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Bis zum Horizont

Bis zum Horizont

Titel: Bis zum Horizont Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Paul Evans
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leicht irgendetwas Dummes tun, und ich müsste sie erschießen. Der magere Junge hatte bereits bewiesen, dass er nichts mit der Sache zu tun haben wollte. Das heißt, wenn ich ihn auswähle, können die anderen drei ihr Gesicht wahren und sich wie Helden vorkommen, da sie ihren Freund gerettet haben, und anschließend verschwinden. Du musst den Leuten einen Ausweg bieten, sonst übernehmen die Umstände die Kontrolle.«
    »Mann, Sie sind echt schlau. Haben Sie in der kurzen Zeit wirklich an all das gedacht?«
    »Nein. Ehrlich gesagt, stand der magere Junge am nächsten. Ich dachte, ihn würde ich vermutlich nicht verfehlen.«
    Kailamai lachte. »Sie sind ein solcher Trottel.«
    Wir aßen auf und stiegen auf dem Weg nach draußen wieder über den Hund.
    »Montana erinnert mich daran, dass der Wilde Westen noch immer existiert«, sagte ich.
    Kailamai sagte: »Warten Sie, bis Sie Wyoming sehen.«
    An jenem Tag legten wir 27 Meilen zurück. Wir liefen durch eine wunderschöne, unberührte Landschaft.
    Etwa fünf Meilen hinter Haugan kamen wir an einem Schild vorbei, auf dem HISTORISCHE BAUMSCHULE stand. Es war nicht so sehr das historische Element, das ich seltsam fand, als vielmehr die Vorstellung, dass es mitten in einem Wald eine Baumschule gab. Eine Baumschule in diesem Land endloser Wälder war dasselbe wie ein Salzwassersee mitten im Ozean.
    »Vielleicht ist das der Grund, weshalb sie historisch ist«, sagte Kailamai. »Habe ich Ihnen schon den mit der Ziege erzählt?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht.«
    »Eine Ziege trifft eine andere und sagt: ›Kommst du mit tanzen?‹ Die andere Ziege sagt: ›Nein, hab keinen Bock.‹«
    Ich glaube, ich lachte ungefähr fünf Minuten lang.

Zweiundvierzigstes Kapitel
    Es gibt zwei Arten Leiden in diesem Leben. Das, das uns verfolgt, und das, das wir hartnäckig verfolgen.
    Alan Christoffersens Tagebuch
    In der nächsten Woche führte uns unser Weg nach Butte durch St. Regis, Clark Fork, Missoula, Drummond und Phosphate.
    Mit jedem Tag, den wir zusammen verbrachten, verstanden Kailamai und ich uns besser, aber obwohl sie sich mir öffnete, redete sie noch immer nicht von ihrer Vergangenheit, auf die ich von Tag zu Tag ein bisschen neugieriger wurde.
    Auf diesem Streckenabschnitt gab es nicht viele Übernachtungsmöglichkeiten, und wir verbrachten jede Nacht in unserem Zelt, bis auf die Nacht in Clark Fork, wo wir an einem Fluss in einem Angelgebiet namens St. John’s eine unerwartete Einladung zum Abendessen bekamen. Auf einem Schild dort stand:
    ZELTEN ÜBER NACHT VERBOTEN
    Auf dem Schild darunter waren die Fische, die man in dem Fluss finden konnte, aufgelistet und abgebildet:
    Stierforelle, Regenbogenforelle, Bachforelle,
Westslope-Cutthroat-Forelle
    Als der Abend dämmerte, machten wir einen kleinen Abstecher von der Straße und gingen am Fluss entlang, als auf einmal ein Mann den Kopf aus der Hintertür eines Wohnwagens streckte.
    »Habt ihr schon gegessen?«
    Ich sah zu ihm hinüber. »Wie bitte?«
    »Habt ihr schon gegessen?«
    »Nein.«
    »Na, dann kommt. Ich fange gerade an zu kochen.«
    Kailamai sah mich an. Ich zuckte die Schultern. »Ich nehme an, es ist Essenszeit«, sagte ich.
    Der Mann öffnete die Tür seines Wohnwagens, um uns hereinzulassen. »Vorsicht, Stufe«, sagte er. Er nahm Kailamais Hand und half ihr hinauf.
    Ich folgte ihr und schloss die schmale Tür hinter mir. Der Wohnwagen war gemütlich. Er war nicht alt, aber gebraucht und hing an einem Ford-Pick-up-Truck. Zur Einrichtung gehörten ein Kühlschrank und eine Stereoanlage, ein Fernseher, ein Gasherd und ein Ofen, einen Resopaltisch und mehrere Kissen, auf denen man sitzen oder schlafen konnte.
    Unser Gastgeber war hochgewachsen, vielleicht etwas über eins achtzig groß und hatte schütteres rötlich braunes Haar. Er war wie ein Naturbursche angezogen und trug ein Flanellhemd und eine Anglerweste, an der verschiedene Köderfliegen befestigt waren.
    »Ich bin gerade dabei, ein paar Regenbogen- und Bachforellen in die Pfanne zu werfen«, sagte er. »Heute Nachmittag habe ich mich mächtig ins Zeug gelegt. Das heißt, es gibt genug zu essen. Macht es euch gemütlich. Am Tisch ist genug Platz.«
    »Klingt gut«, sagte ich und bemühte mich um eine freundliche Miene. Ich konnte sehen, dass Kailamai nicht recht wusste, was sie von der Situation oder unserem Gastgeber halten sollte.
    Der Mann kannte sich aus mit Fischen. Er entgrätete sie mit seinem Taschenmesser so geschickt, dass er es

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