Bis in den Tod
sie mit langen, gleichmäßigen Zügen weiter und tauchte in Richtung des schimmernd schwarzen Bodens, ehe sie mit einem lauten Stöhnen wieder an die Oberfläche kam.
»Sie schwimmen wie ein Fisch.«
Instinktiv griff Eve nach ihrem Stunner, traf jedoch nur auf ihre nackten Rippen, blinzelte sich hastig das Wasser aus den Augen und drehte ihren Kopf.
»Das ist natürlich ein Klischee.« Reeanna trat an den Rand des Pools. »Aber durchaus passend.« Sie streifte ihre Schuhe ab, setzte sich auf die Erde und tauchte die Beine in das Wasser. »Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen.«
»Weshalb sollte ich?« Eve hielt sich nicht für allzu prüde, aber trotzdem tauchte sie, da sie es hasste, wenn jemand sie unbekleidet überraschte, vorsichtig ein bisschen tiefer. »Sie wollen sicher zu Roarke.«
»Nein, ich war gerade bei ihm. Er und William sind noch oben in seinem Büro. Ich selbst habe gleich einen Friseurtermin.« Sie zupfte an ihren wunderbaren, schimmernd roten Locken. »Ich muss unbedingt was gegen diese Zotteln unternehmen. Summerset erwähnte, dass Sie hier unten wären, also dachte ich, ich schaue kurz herein.«
Summerset, dachte Eve mit einem schmalen Lächeln. Natürlich hatte er sie längst entdeckt. »Ich hatte ein paar Stunden frei und dachte, ich sollte sie möglichst ausnutzen.«
»Was Ihnen hier unten sicher allerbestens gelingt. Schließlich hat Roarkes Zuhause wirklich Stil, nicht wahr?«
»Das kann man so sagen.«
»Eigentlich bin ich nur kurz vorbeigekommen, um Ihnen zu sagen, wie sehr mir der gestrige Abend gefallen hat. Allerdings haben wir beide kaum ein Wort gewechselt. Nun, schließlich herrschte ein ziemliches Gedränge und dann mussten Sie ja plötzlich dienstlich weg.«
»Polizisten sind erbärmliche Gastgeber«, bemerkte Eve und fragte sich, wie sie aus dem Wasser und in ihren Morgenmantel kommen sollte, ohne sich wie eine Idiotin vorzukommen.
Reeanna beugte sich nach vorn, tauchte eine Hand ins Wasser und ließ das warme Nass durch ihre Finger rinnen. »Ich hoffe, es ging nicht um irgendetwas… Schreckliches.«
»Es gab keine Toten, falls es das ist, was Sie meinen.« Eve zwang sich zu einem Lächeln. Sie war tatsächlich eine erbärmliche Gastgeberin, rügte sie sich und dachte, dass sie sich vielleicht ein wenig Mühe geben sollte. »In der Tat haben wir sogar einen gewissen Durchbruch erzielt in einem Fall, an dem ich seit ein paar Wochen arbeite. Wir haben einen Verdächtigen festgenommen.«
»Das freut mich zu hören.« Reeanna legte den Kopf auf die Seite und bedachte Eve mit einem faszinierten Blick. »Ging es dabei womöglich um den Selbstmord, über den wir beim Mittagessen sprachen?«
»Das darf ich leider nicht sagen.«
Reeanna bedachte sie mit einem Lächeln. »Das ist ja wohl ein typischer Polizistensatz. Tja, so oder so, habe ich noch ziemlich lange über die Sache nachgedacht. Ihr Fall, oder wie auch immer Sie so etwas nennen, wäre ein faszinierendes Thema für eine wissenschaftliche Abhandlung. Ich habe so viel im Labor zu tun, dass ich schon seit viel zu langer Zeit nichts mehr geschrieben habe. Ich hoffe, dass ich, wenn der Fall gelöst und somit für die Öffentlichkeit zugänglich ist, noch eingehend mit Ihnen darüber sprechen kann.«
»Das ist sicher möglich. Wenn es so weit ist.« Schließlich war Reeanna eine Expertin und könnte ihr somit durchaus eine Hilfe ein. »Zufällig wird der Verdächtige gerade von Dr. Mira begutachtet. Haben Sie selbst auch schon Verhaltensund Persönlichkeitsbewertungen gemacht?«
»Natürlich. Allerdings aus einer anderen Perspektive als die gute Dr. Mira. Schließlich hat jede Medaille zwei Seiten. Wir kommen häufig zum selben Ergebnis, nur gehen wir die Sache aus verschiedenen Blickwinkeln und auf verschiedenen Wegen an.«
»Vielleicht wäre es in diesem Fall ganz gut, zwei verschiedene Gutachter zu haben.« Eve sah Reeanna fragend an. »Sie haben nicht zufällig eine offizielle Zulassung?«
»Rein zufällig ja.« Immer noch schwenkte Reeanna ihre Hand träumerisch durch das Wasser, ihr Blick jedoch war wach und interessiert.
»Nicht schlecht. Wenn es tatsächlich nötig werden sollte, hätten Sie eventuell Interesse, vorübergehend als Gutachterin für die Polizei zu arbeiten? Sie hätten garantiert grässlich lange Arbeitstage, erbärmliche Arbeitsbedingungen und würden elendig dafür bezahlt.«
»Wer könnte einem solchen Angebot wohl widerstehen?« Reeanna lachte und warf schwungvoll ihre Haare über die
Weitere Kostenlose Bücher