir in Bayern alle miteinander wissen, was eine Karikatur ist, nämlich eine gezeichnete Pointe, die zum Lachen anregen soll und auf keinen Fall ernst genommen werden möchte. Selbst das Ernste kommt nämlich in Bayern oft komisch daher, und am Nockherberg sowieso.
»Denn ein fröhliches Herz ist des Menschen Leben, und seine Freude verlängert sein Leben.« (Sirach 30,23)
In diesem Sinne grüßt euch euer Bruder Barnabas.
Prost, gemeinde!
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Originalausgabe 10/2007
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eISBN : 978-3-641-02010-1
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