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Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Titel: Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Toten Hosen
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alle ganz großen Haie gewesen sind, und dann findest du zurück in Bilk auf der Wohnungstreppe deine Frau, zusammengesackt im Flur. Nachher hieß es, es habe an einer Stunde früher oder später gehangen, wie es mit Susi ausging. Aber das kann auch der Frau eines Stahlbauschlossers passieren, der auf Montage fährt, oder eines Vertreters für Sockenhalter. Das liegt nicht am Rock’n’Roll.
    Es ist immer noch das gleiche Ding, das wir als Hosen zusammen durchziehen. Auch wenn jetzt ein paar Mark mehr dabei rüberkommen. Das Geld, die neue, größere Wohnung mit dem Garten hintendran, der Ring an meinem Finger und ein Sohn - das alles ändert daran wenig. Du bist ein Arschloch oder du bist keins. Es ist aber so, daß sich manche Dinge in ihrer Bedeutung verschieben. Heute, mit dreißig und drüber, würden wir ein Lied wie »Ficken, Bumsen, Blasen« vielleicht nicht mehr erfinden. Es würde sich einfach nicht ergeben. Oder diese Tour mit dem Kindersarg voller Gitarren auf dem Dach - inzwischen kann ich nachvollziehen, warum ein paar Mütter sich darüber aufregten. Damals konnte ich es nicht.
    Jeder Tag ein neues Ziel. Ich bin noch genauso gerne mit den Jungs unterwegs wie vor sieben, acht Jahren, aber heute komme ich auch genauso gerne zurück. Zu den hohen Zeiten meiner Spielsucht und der Drogenexzesse war mir im Grunde alles scheißegal; ich mußte mich um nichts und niemand kümmern. Und so ging es auch Susi, »Merchandising-Susi«, die ich in dem Jahr kennenlernte, als sie mit einem Stand voller Poster und T-Shirts mit uns auf Tour gewesen ist.
    Es war eine harte Zeit für Susi, in unserem Männerclub einen Fuß in die Tür zu kriegen. Feste Freundinnen, die auf der Tour dabei sind, waren bei uns bis dahin streng verpönt. Als Susi dann schwanger wurde, hieß es zuerst: »Wenn Kuddel Familie hat, bricht alles auseinander.« Das Gegenteil davon passierte: Timmi brachte Verantwortung und Struktur in Susis und meine Tage, die wir vorher nicht gekannt hatten. Wir hatten immer gut gelebt und genossen, aber ohne jedes Ziel. Ich trug mein Geld in die Spielhallen rund um den Hauptbahnhof und schmiß es solange in die Automaten, bis nichts mehr davon übrig war. Vierhundert Mark Einsatz am Tag waren keine Seltenheit. Hatte ich mal gewonnen, machte mich das nur um so trauriger; ich setzte alles sofort wieder ein, denn ich wollte verlieren. Das war der Punkt, an dem ich merkte, daß ich nun spielsüchtig geworden war - ohne daß mir diese Erkenntnis zunächst half. Erst als Susi mir einen dieser Automaten kaufte und in die Wohnung stellte, war es mit dieser Sucht schlagartig vorbei. Das High-Life aber ging weiter: Ich ging dreimal am Tag japanisch essen, wenn mir danach war, oder kaufte mir sinnloses Zeug. Ich hatte ja genug Kohle, dachte ich, und überhaupt kein Verhältnis dazu. Als dann die Nachforderungen vom Finanzamt fällig wurden, war die Kohle plötzlich weg. Schlimmer noch: Ich hatte Schulden.
    Timmi ist inzwischen vier Jahre alt und hat uns einigermaßen im Griff. Auch deshalb wollen wir so bald wie möglich noch ein zweites Kind. Unser Manager hat damals den besten Kommentar abgegeben, als er von Susis Schwangerschaft erfuhr. Er überschlug im Geiste erst mal den Tourplan, dann nickte er gefällig. »Termin ist okay. Ist sogar ziemlich genial.« sagte er.
    Ist das zu fassen?

Immer wieder Ellermann

    Bass und Kleister: Andi 1984
    Wenn es stimmt, was die im Büro sagen, werde ich, Andi, ab Februar wahrscheinlich wieder das Vergnügen haben, auf dem Weg in den Proberaum an unseren neuen Plakaten vorbeizulaufen. Es werden große DIN-A-Null-Plakate mit unseren Tourdaten und einem Hinweis auf die Platte sein, mit denen die Republik dann zugepflastert wird. Mit ein bißchen Glück hängen sie dann auch in meiner Nachbarschaft, und in dem Fall werde ich mal checken, ob die Kolonne, die da geklebt hat, was taugt oder nicht. Und ich sage euch: Das habe ich im Bruchteil einer Sekunde raus.
    Man darf nicht einfach alles vollpatschen und dann sofort -zack! - das Papier an die Wand. Das gibt diese vielen kleinen Blasen, die einfach nicht mehr Weggehen. Und es muß Salz in den Kleister, wenn es draußen friert, sonst wird die ganze Soße fest. Könnte ja im Februar passieren. Wie oft bin ich in den letzten Jahren mit dem Tourbus von der Halle ins Hotel zurückgekommen und hab mies geklebte Plakate von uns gesehen, und wie oft hab ich dann innerlich gegrinst. Genauso haben wir es früher auch gemacht: Nach dem Hotel der Band

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