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Bis Sansibar Und Weiter

Titel: Bis Sansibar Und Weiter Kostenlos Bücher Online Lesen
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ins Regal und schleppte mein Fahrrad, an dem ich seit Tagen die Gangschaltung reparierte, in den Keller. Dann schnappte ich mir den Staubsauger, säuberte den Teppich und holte die Spinnennetze aus den Zimmerecken. Eine halbe Stunde später sah es in meiner Chaosbude aus wie in einem Möbelhaus-Katalog. Meine Mutter zeichnete, ich konnte sie jetzt nicht stören. Sie hätte sich bestimmt gefreut, wenn sie mein Zimmer gesehen hätte. Oder auch nicht. Sie ist selbst nicht besonders ordentlich. Vorsichtig ausgedrückt.
    Ein Mädchen kam zu Besuch und ich verwandelte mich in ein Ordnungsmonster. Komische Sache. Vielleicht hätte ich das ja verstanden, wenn ich verliebt gewesen wäre. Aber so?
    Irgendwann klingelte es und Linda stand vor der Tür. In meinem aufgeräumten Zimmer ließ sie sich auf das perfekt gemachte Bett fallen. Ich setzte mich an den Schreibtisch und wartete.
     
    Ich hätte es mir denken können. Bei jeder anderen hätte ich damit gerechnet. Nur bei Linda nicht. Keine Ahnung, was ich erwartet hatte. Jedenfalls bestimmt nicht diese einmalig blöde, mir schon von jedem aus meiner Klasse gestellte Frage: »Kannst du mir in Mathe helfen, Marius?«
    »Ja«, sagte ich, wie ich es bisher noch immer getan hatte. »Klar.«
    Und dafür hatte ich mein Zimmer aufgeräumt! Dafür hatte ich geduscht und mir ein halbes Pfund Gel in die Haare geschmiert! Hätte sie mich das nicht genauso gut am Telefon fragen können?
    Sie stand auf und wickelte sich eine neue Locke in ihren Pferdeschwanz. »Prima. Danke«, sagte sie und wandte sich zur Tür.
    »Moment!«, rief ich und musste mich anstrengen, meine Stimme nicht allzu unfreundlich klingen zu lassen. »Wie oft, wann und wo?«
    »Zweimal die Woche?«, fragte sie.
    »In Ordnung.«
    »Mittwochs und donnerstags?«
    »Geht klar.«
    »Um sechs?«
    »Ja.«
    »Und was kostet das?«, wollte sie wissen.
    »Kosten? Nichts.«
    Als Linda gerade gehen wollte, klopfte es und meine Mutter steckte ihren Kopf durch die Tür. »Oh«, sagte sie. Mehr nicht.
    »Das ist Linda.«
    »Schöner Name«, sagte Mama und gab Linda die Hand. »Finde ich auch«, sagte die.
    »Bist du die Neue?«, fragte meine Mutter. Sie hatte tatsächlich behalten, was ich ihr erzählt hatte, obwohl sie an dem Geschenkpapier arbeitete.
    Linda nickte.
    »Willst du mal was Schönes sehen?«, fragte Mama langsam. »Was ganz Schönes?« Sonst zeigte meine Mutter keinem Fremden ihre Arbeit. Komisch, dass sie gerade bei Linda eine Ausnahme machte.
    »Tut mir Leid. Ich muss nach Hause. – Danke«, sagte Linda. Damit war sie verschwunden.
    »Ich gehe dann wieder«, sagte Mama. Ihre Stimme klang traurig.
    Was bildete sich Linda überhaupt ein?! Da hatte sie die Chance, eine der besten Geschenkpapier-Designerinnen der Welt kennen zu lernen, und haute ab! Ließ meine Mutter einfach stehen! Und ich Idiot hatte auch noch zugesagt, ihr Nachhilfe zu geben! Zweimal die Woche! Für null!
    Weil ich es zu Hause nicht mehr aushielt, rannte ich nach draußen. Das tue ich immer, wenn ich sauer bin. Rennen, bis die ganze Wut rausgerannt ist. Rennen, bis mir das Herz unter der Zunge sitzt. Rennen, bis meine Füße brennen. Die Sonne schien von einem wolkenlosen samtblauen Himmel, das Thermometer war über die 20-Grad-Marke geklettert. Auf der Straße spielten Kinder Fußball, auf den Feldern, die gleich hinter unserem Haus beginnen, verwandelte sich das Regenwasser in dünnen Nebel.
    Während ich durch die Straßen rannte und meine Wut mit jedem Kilometer nachließ, fand ich mich plötzlich vor dem Haus des Kapitäns wieder. Er lag noch immer auf dem Deck seines Schiffs.
    »War der Doktor schon da?«, rief ich. Und als der Mann nicht antwortete: »Hallo Sie, war der Doktor schon da?«
    »Brüll hier nicht so rum!«, hörte ich die mürrische Stimme des Kapitäns. »Ich bin alt. Aber taub bin ich nicht!«
    »War der Doktor schon da?«, rief ich zum dritten Mal. »Ja, zum Donner!«
    »Und?«
    Der Kapitän gab keine Antwort. Er fischte eine Illustrierte vom Boden und begann, darin zu lesen.
    Ich startete einen letzten Versuch. »Alles klar?«, rief ich.
    Aber der Mann antwortete nicht. Da besorgte ich ihm einen Arzt, rettete ihm damit vielleicht das Leben, und er hatte es nicht mal nötig, mit mir zu reden! Linda, Stratmann, der Kapitän – die hatten doch alle einen an der Mütze! Aber jetzt war Schluss. Ab jetzt würde ich mich nur noch um meinen eigenen Kram kümmern. Ich würde Linda beibringen, was sie in Mathe wissen musste. Vier Wochen

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