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Bis ins Koma

Titel: Bis ins Koma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Blobel
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allgemein.«
    Seine Mutter mustert ihn amüsiert. »So jung wie du möchte ich auch noch mal sein.«
    Marvel hebt Geld von seinem Konto ab und kauft seiner Mutter die Handtasche, in die sie sich verguckt hat. Ein sündhaft teures Teil. Marvel versteht nicht, was Frauen an Handtaschen toll finden, aber egal. Seine Mutter ist so glücklich und überrascht, dass sie endlich mal sprachlos ist. Und er fühlt sich gut.
    Er trifft sich mit seinem Vater in der Innenstadt zum Mittagessen. Sein Vater ist spendabel. Er hat ein tolles Restaurant ausgesucht und Marvel vertilgt das beste Steak seines Lebens.
    Sven Keller will wissen, was Marvel später einmal werden will.
    »Irgendwas mit Film«, sagt Marvel.
    »Irgendwas mit Film?« Sein Vater lacht gutmütig. »Geht’s etwas genauer?«
    Da erzählt Marvel, dass er sich schon über Filmhochschulen informiert und Material gesammelt hat, alles ausgedruckt und in einem Ordner abgeheftet.
    Er erzählt, dass er sich vorstellen könnte, später mal in einem richtigen Film Regie zu führen. »Ein Krimi oder so was, vielleicht ein Tatort. Das wär geil.«
    »Wenn ich dir irgendwie helfen kann«, sagt sein Vater, »lass es mich wissen. Ich bin immer für dich da. Das weißt du!«
    »Ja«, sagt Marvel, »ich weiß.« Und er meint es ernst.
    »Ich bin stolz auf dich«, sagt sein Vater, als er ihm zum Abschied die Hand auf die Schulter legt. »Du bist so zielstrebig, so vernünftig. Machst keine dummen und krummen Sachen. Weißt du was? Du bist das Beste, was mir in meinem Leben passiert ist.«

    Marvel lächelt. »Danke«, sagt er leise. Und fügt plötzlich hinzu: »Ich wäre gern zu eurer Hochzeit gekommen. Ich wusste nur nichts davon. Mama hatte damit wohl ein Problem.«
    »Ich liebe dich«, sagt sein Vater.
    »Ich liebe dich auch«, erwidert Marvel.

14
    E ines Abends, als er heimkommt, parkt das Auto von Mirandas Vater wieder am Bürgersteig. Und wenig später klingelt es an der Wohnungstür und Miranda steht davor, blasser als sonst und mit Ringen unter den Augen.
    »Darf ich reinkommen?«
    »Klar.« Er öffnet weit die Tür.
    »Wir waren in Trujillo«, sagt Miranda.
    Marvel weiß, dass ihre Eltern aus Trujillo stammen, einem kleinen Ort mitten in Spanien, in der Extremadura.
    »Meine Oma ist gestorben. Wir sind mitten in der Nacht los, ich konnte dir nicht mal mehr einen Zettel in den Briefkasten werfen. Es war so furchtbar.«
    Die Oma ist in ihrer Wohnung gestürzt, sie hat die Hüfte gebrochen und konnte sich keinen Zentimeter mehr bewegen. Sie hat es nicht bis zum Telefon geschafft, das nur einen Meter weit weg war. Sie hat drei Tage da gelegen, ohne einen Schluck Wasser, mit diesen furchtbaren Schmerzen. Als die Nachbarn die Tür aufgebrochen haben, lag sie bereits im Sterben. Am nächsten Morgen war sie tot. Miranda sagt, dass sie die alten Frauen nie vergessen wird, die in die Wohnung gekommen sind, um für die Tote zu singen und sie zu beweinen. »Das war wie ein Stück von García Lorca«, sagt sie.
    Marvel nimmt sich vor, nie etwas von García Lorca zu lesen. Dafür nimmt er Miranda lieber in den Arm, um sie zu trösten. Miranda legt ihren Kopf an seine Schulter. Jetzt erst, wo er ihre Wärme spürt und wieder den Duft ihrer Haare und ihrer
Haut einatmen kann, merkt er, wie sehr sie ihm gefehlt hat. Wie schmerzhaft er sie vermisst hat.
    Er sollte mit Miranda trauern über den Tod ihrer Großmutter, aber seine Freude, sie wiederzusehen, ist viel zu groß.
    »Hast du mich vermisst?«, flüstert Miranda.
    Marvel nickt.
    Miranda rollen plötzlich Tränen über die Wangen. »Tim hat mich nämlich nicht vermisst«, flüstert sie.
    »Was?«, fragt Marvel. Er spürt, wie sein Herz schneller schlägt.
    »Dieser Typ ist so fies! Als ich weg war, weil meine Oma gestorben ist … Kann ich was dafür? Da hatte er nichts Besseres zu tun, als sich in Sara zu verlieben!«
    »O Mann«, murmelt Marvel, »das ist hart.«
    Er möchte, dass Tim in diesem Augenblick an der Wohnungstür klingelt. Er möchte ausholen und ihm eine reinhauen. Einfach so. Er wollte Tim schon die ganze Zeit eine reinhauen.
    »Und du? Ist es dir wenigstens gut gegangen?«, fragt sie.
    »Nein«, flüstert er. »Mir ging’s schlecht.«
    »Wieso?«
    »Weiß nicht. Weil du weg warst. Und wegen dieses Typen.«
    »Tim?«
    »Ja. Ich dachte, ihr seid immerzu zusammen.«
    »Und das fandst du nicht gut?«
    »Ich fand’s scheiße.«
    Da lächelt Miranda zum ersten Mal. »Ich hab auch oft an dich gedacht, Marvel. Sogar bei der

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