Bis zur letzten Luge
Frau verdient hatte.
Aurore hatte nie wirklich nachempfinden können, was Hingabe und Aufopferung bedeuteten. Jetzt, an Ti’Boos Hochzeitstag, verstand sie es besser. Das Leben am Bayou Lafourche war schwieriger, als sie es sich vorgestellt hatte. Selbst das jüngste Kind der Boudreauxs verstand, dass auch seine Arbeit wichtig für das Überleben der Familie war.
Als Ehrengast wurde von Aurore nicht erwartet, dass sie etwas zum durchgeplanten Familiensystem beitrug. Aber Ti’Boos Mutter Clothilde, eine Frau mit der Intelligenz und dem Instinkt ihrer ältesten Tochter, hatte Aurores Wunsch, eingebunden zu werden, erkannt. Sie hatte einige Aufgaben für sie gefunden und darauf geachtet, dass es leichte, nicht zu anstrengende Arbeiten waren, die Aurores Fähigkeiten entgegenkamen.
Ihr Nähtalent war sehr gefragt. Sie hatte Knöpfe befestigt und Säume genäht, hatte Rosetten auf ein Nachthemd für Ti’Boos Aussteuer gestickt und Initialen auf ein halbes Dutzend Taschentücher. Ti’Boo, die selbst unglaublich gut nähen konnte, hatte aus den Stoffen, die Aurore vor Wochen als Geschenk für die Braut geschickt hatte, das Hochzeitskleid geschneidert. Es war aus elfenbeinfarbener Seide, der Kragen aus feinster Spitze. Mit Aurore zusammen arbeitete sie nun weiter an dem Kleid. Die beiden Frauen schlugen Säume um, passten Längen an und tratschten unaufhörlich, bis das Kleid schließlich perfekt war.
Einige andere Vorbereitungen waren weniger kunstvoll. Da Dutzende von Hochzeitsgästen erwartet wurden, wurde es ein aufwendiges Festmahl. Jeden Morgen kamen die Frauen der Gegend zusammen, um zu helfen. Manchmal schien es, als erwartete man von jeder Frau, die je im Umkreis von hundert Metern am Haus der Boudreauxs vorbeigelaufen war, dass sie kam und mithalf.
Nach dem ersten Tag hatte Aurore es aufgegeben, sich die Namen merken zu wollen. Zusammen mit einigen Frauen mit dunklen Haaren und dunklen Augen saß sie auf der Veranda und schälte und hackte Nüsse. Die Frauen hatten sich schnell an ihre Anwesenheit gewöhnt und kicherten, wenn sie beim Quieken und Krächzen der Tiere, die hinter dem Haus geschlachtet wurden, erschrocken zusammenzuckte.
Die Männer waren genauso beschäftigt. Nach dem Schlachten kamen sie nach vorn, um das Fleisch abzuziehen, um Geschichten zu erzählen und zu prahlen. Es gab Unmengen von Café noir , Clothildes frisch geröstetem und frisch gemahlenem schwarzen Kaffee. Nachdem es Abend geworden war, floss auch der selbst gebrannte Whiskey in Strömen.
Am Morgen von Ti’Boos Hochzeit erreichte die Aufregung ihren Höhepunkt. Draußen grillte Valcour mit der Unterstützung seiner Söhne und Brüder ein Dutzend kleiner Schweine. In der Küche im hinteren Teil des Hauses überwachte Clothilde ein Arbeitsteam. Aurore hatte zweimal einen Blick in die Küche geworfen, um zu sehen, wie die Frauen vorankamen. Unmengen an Garnelen, Krebsen und Langusten warteten in Fässern mit kaltem Wasser darauf, mit Cayennepfeffer und Kräutern zusammen gekocht zu werden.
Würzige Jambalaya, das duftende, typische Cajun-Gericht aus Reis, Gemüse und Wurst, dampfte in großen Töpfen. EntenGumbo, zubereitet nach Clothildes streng gehütetem Rezept, blubberte verführerisch in einem gusseisernen Kessel.
Das Schlafzimmer der Mädchen, das normalerweise schon winzig und überfüllt war, war ein Durcheinander aus bunten Kleidern und aufgeregten Stimmen.
„Bist du dir sicher, dass du keinen Faden zerschnitten hast, als du das Hochzeitskleid fertig genäht hast?“, fragte Minette Aurore. „Ganz sicher?“
„Ich glaube schon.“ Aurore scheuchte eine kleine Cousine von Ti’Boo weg, die dem Kleid neugierig näher und näher kam.
„Und es waren auch keine Knoten in dem Faden?“
„Das Kleid sieht wunderschön aus. Perfekt. Ti’Boo wird die schönste Braut der Welt sein. Was sollte schiefgehen?“ Fragend legte Aurore den Kopf schräg.
Alle Mädchen im Zimmer begannen, wie aus einem Munde zu kichern. „Du weißt es nicht?“, fragte Minette.
Aurore ließ sich auf das nächste Bett sinken, auf dem eine schlichte, mit Moos gestopfte Matratze lag, und zog die Beine unter sich. „Erzähl es mir.“
„Wenn der Faden für ein Hochzeitskleid gerissen ist, bedeutet das, dass die Ehe kein gutes Ende nimmt. Wenn der Faden einen Knoten hat, wird es Ärger und Probleme geben!“
„Dann wird es ganz sicher eine glückliche Ehe.“
„Meine auch“, vertraute Minette ihr an. „Ich habe schon einen ernsthaften
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