Bis zum Horizont
vermutlich auch mit verbundenen Augen gekonnt hätte.
Als ich ihm zusah erinnerte ich mich an den Tag, an dem McKale einmal eine Forelle aus dem örtlichen Supermarkt mitgebracht hatte. Mein Vater war kein Naturbursche, und er war mit mir nie fischen oder jagen gegangen, daher wusste ich nicht so recht, was ich mit dem Fisch anfangen sollte.
»Ich dachte, du warst bei den Pfadfindern«, sagte McKale.
»Vor einer Ewigkeit«, antwortete ich und fügte hinzu: »In einer weit, weit entfernten Galaxie. Und ich musste nie einen Fisch entgräten.«
»Habt ihr denn nicht in der Wildnis gezeltet?«, fragte sie.
»Doch.«
»Und was habt ihr da gegessen?«
»Hauptsächlich Pop-Tarts«, antwortete ich.
»Das hätte ich mir denken können«, sagte sie.
Der Mann schlitzte einem rohen Fisch der Länge nach den Bauch auf, klappte dann eine Seite auf und schälte das Rückgrat heraus, wobei jede Gräte intakt blieb. Er warf den Abfall in eine Plastiktüte, die an einem Schrankknopf hing. Dann schnitt er Kopf und Schwanz des Fischs ab, warf beides in eine andere Tüte und nahm den nächsten Fisch in Angriff.
»Was haben Sie damit vor?« Kailamai deutete auf die zweite Tüte.
»Das ist für die Katzen«, sagte er.
Nachdem er die Fische filetiert hatte, steckte er alle zusammen in eine braune Tüte, die mit Pfannkuchenteig gefüllt war, schüttelte sie kräftig und legte dann immer zwei Fische auf einmal in eine Pfanne mit blubberndem Öl, bis sie hellbraun und knusprig waren. Er verteilte sie auf Pappteller und stellte sie uns mit etwas Schweinefleisch und Bohnen hin.
»Ihr könnt gern hier drinnen essen«, sagte der Mann, während er die Wohnwagentür öffnete. »Ich selbst esse lieber im Freien.«
Ich sah Kailamai an. »Mir ist kalt«, sagte sie.
»Du kannst drinnen bleiben«, sagte ich. »Ich gehe mit nach draußen.«
Ich nahm meinen Teller und folgte dem Mann aus dem Wohnwagen. Er saß bereits auf einem Klappstuhl mit Blick auf den Fluss.
»Nehmen Sie sich einen Stuhl.« Er deutete auf einen zweiten Klappstuhl, der an dem Truck lehnte. Ich klappte ihn mit einer Hand auf und setzte mich neben den Mann. Ich zerteilte die Forelle mit meiner Gabel und nahm einen Bissen. Sie war innen ganz zart und schmeckte süß. »Es schmeckt köstlich«, sagte ich.
»Alles schmeckt im Freien besser.«
Ich nahm noch einen Bissen. Da ich in Seattle gelebt hatte, hatte ich schon in einigen der besten Fischrestaurants Amerikas gegessen, aber ich hatte noch nie einen so guten Fisch gekostet. »Ich habe Ihren Namen gar nicht mitbekommen.«
»Es ist doch toll, gar nichts mit Namen und Marken zu tun zu haben, oder? Einfach nur zu sein. Hier draußen sind Namen überflüssig. Es ist genau so, wie es sein sollte.«
Offen gestanden fand ich immer, dass Namen eine ziemlich gute Idee waren, aber nach seiner Tirade wagte ich nicht mehr, ihn nach seinem Namen zu fragen oder meinen zu nennen.
Er zog eine Pfeife und eine Schachtel Streichhölzer aus seiner Weste. Dann zündete er ein Streichholz an, hielt es über den Pfeifenkopf und zog an der Flamme. Als die Pfeife entfacht war, warf er das Streichholz auf die Erde, atmete tief ein und stieß dann langsam den Rauch aus. »Wie lange sind Sie schon unterwegs?«, fragte er.
»Eine ganze Weile. Ich bin in Seattle gestartet.«
»Das ist ein gutes Stück. Wohin wollen Sie?«
»Nach Key West.«
Er sah mich skeptisch an. »Wirklich?«
»Ja, Sir.«
Er zog an seiner Pfeife. »Ich habe eine Zeit lang auf den Keys gelebt, wie Papa Hemingway, Tennessee Williams und Jimmy Buffet. Ich habe dort Marline gefischt.«
»Sie scheinen viel zu fischen«, sagte ich.
»Das könnte man sagen.«
»Woher kommen Sie?«
»In meinem früheren Leben war ich aus Queens.«
»Queens, New York?«, fragte ich.
Er nickte. »Wann haben Sie geheiratet?«
»Vor sieben Jahren«, antwortete ich und fragte mich, woher er wusste, dass ich verheiratet gewesen war.
»Vor sieben Jahren? Gibt es in Seattle kein Gesetz dagegen, Minderjährige zu heiraten?«
Ich grinste. »Sie meinen …« Da wir keine Namen benutzten, deutete ich mit dem Daumen auf den Wohnwagen. »Wir laufen nur zusammen. Ich habe sie unterwegs kennengelernt. Meine Frau ist vor ungefähr einem halben Jahr gestorben.«
»Das tut mir leid.« Er zog einmal tief an seiner Pfeife. »Ich hatte auch einmal eine Frau. Ich habe sie auch verloren.«
Das war alles, was er sagte. Nach einer Weile fragte ich: »Ist sie gestorben?«
»Unsere Ehe ist gestorben.« Er sah
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