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Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Titel: Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Toten Hosen
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besten klarkomme. Das hat sich so ergeben. Er ist ein kleiner Spieler -Billard, Zocken und so weiter. Ich bin als einziger Fan auf seiner Hochzeit gewesen, mit meiner Freundin, das fand ich sehr ehrenhaft. Wir wollten auch schon mal einen Fanclub gründen, aber einen guten. Es gibt ja welche, die wie’n Uber-wachungsverein vorgehen. Da sind dann sogenannte »Fans«, die räumen systematisch die Mülleimer der Hosen aus, um zu kontrollieren, wie da so der Lebenswandel ist. Ich finde, das geht unter die Gürtellinie.
    Inzwischen haben wir einen eigenen Malereibetrieb gegründet, aber das ist kein Hindernis. Die viertausend, die ich nicht verdiene, weil ich mit auf Tour bin, sind mir egal. Diese Woche ist eine Bekannte von mir mit Neununddreißig an Krebs gestorben, das war für mich ein Schlüsselerlebnis. Erst vor fünf Wochen hatte sie erfahren, daß sie Krebs hat. Ich sage mir heute: Solange ich das noch machen kann und es mir gut geht, muß ich das ausnutzen. Nur nehme ich mittlerweile kaum noch Leute mit, weil - es wird einem nicht gedankt. Im Vorfeld sagen alle, sie wollen auch gerne, blabla. Dann renn ich mir die Hacken ab für Tour-Pässe, aber nachher sitzen die im Auto und interessieren sich für sonstwas, nur nicht fürs Konzert.«
    Doch Siggi interessiert sich, nach wie vor. Vielleicht ist er als Maler ein bißchen viel mit Lösungsmitteln in Berührung gekommen, daß er ausgerechnet auf die Hosen abfährt - vielleicht ist es auch nur, weil er aus Cloppenburg kommt. Jedenfalls ist er bis heute dran geblieben, und inzwischen betrachte ich ihn als eine Art Boje für unsere Integrität: Solange Siggi noch da ist, kann noch nicht alles verkehrt mit uns sein.
    Und dann kam »Alex«. Kein Kumpel von Siggi, kein neues Bandmitglied, sondern Alex, der aggressive Anführer der »Bratschniks« aus der Korova-Milchbar, wie sie Anthony Burgess 1962 für seinen Roman »Clockwork Orange« erfand. Nachdem Stanley Kubrick die Story zehn Jahre später zu einem genialen Film verwurstete, fiel die von Burgess erstellte Bühnenversion eines Tages dem Regisseur Bernd Schadewald in die Hände. Schadewald hatte Campi schon einmal in einem Film namens »Die Verlierer« eingesetzt und uns alle in einem Hamburger »Tatort« auftauchen lassen. Nicht viel später, im Mai ’88, war an den Kammerspielen in Bad Godesberg eines dieser Stücke geboren, mit denen pfiffige Mitvierziger-Regisseure zu der Zeit versuchten, die »junge Generation« in ihre faulenden Musentempel zu lok-ken - die Neubauten wüteten gerade in Hamburg, bei Peter Zadek. Und nach einigem Zögern ließen wir uns dazu überreden, mitzuspielen.
    Es hatte einige Debatten gegeben, ob wir auf das Angebot der Bonner Intendanz eingehen sollten. Für uns war die Geschichte von Alex und seiner Umerziehung durch die »Ludo-vico-Therapie« immer ein Kultbuch gewesen, und ein Kultfilm. Andererseits spürten wir den Dreh dahinter, mit unserem Namen und unserer Musik bloß die mutmaßlichen Wahlmiete-Abonnenten des Jahres 2000 zu ködern. Am Ende siegten die Liebe zum Stoff und die Neugier, wie das so ist, auf einer Bühne zu stehen und Songs zu bauen, deren Text vorgegeben ist. Und weil wir wußten, daß es um Staatsknete ging, hatten wir auch gut um die Gage gepokert - bis heute hat dort keiner gemerkt, daß wir die Backline immer zweimal berechneten.
    Wie so oft in Deutschland, wenn es um die Darstellung von links- oder rechtsdrehenden Jugendkulturen ging, stimmte es dann aber weder dramaturgisch noch sprachlich genau. Alles war gut gemeint, wenn auch zu sehr am Film ausgerichtet, aber im Endeffekt sprang natürlich wieder eine Horde Kunstjugendlicher unter großem Lichtgeblitze aus dem Orchestergraben hervor und deklamierte Kunstjugendslang. Und diese geklonten »Figuren aus dem Leben« waren wir.
    Aber die Bude war endlich mal wieder voll. Die Leute kletterten sogar durch die Fenster des Theaters im zweiten Stock, um dabei zu sein. Und wir, diejungs von der Korova-Bar, fak-kelten insgesamt ein halbes Dutzend Songs während des Stücks ab, die wir geschrieben hatten: »Hier kommt Alex«, »Farbe grau«, »Vorführ-Kriminelle«, »Zahltag« u.a. Die Besucher wurden mit Handzetteln vorgewarnt, daß es bei diesem Stück ein wenig lauter zugehen könnte, und man bot Ohrstöpsel an. Und damit waren die Elemente erfolgreich voneinander getrennt: Wer aus einer der zwanzig Vorstellungen rauskam, nahm die Idee mit, vielleicht mal das Buch von Burgess oder Kubricks Film einzusehen. Sehr

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