Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bis zum Hals

Bis zum Hals

Titel: Bis zum Hals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
Vom Netzwerk:
die kein Blut und kein Verlangen zu enthalten schienen.
    »Ja, das ist er«, bestätigte ich, schob die Foto-Automaten-Passfotos in den Umschlag zurück und reichte ihn Hufschmidt wieder rüber.
    Der Schock war gewichen und hatte einem dumpf in mir nagenden Wunsch nach Vergeltung Platz gemacht.
    Hufschmidt linste in den Umschlag, fingerte darin herum, brachte den Streifen mit zwei Aufnahmen zum Vorschein und schlug dann mit der flachen Hand auf den Tisch.
    »Raus damit!«, bellte er und fügte, als ich ihn verwundert anblickte, »das dritte Foto!« hinzu, woraufhin ich zu meiner Verblüffung feststellen musste, dass mir das einzelne Passbild irgendwie unter der schwitzigen linken Handfläche kleben geblieben war. Zögernd händigte ich es aus.
    »Wo habt ihr die Fotos her?«
    »Waren zusammen mit einem handgeschriebenen Zettel in einem Umschlag, den wir in der Nähe des Unfallorts in einem Gebüsch gefunden haben.«
    »Des Tat orts«, verbesserte ich ihn. Er zuckte die Achseln.
    »Wie ist der Umschlag dahingekommen? Und wo ist das vierte Passfoto?« Wieder Achselzucken. Der Kommissar machte an diesem Nachmittag nicht den gesprächigsten Eindruck. Und auch nicht den zufriedensten. Das hieß, die Dinge konnten nicht ganz schlecht stehen für mich.
    »Kann es sein, dass das Opfer ahnte, was man mit ihm vorhatte, und den Umschlag bewusst weggeworfen hat, damit er seinen Mördern nicht in die Hände fällt?«
    »Jetzt mach mal halblang, Kryszinski. Erstens ermitteln wir immer noch ausschließlich wegen fahrlässiger Tötung und weiterhin nur gegen dich. Und zweitens sind es immer noch wir, die hier die Fragen stellen.«
    »Habt ihr den Toten überhaupt schon identifiziert?«
    Kopfschütteln.
    »Vielleicht findet sich ja ein Hinweis in dem Schreiben? Kann ich’s mal sehen?«
    Schnauben. »Sonst noch irgendwelche Wünsche?«
    »Ja: Ich will meinen Lappen zurückhaben.«
    Hufschmidt machte einen regelrecht sichtbaren inneren Schritt rückwärts. »Das muss der Hauptkommissar entscheiden«, behauptete er.
    Fast hätte ich gelacht. Meine Blutprobe war negativ, hieß das, und Hufschmidt ärgerte sich bucklig darüber.
    Menden kam in sein Büro, ein entfaltetes, handbeschriebenes Blatt in der Hand. Er wedelte lustlos damit.
    »Vermutlich russisch«, stellte er fest. »Wer übersetzt aus dem Russischen für uns?«, fragte er Hufschmidt.
    »Ist das nicht dieser verhinderte Atomphysiker von ›Weltsprachen Sondermann‹? Gisbininjew oder so ähnlich?«
    »Oder so ähnlich. Rufen Sie ihn an. Der soll sich das hier mal ansehen.«
    Mit einem Ruck wandte sich Menden an mich. »Gut möglich, dass der Mann, den Sie überfahren haben, ausländischer Staatsbürger war, Kryszinski. Gut möglich, dass unsere Ermittlungsarbeit von mehr als nur einer übergeordneten Stelle unter die Lupe genommen werden wird. Anders ausgedrückt: Solange Sie Ihre Schutzbehauptungen aufrechterhalten, machen Sie uns wieder mal einen Haufen Scheiß-Arbeit.« Das Ganze in flachem, bedrohlichem Monoton. Menden kann einen anschnauzen, ohne die Stimme zu heben.
    »Ich bin gerne bereit, Ihnen einen Teil davon abzunehmen«, versicherte ich mit all der Blauäugigkeit, zu der ein Mann mit zwei rostbraunen Iriden fähig ist.
    »Das glaube ich gern«, knurrte der Hauptkommissar. »Deshalb lassen Sie’s uns hier und jetzt unverzüglich klarstellen: Sie werden sich aus der Angelegenheit komplett heraushalten, verstanden?«
    Ich nickte ernsthaft, doch Menden sah gar nicht her.
    »Wer ist eigentlich mit der Autopsie beauftragt?«, fragte ich und brachte ihn damit nahe daran, mit der Faust auf den Tisch zu hauen. Doch er merkte es und fing sich.
    »Sie haben mich gehört«, grollte er.
    Ich stand auf. »Seien Sie mal ehrlich«, forderte ich provokant. »Würden Sie von einem Klempner erwarten, einen Wasserschaden im eigenen Haus so lange pladdern zu lassen, bis irgendeine schwachsinnige Behörde entschieden hat, ob es sich dabei tatsächlich um einen Rohrbruch oder aber möglicherweise um ein natürlich fließendes Gewässer handelt?« Ich sah von einem zum anderen. Keine Antwort. Das Adjektiv »schwachsinnig« hätte ich aus der Frage besser herausgehalten, fiel mir auf. Ging den beiden irgendwie schräg rein, das spürte man.
    »Also«, fuhr ich eilig fort. »Da dürfte es doch wohl schwierig werden, Ähnliches von einem Detektiv zu verlangen, oder?«
    »Wieso das denn?«, brauste Hufschmidt auf. »Du hältst dich raus oder wir buchten dich ein. Was soll daran schwierig

Weitere Kostenlose Bücher