Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bis zum Horizont

Bis zum Horizont

Titel: Bis zum Horizont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Paul Evans
Vom Netzwerk:
mich an. »Ich habe sie mit meiner Arbeit ermordet.«
    »Wo haben Sie denn gearbeitet?«
    »Ich habe für eine Firma namens Young and Rubicam gearbeitet.«
    Das hatte ich nicht erwartet. Young and Rubicam ist eine der größten und angesehensten Werbeagenturen der Welt. »Sie waren in der Werbung?«
    »Dann kennen Sie die Firma?«, fragte er, offenbar nicht allzu erfreut darüber.
    »Ich war früher selbst in der Werbung«, sagte ich. »Was haben Sie gemacht?«
    »Kundenbetreuung, Account-Management, wie immer man das heutzutage nennt. Ich hatte den Chanel-Account.«
    »Das ist ein Riesen-Account.«
    »Hundertfünfzig Millionen Dollar«, sagte er langsam. »Einen Account wie Chanel hast du nicht, er hat dich. Jubiläen, Nachbarschaftspartys, Geburtstage, die Beerdigung meines Schwiegervaters – ich war nie da. Meine Frau wurde zu einer Fremden. Ich wusste genau, welches Parfüm die Frauen der einzelnen Altersklassen in jeder Stadt Amerikas trugen. Aber ich wusste nicht, welche Blumen meine Frau mochte. Ich wusste nicht einmal, welches Parfüm sie mochte.
    Eines Tages kam ich etwas früher von einer Geschäftsreise nach Hause und überraschte sie mit einem anderen Mann. Er war zu Tode erschrocken. Ich bin sicher, er hatte Angst, dass ich ihn in einem Anfall von Eifersucht umbringen würde. Er sagte: ›Ich wusste nicht, dass sie verheiratet ist. Ehrlich.‹ Meine Frau sagte: ›Dann hast du etwas mit meinem Mann gemeinsam.‹« Er schüttelte den Kopf. »Eines muss man ihr lassen, schlagfertig war sie schon immer.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.
    »Wir haben uns natürlich scheiden lassen. Ich habe meinen Job gekündigt, habe mir diesen Truck gekauft und angefangen zu fischen.« Er stellte seinen Teller auf dem Boden ab. »Ich nehme an, Ihre Frau wollte nicht gehen.«
    Ich sah auf den Fluss hinaus. »Nein, sie wäre gern geblieben.« Ich wandte mich wieder zu ihm um. »Haben Sie versucht, Ihre Ehe noch zu retten?«
    »Nachdem meine Wut verraucht war, habe ich meine Frau gebeten, zu bleiben. Ich habe ihr sogar versprochen, dass ich meinen Job kündigen würde. Aber es war zu spät.«
    »Ich hatte eine kleine Agentur in Seattle. Ich habe auch viel gearbeitet, aber ich habe meine Frau in die Arbeit einbezogen. Zumindest in dem Maße, in dem sie es gern wollte.«
    »Das wäre in einer großen Agentur nicht möglich«, sagte er.
    »Nein, das wäre es nicht«, gab ich ihm recht.
    Er stieß eine Rauchwolke aus. »Ich glaube, ich war süchtig nach dem Stress.«
    »Das kenne ich«, sagte ich. »Stress ist wie eine Droge. Und sie bringt einen auch um.« Ich sah ihn an. »Deswegen fischen Sie.«
    »Deswegen fische ich.« Er zog an seiner Pfeife, dann stieß er den Rauch langsam aus. »Was werden Sie tun, wenn Sie in Key West angekommen sind?«
    »Ich weiß nicht. Ein bisschen Key Lime Pie essen.«
    Er begann zu lachen, anfangs fast unmerklich, dann immer lauter, bis er sich schließlich fast krümmte. »Key Lime Pie«, sagte er. »Ein bisschen Key Lime Pie essen.«
    Als wir mit dem Essen fertig waren, war es dunkel.
    »Danke für das Essen«, sagte ich. »Wir sollten uns besser wieder auf den Weg machen. Wir müssen noch unser Lager aufschlagen.«
    »Wo zeltet ihr heute Nacht?«, fragte er.
    »Keine Ahnung. Auf dem ersten Zeltplatz, den wir erreichen.«
    »Das ist noch ein ganzes Stück«, sagte er. »Hier in der Gegend gibt es keine Campingplätze. Ihr könnt gern bei mir bleiben. Da hinten sind ein paar Schlafkojen. Ich kann im Führerhaus schlafen.«
    »Ich dachte, hier darf man nicht zelten.«
    »Ich zelte nicht«, sagte er. »Ich parke.«
    Ein echter Werbetyp , dachte ich.
    Ich schlief in einer Koje über dem Führerhaus des Trucks und Kailamai auf Kissen, die über den Tisch gelegt werden konnten. Sie war noch immer ein wenig besorgt wegen unseres Gastgebers, und nachdem ich das Licht gelöscht hatte, flüsterte sie mir zu: »Meinen Sie nicht, er könnte ein Serienkiller sein oder so?«
    »Nein«, flüsterte ich zurück. »Schlimmer.«
    »Wieso?«
    »Er ist ein Werbetyp.«
    Ich war schon fast eingeschlafen, als Kailamai sagte: »Zwei Muffins sind in einem Ofen, und einer sagt zu dem anderen: ›Hier drinnen ist es aber ganz schön heiß.‹ Der andere brüllt: ›Ach du heilige Scheiße, ein sprechender Muffin. ‹ «

Dreiundvierzigstes Kapitel
    Offenbar wurde ein beträchtlicher Teil des Staatsbudgets von Montana in die Aufstellung historischer Gedenkschilder investiert.
    Alan Christoffersens Tagebuch
    Der

Weitere Kostenlose Bücher