Bis zum Hals (T-FLAC) (German Edition)

seinen Rücken. »Dem Himmel sei Dank, dass Sie hier draußen waren. Ich glaube nicht, dass ich mich noch viel länger hätte über Wasser halten können. «
    »Sie haben Glück gehabt, dass ich dabei war, mir mein Mittagessen zu fangen, ehe der Sturm losbrach. «
    »Heute ist echt mein Tag! « Tally rieb sich die kalten Oberarme mit genauso kalten Händen. »Ich werde bei einem Fischmenü nie wieder die Nase rümpfen. Sie haben mir das Leben gerettet. « Sie griff nach der Reling, um nicht hinzufallen, als die Yacht von den Wellen hin und her geworfen wurde. Die Gischt tränkte erneut ihre bereits triefnasse Kleidung. Sie zitterte.
    »Kein voreiliges Aufatmen, Schätzchen. Wir sind noch nicht in Sicherheit«, erklärte er ihr mit einem schnellen Blick auf den sich verdunkelnden Himmel.
    Er machte eine Kehrtwende, um ihr gerade ins Gesicht zu sehen, und Tally holte keuchend Luft. Unwillkürlich trat sie einen Schritt zurück. Für einen Sekundenbruchteil hörte ihr Herz fast zu schlagen auf, um dann ruckartig wieder zu einem schweren Pochen zu erwachen, das ihren Körper mit Hitze und Prickeln erfüllte.
    Allmächtiger Himmel!
    Ein Pirat!
    Eine schwarze Klappe bedeckte das linke Auge ihres Retters. Das elastische Band, welches sie am Verrutschen hinderte, zog eine dünne Linie zwischen seinen dunklen Brauen über die Stirn. Sein dunkles Haar war nass, und er hatte es sich aus dem schmalen Gesicht nach hinten gestrichen. Das kräftige Kinn wies einen Anflug von dunklen Stoppeln auf. Und er trug den strengen Ausdruck eines Mannes zur Schau, der von Dämonen gejagt wurde und dem gefährliche Situationen nichts ausmachten. Er wirkte abgerissen, zerzaust und doch seltsam anziehend. Tally vermutete, dass ihre Reaktion auf ihn eine Folge des Schocks war.
    »Genug gesehen? «, fragte er trocken, als sie nicht aufhörte, ihn anzustarren. »Oder wollen Sie, dass ich mich auch noch umdrehe? «
    Klar, tu das. »Verzeihung. Ich hab’ eigentlich nicht richtig geguckt - war wohl einen Moment weggetreten. « Na toll, wirklich brillant, Tallulah! »Ich hab eigentlich nicht richtig geguckt«? O Mann. Sie stieß einen Seufzer aus.
    Nicht übertrieben groß, war er jedoch kräftig gebaut und überragte ihre nicht unbeachtlichen einen Meter fünfundsiebzig um höchstens zehn Zentimeter. Ein Meter fünfundachtzig reine Kraft, Männlichkeit. Seine breiten, dunkel gebräunten Schultern glänzten feucht. Salzwasser glitzerte wie winzige Diamanten in seinem Brusthaar und den seidigen, dunklen Haaren an den muskelbepackten Beinen. Hände und Füße hatten das Ausmaß von Bratpfannen.
    »Verständlich.« Sein spöttischer, rätselhafter Blick nahm die sich an ihren Körper schmiegende Kleidung, die nackten Füße und den hartnäckigen Griff, mit dem sie die Reling umklammerte, als sein Boot über die Wellen glitt, in sich auf.
    Es gab nichts, was sie für ihre Erscheinung hätte tun können; deshalb versuchte sie gar nicht erst, an sich herumzuzupfen. Davon abgesehen wollte sie auch nicht die Aufmerksamkeit auf ihre Bluse lenken, die in ihrem nassen Zustand völlig durchsichtig war. Nicht dass er wie jemand aussah, dessen Chemie gleich tobte bei einer Frau wie ihr. Sie verspürte eine leicht perverse Enttäuschung angesichts der Erkenntnis, dass der Pirat weit entfernt davon war, beim Anblick ihrer A-Körbchen vor Lust auszurasten und nicht einmal Anstalten machte, ihre Bluse aufs Korn zu nehmen.
    Sein stählernes, whiskeyfarbenes Auge durchdrang sie, und Tallys Magen schlug einen seltsamen Purzelbaum. Adrenalin fegte immer noch mit höllischer Geschwindigkeit durch ihren Körper.
    Tief und leicht zittrig atmete sie ein. »Tally Cruise.« Glücklicherweise hörte sie sich unter den gegebenen Umständen einigermaßen vernünftig an und streckte lächelnd ihre Hand aus.
    »Michael Wright.« Er nahm ihre Hand nicht mit der Rechten, sondern mit seiner Linken. Sein Daumen strich über ihre Fingerknöchel. Leichte Stromstöße schossen ihren Arm hoch. »Sie haben da ein paar Kratzer. «
    Überrascht schaute Tally nach unten. Seine Pranke war dunkel und so groß, dass ihre hellen Finger förmlich in seinem Griff verschwanden. Ihre Knöchel wiesen rote Schürfungen auf. Wahrscheinlich weil sie versucht hatte, sich am Rumpf seines Bootes festzuklammern. »Ich spüre nichts - es tut nicht weh. « So schön es auch war, hier zu stehen, während er ihre Hand hielt, entzog sie ihm doch sanft ihre Finger. Die Stromstöße, die sie eben noch in ihrem Arm