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Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Titel: Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Toten Hosen
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Hagen würde heiraten, ganz große Show auf Ibiza, und die Hosen mittendrin - ich müßte einfach kommen! Und ich kam.
    Ariane wollte mich dafür fast umbringen, aber es war für die Band. Was immer für die Band war, hatte bei jedem von uns höchste Priorität. Es ging nicht gegen »die Weiber« dabei, sondern es ging einfach um die Band.
    Aber die »Hochzeit« von Nina Hagen war ein Fake, eine lächerliche Zeremonie. Das Ganze wurde längst nicht so groß gefahren wie es angekündigt war. Es war popelig, um genau zu sein, und ganz definitiv nichts, wofür man seine Freundin nach vier Tagen allein unter den Palmen von St. Lucia zurückläßt. Wann immer ich mit Ariane dann in den letzten zwei Jahren unserer Beziehung Streit bekam, schmierte sie mir die Karibik-Katastrophe wieder aufs Brot. Nina Hagen wurde Arianes Joker.
    Hey ho, let’s go - wir nahmen wieder Kurs auf europäische Hallen, nachdem wir im Oktober das letzte Mal an der Ko-rova-Bar in Bonn gehockt hatten. Wenige Wochen nach einem kurzen Abstecher mit zwei Gigs in Litauen brachten wir uns in einem guten Dutzend Hallen zwischen Osnabrück und Amsterdam als Live-Band in Erinnerung. Die beiden ausverkauften Gigs an den Weihnachtstagen zu Hause im »Tor 3« wurden der krönende Abschluß des gelungenen Jahres, und sie begründeten eine kleine Tradition - fast jede Weihnacht, oder sagen wir: jede zweite, geben wir in unserer Heimatstadt ein oder zwei Konzerte.
    Dann beging ich einen Fehler, aus Gutmütigkeit: Ich fuhr mit diesen Verrückten, diesen manischen Kletterern, Kiffern und Trunkenbolden, ausgerechnet in die Ferienwohnung meiner Eltern in Strobel am Wolfgangsee. Unser alljährlicher gemeinsamer Winterurlaub wurde diesmal ein Massaker. Oben auf dem Berg rutschten wir mit unseren Skiern über den Schlamm, zu dem ein viel zu milder Januar den Schnee zusammengeschmolzen hatte. Unser sogenannter »Großer Preis vom Wolfgangsee« wurde trotzig ausgefahren, aber alle fühlten sich bei den Bodenverhältnissen als Verlierer. Nor-bert/Heino war an einem der ersten Abende vom Barhocker gekippt und hatte sich einen Arm gebrochen. Und eines Nachts hatte Bollock, der damals noch keinen Führerschein besaß, unseren Leihwagen beim Einparken mit Vollgas genau auf die Hecke von Frau Hödelmoser gesetzt.
    Keiner hatte eine Ahnung, wie die Karre in die Botanik unserer Nachbarin gekommen war; alle waren sturzbetrunken. Dann kam Frau Hödelmosers Sohn aus dem Haus, besah sich die Szene und befand genauso betrunken, daß dies doch ein guter Parkplatz wäre. Wir gaben auch noch ein Konzert im nahen Bad Ischl, zusammen mit einer örtlichen Bluesband. Durch die fortgesetzten Saufereien waren wir aber derart außer Form, daß uns die Jugend von Bad Ischl nicht abnahm, die auch hier bekannten »Toten Hosen« zu sein. Wer so schlecht spielte, konnte unmöglich schon ein paar Platten in die Charts gebracht haben. Übles Plagiat,ganz klarer Fall.
    Alles war ziemlich grausam am Wolfgangsee - und alles würde ich sofort noch einmal wiederholen. Wo immer wir bei unseren Urlaubsversuchen zusammen auftauchten, wurde es chaotisch bis katastrophal, aber niemals langweilig. Wir konnten abstürzen und verunglücken, peinlich sein oder rausgeworfen werden, dann war das eben so. Doch ohne irgendwas Denkwürdiges ging es eigentlich nie ab.
    Sind wir in Bad Ischl nicht auch noch aufgefordert worden, die Gemeinde innerhalb von vierundzwanzig Stunden zu verlassen ? Kuddel und ein paar andere meinen, ja - aber ich kann mich nicht daran erinnern. Dafür sind wir zu oft irgendwo rausgeflogen. Ich weiß nur, daß wir nach dem Pleitenurlaub am Wolfgangsee die bis dahin unglaublichste und erfolgreichste Tournee unseres Daseins erlebten, von März bis Mai '89. Wenn wir auf die beliebte Journalistenfrage nach dem »Endgültigen Durchbruch« unbedingt etwas antworten müßten - ich würde diese Tour angeben.
    In diesem Frühjahr wollten uns alle sehen. Wir spielten inzwischen fast nur noch in den größeren Hallen der größeren Städte, Hallen der Dreitausend-und-drüber-Kategorie, und wegen der großen Nachfrage spielten wir nicht selten an zwei Abenden hintereinander am gleichen Ort. Zweimal Biskithalle Bonn, zweimal Volkshaus Zürich, zweimal Tempodrom Berlin. Auch diese Zusatzgigs waren restlos ausverkauft. Jeden Abend sah man noch Fangruppen vor der Halle, die von der Abendkasse aus enttäuscht nach Hause schlurften. Diese Leute wollten wir auch noch bedienen; wir wußten sogar ziemlich schnell,

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