Bis zur letzten Luge
er.
„Niemand hat dich darum gebeten.“
„Ich wollte es selbst.“ Ein Gruppe Heranwachsender ging an ihnen vorbei und schubste ihn ein Stück näher an sie heran. Er ergriff ihre Arme, damit sie nicht beide das Gleichgewicht verloren. Sie schüttelte seine Hände nicht ab, auch wenn sie so wirkte, als wollte sie es am liebsten tun. „Ich war gerade bei deinem neuen Haus. Warum bist du umgezogen?“
„Ich wohne jetzt mit jemandem zusammen.“
Unwillkürlich musste er an den Mann in dem karierten Hemd und mit dem skeptischen Blick denken. „Warum hast du mir nicht gesagt, wohin du wolltest?“
„Wie hätte ich das anstellen sollen?“
„Du hättest bei Nicky eine Nachricht hinterlassen können.“ „Das hätte ich tun können.“ Sie nickte.
„Warum hast du es nicht getan?“
Schweigend wand sie ihren Arm aus seinem Griff und wollte die Straße überqueren.
Er hielt sie zurück. „Nein, tu das nicht! Geh nicht einfach so. Ich will mit dir über alles reden. Hier und jetzt.“
„Du hast deine Wünsche deutlich gemacht, Phillip. Das machst du immer. Ich habe keinen Grund gesehen, dir eine Nachricht zu hinterlassen.“ Ein weiteres Mal löste sie sich von ihm und erreichte die andere Straßenseite.
„Belinda.“ Sanft ergriff er ihren Arm. „Wir müssen reden. Wirst du mit mir sprechen?“
„Ich habe dir nichts zu sagen. Ich habe ein völlig neues Leben begonnen, und du hast das Leben zurückbekommen, das du früher gehabt hast. Das Leben, das du gewollt hast.“
„Ein völlig neues Leben? Was meinst du damit?“ Als sie darauf nicht antwortete, fasste er seine schlimmsten Befürchtungen in Worte. „Bei dir zu Hause bin ich einem Mann begegnet, der dich ziemlich gut zu kennen schien. Ist er ein Teil deines neuen Lebens?“
Bevor sie etwas erwidern konnte, trat eine Frau zu ihnen. „Belinda?“
Zunächst wusste Phillip nicht, wer sie war. Dann erkannte er Debby wieder. Er hatte die Lehrerin am letzten Abend, den er mit Belinda zusammen verbracht hatte, im Club Valentine kennengelernt. Debby trug ein Kleid mit Leopardenmuster, und die schwarze Halbmaske verlieh ihrem sonst so frechen, verschmitzten Gesicht etwas Katzenhaftes, Geheimnisvolles.
„Was machen Sie denn hier, Phillip?“, fragte sie.
„Ich habe nach Belinda gesucht.“ Er ließ Belindas Arm los. „Und ich glaube, ich habe gefunden, wonach ich gesucht habe.“
„Wie haben Sie sie ausfindig gemacht? Sie ist doch gerade erst bei uns eingezogen.“
„Bei uns?“
„Ja, bei uns. Bei Vicki und mir und meiner Familie.“
„Vicki?“
„Mein Baby. Haben Sie die Kleine noch nicht gesehen? Mein Bruder kommt mit ihr her, damit sie die Zulu-Parade sehen kann. Jackson fährt auf einem der Festwagen mit, aber der Umzug hat sich verspätet. Ich wollte gerade los, um die beiden zu suchen.“ Sie winkte kurz, überquerte die Straße und eilte in Richtung ihres Hauses davon.
„Also bist du mit Debby zusammengezogen?“
Belinda sagte nichts, bestätigte es nicht, stritt es aber auch nicht ab.
Phillip hatte eine ellenlange Liste an Fragen, und er wusste, dass sie ihm keine davon beantworten würde. Er hatte sie verletzt, und sie würde nicht zulassen, dass ihr das ein weiteres Mal passierte. Er begriff nicht so ganz genau, wieso und wie, doch eines war ihm klar: So wie sie ihr geliebtes Haus verlassen hatte, hatte sie auch ihn verlassen.
„Belinda.“ Er berührte ihre Wange. Ihre Miene veränderte sich nicht. Langsam ließ er die Hand sinken. „Komm, wir sehen uns die Zulu-Parade an. Vielleicht können wir uns auf dem Weg ein bisschen unterhalten.“
„Ich gehe nach Hause.“
„Darf ich dich hinbringen?“
Sie lief los, und er lief neben ihr her. Das Haus war nur ein paar Blocks entfernt. Ihm blieb also wenig Zeit, um ihr zu sagen, was er empfand. Allerdings wusste er nicht, wie er anfangen sollte. Da war er nun inmitten der größten Party, die er jemals erlebt hatte – vollkommen nüchtern und außerdem stumm.
Im Stillen suchte er nach irgendetwas Angemessenem, um ein Gespräch zu beginnen. „Ich wusste nicht, dass Debby eine Tochter hat. Wie alt ist sie?“
„Drei.“
„Ist Jackson der Vater?“
„In Zukunft – ja.“
„Er ist ein guter Kerl.“ Er nahm ihre Hand. Sie wehrte sich nicht dagegen, erwiderte seinen Händedruck jedoch auch nicht. „Du hast dein Haus und deine Privatsphäre dort doch so geliebt, Belinda! Ich kann mir einfach nicht vorstellen, wie du in dem Haus mit all diesen Leuten zusammenlebst.
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